Redensarten Lexikon
Hummel
Eine wilde Hummel nennt man ein ausgelassen umherschwärmendes Mädchen; literarisch schon 1729 in Orestes ›Der Dreßdnische Mägde-Schlendrian‹: »solche junge wilden wüsten Hummeln«. Bei dem schwäbischen Dichter Wilhelm Hauff heißt es: »Das Haar, das ... der wilden Hummel in unordentlichen Strähnen und Locken um den Kopf flog« (Werke, hg. von Mendheim,1825, Band 3, S. 13). Hummeln im Kopf haben: unruhig sein (⇨ Grille); einen solchen Menschen nennt 1565 Hans Wilhelm Kirchhoff ein »Hummelhirn«. Derber sind die Wendungen: Hummeln im Gesäß, im Hintern, im Steiß, im Hosenboden haben: nicht ruhig sitzen bleiben können; schon in Luthers ›Sprichwörtersammlung‹ ist verzeichnet: »Er hat humel ym arse«. Von einem Musikstück von Richard Strauss sagte dessen Vater, es sei ihm beim Anhören, als wenn er die Hosen voll Hummeln hätte.
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Der Hamburger ›Schlachtruf‹: Hummel, Hummel! – Mors, Mors!, mit dem sich gebürtige Hamburger gerne identifizieren und identifizieren lassen, knüpft an eine reale Persönlichkeit der hamburgischen Stadtgeschichte an. Es handelt sich um den Wasserträger (Wasserhändler) Wilhelm Benz, geb. 1786, angeblich als unehelicher Sohn der Anna Maria Toaspern, später verehelichten Benz, gest. am 15. März 1854. seinen Spottnamen ›Hummel‹ übernahm er von einem ausgedienten alten Stadtsoldaten namens Daniel Christian Hummel, der nach seiner Verabschiedung im Hofe des Hauses Drehbahn 36 wohnte und der bereits ein stadtbekanntes Original gewesen sein muß. Wilhelm Benz zog später in dessen Wohnung, übernahm die Tätigkeit des Wasserhändlers und ›erbte‹ somit auch dessen Namen, wenngleich auch nur als Übernamen. Auch Benz war eine auffällige Erscheinung: lang und dürr, schweigsam und leicht reizbar, dazu in enganliegendem Zeug, das allerdings für seinen Beruf zweckmäßig war. Der hohe Hut und die durch die geschulterte Last immer gleichbleibende, gestraffte Haltung trugen wesentlich dazu bei, ihn als eine komische Figur anzusehen. Das galt vor allem für die Straßenjungen, die ihm ihre besondere Aufmerksamkeit widmeten und ihn mit dem Spitznamen ›Hummel, Hummel‹ provozierten. Benz ärgerte sich darüber. Da er den Spöttern nicht nachlaufen konnte, blieb ihm nur sein Mundwerk, und er gebrauchte es, wie jeder Hafenarbeiter, Lastenträger, Kutscher oder Speicherarbeiter. Auch nach dem Tode von Wilhelm Benz lebten doch der Hummelruf und seine Antwort weiter. Sie wurden zum Hamburger Allgemeingut. Wenn Hamburger in die Fremde zogen, nahmen sie ihn mit; er gehörte zum Bild der Heimat wie die Fleete, die Speicher, der Jungfernstieg und der Dom. Zahlreiche Anekdoten legen dafür Zeugnis ab; so z.B. auch die Erzählung von dem Auftreten des Schauspielers Rethwisch in New York. Rethwisch (Thaliatheater) gab drüben ein Gastspiel. Als das Stück zu Ende war und rauschender Beifall einsetzte, mischten sich einige Hummel-Hummel-Rufe in die begeisterten Äußerungen, die alsbald von allen Hamburgern und schließlich, weil so etwas ansteckend wirkt, von allen Anwesenden aufgenommen wurden. Mit jedem Aufgehen des Vorhangs wurde der Ruf stärker, bis der ganze Zuschauerraum von dem tosenden Hummel-Hummel erfüllt war. Damals hing der gebührenden Antwort wohl doch noch der Makel der Unanständigkeit an, und Rethwisch konnte es nicht wagen, die erwarteten Worte in den Saal zu schmettern. Aber er wußte sich glänzend aus der Verlegenheit zu ziehen. Als schon der eiserne Vorhang langsam herunterglitt, trat er ein letztes Mal an die Rampe, drehte sich um, so daß er dem Publikum den Rücken zukehrte, zog die Rockschöße auseinander und machte eine tiefe Verbeugung. Die kleine Plastik am Memelhaus im ehemaligen Gängeviertel wiederholt, auf einen Straßenjungen übertragen, diese sprechende Geste. In Hamburger Theatern gab es vielgespielte Stücke, die die Gestalt Hummels in den Mittelpunkt stellten. Solche Stücke brachten auch den Hummelruf immer wieder unter die Leute. Er wurde gleichsam zu einem Ausweis jedes Hamburgers. Zu seiner Verbreitung über ganz Deutschland trug auch wesentlich das HH in der Kennummer der Hamburger Automobile (= Hansestadt Hamburg) bei.
