Redensarten Lexikon
Joseph
Eine Josephsehe eingehen (führen): eine Ehe, die auf Keuschheit beruht, d.h. im juristischen und kirchlichen Sinne keine Ehe ist, Tobias. Die Figur des hl. Joseph, des Nährvaters Jesu, erfuhr in der Zeit der Gegenreformation eine enorme Aufwertung. Er wurde zum Idealbild des Gatten und Vaters erhoben, weil er mit Maria in einer Ehe gelebt haben soll, die durch geschlechtliche Enthaltsamkeit gekennzeichnet war. Diese Enthaltsamkeit fügte sich gut dem christlichen    Eheverständnis ein, wonach der Geschlechtsakt Sünde sei und deshalb der eheliche Geschlechtsverkehr auf das für die Fortpflanzung unumgängliche Mindestmaß reduziert bleiben sollte. Wie sehr der hl. Joseph als exemplarische Gestalt gedacht wurde, zeigt der Rat, den die Linzer Jesuiten im Jahre 1672 einem Mann gaben, »der dauernd seinen fleischlichen Begierden erlegen war«. »Er wurde auf das Vorbild des hl. Joseph verwiesen und bezähmte dann auch tatsächlich mit dessen Hilfe seine Triebe«. Die Vorbildhaftigkeit des hl. Joseph in diesem Bereich wurde auch in zahlreichen Andachts- und Lobliedern vor allem der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts besungen.
   Der Ausdruck ›Keuscher Joseph‹ dagegen bezieht sich auf den Joseph des A.T. (Gen 39), der sich den Verlockungen von Potiphars Weib entzog. Der Lieblingssohn Jakobs wird von seinen neidischen Brüdern in die Sklaverei verkauft. Er kommt nach Ägypten in das Haus Potiphars und erregt wegen seiner Schönheit das Wohlgefallen von dessen Frau. Als er ihren Verführungskünsten widersteht, wird er von ihr eines Vergewaltigungsversuchs angeklagt und ins Gefängnis geworfen. Diese Geschichte gehört in den weitverbreiteten Erzählungskreis über vergebliche Verführungen einer zumeist höher gestellten Frau.
   Der Stoff ist vom Mittelalter bis in unser Jahrhundert (Thomas Mann) Gegenstand von Dramen und Romanen gewesen und auch vom Volksschauspiel aufgenommen worden.

• H. PRIEBATSCH: Die Josephsgeschichte in der Weltliteratur (1937); M. NABHOLZ-OBERLIN: Der Josephsroman in der deutschen Literatur (Diss. Basel 1950); L. KRETZENBACHER: Der Ägyptische Joseph, in: Lebendiges Volksschauspiel in Steiermark (Wien 1951), S. 285-311; D.-R. MOSER: Verkündigung durch Volksgesang (Berlin 1981), S. 132ff.; CHR. REENTS: Artikel ›Der keusche Joseph‹, in: Enzyklopädie des Märchens VII (in Vorbereitung).
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