Die Gestalt Hummels wird auch in einem Denkmal der Nachwelt vermittelt. Es wurde am 18. September 1938 an der Ecke Rademacher- und Breitergang mitten im ehemaligen Gängeviertel enthüllt. Das Hummeldenkmal hat den Zweiten Weltkrieg unbeschädigt überstanden.
• J. SASS: Hamburger Originale und originelle Hamburger (Hamburg o.J. [1963]).}
Hummel. Lithographie, gezeichnet von Christian Förster, die den Wasserverkäufer Hummel, das Hamburger Original, zeigt. Museum für Hamburgische Geschichte.
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Der Hamburger ›Schlachtruf‹: Hummel, Hummel! – Mors, Mors!, mit dem sich gebürtige Hamburger gerne identifizieren und identifizieren lassen, knüpft an eine reale Persönlichkeit der hamburgischen Stadtgeschichte an. Es handelt sich um den Wasserträger (Wasserhändler) Wilhelm Benz, geb. 1786, angeblich als unehelicher Sohn der Anna Maria Toaspern, später verehelichten Benz, gest. am 15. März 1854. seinen Spottnamen ›Hummel‹ übernahm er von einem ausgedienten alten Stadtsoldaten namens Daniel Christian Hummel, der nach seiner Verabschiedung im Hofe des Hauses Drehbahn 36 wohnte und der bereits ein stadtbekanntes Original gewesen sein muß. Wilhelm Benz zog später in dessen Wohnung, übernahm die Tätigkeit des Wasserhändlers und ›erbte‹ somit auch dessen Namen, wenngleich auch nur als Übernamen. Auch Benz war eine auffällige Erscheinung: lang und dürr, schweigsam und leicht reizbar, dazu in enganliegendem Zeug, das allerdings für seinen Beruf zweckmäßig war. Der hohe Hut und die durch die geschulterte Last immer gleichbleibende, gestraffte Haltung trugen wesentlich dazu bei, ihn als eine komische Figur anzusehen. Das galt vor allem für die Straßenjungen, die ihm ihre besondere Aufmerksamkeit widmeten und ihn mit dem Spitznamen ›Hummel, Hummel‹ provozierten. Benz ärgerte sich darüber. Da er den Spöttern nicht nachlaufen konnte, blieb ihm nur sein Mundwerk, und er gebrauchte es, wie jeder Hafenarbeiter, Lastenträger, Kutscher oder Speicherarbeiter. Auch nach dem Tode von Wilhelm Benz lebten doch der Hummelruf und seine Antwort weiter. Sie wurden zum Hamburger Allgemeingut. Wenn Hamburger in die Fremde zogen, nahmen sie ihn mit; er gehörte zum Bild der Heimat wie die Fleete, die Speicher, der Jungfernstieg und der Dom. Zahlreiche Anekdoten legen dafür Zeugnis ab; so z.B. auch die Erzählung von dem Auftreten des Schauspielers Rethwisch in New York. Rethwisch (Thaliatheater) gab drüben ein Gastspiel. Als das Stück zu Ende war und rauschender Beifall einsetzte, mischten sich einige Hummel-Hummel-Rufe in die begeisterten Äußerungen, die alsbald von allen Hamburgern und schließlich, weil so etwas ansteckend wirkt, von allen Anwesenden aufgenommen wurden. Mit jedem Aufgehen des Vorhangs wurde der Ruf stärker, bis der ganze Zuschauerraum von dem tosenden Hummel-Hummel erfüllt war. Damals hing der gebührenden Antwort wohl doch noch der Makel der Unanständigkeit an, und Rethwisch konnte es nicht wagen, die erwarteten Worte in den Saal zu schmettern. Aber er wußte sich glänzend aus der Verlegenheit zu ziehen. Als schon der eiserne Vorhang langsam herunterglitt, trat er ein letztes Mal an die Rampe, drehte sich um, so daß er dem Publikum den Rücken zukehrte, zog die Rockschöße auseinander und machte eine tiefe Verbeugung. Die kleine Plastik am Memelhaus im ehemaligen Gängeviertel wiederholt, auf einen Straßenjungen übertragen, diese sprechende Geste. In Hamburger Theatern gab es vielgespielte Stücke, die die Gestalt Hummels in den Mittelpunkt stellten. Solche Stücke brachten auch den Hummelruf immer wieder unter die Leute. Er wurde gleichsam zu einem Ausweis jedes Hamburgers. Zu seiner Verbreitung über ganz Deutschland trug auch wesentlich das HH in der Kennummer der Hamburger Automobile (= Hansestadt Hamburg) bei.
Die Gestalt Hummels wird auch in einem Denkmal der Nachwelt vermittelt. Es wurde am 18. September 1938 an der Ecke Rademacher- und Breitergang mitten im ehemaligen Gängeviertel enthüllt. Das Hummeldenkmal hat den Zweiten Weltkrieg unbeschädigt überstanden.
• J. SASS: Hamburger Originale und originelle Hamburger (Hamburg o.J. [1963]).}
Hummel. Lithographie, gezeichnet von Christian Förster, die den Wasserverkäufer Hummel, das Hamburger Original, zeigt. Museum für Hamburgische Geschichte.