Redensarten Lexikon
Hülle
Etwas in Hülle und Fülle haben: etwas im Überfluß haben. Die Zwillingsformel ›Hülle und Fülle‹, die ursprünglich ›Kleidung (Obdach) und Nahrung‹ bedeutete und dem lateinischen ›victus et amictus‹ entspricht, wird über die Bedeutung ›notwendiger Lebensunterhalt‹ zum Inbegriff des Überflusses, wobei sich die gewöhnliche Bedeutung von ›Fülle‹ durchsetzt und auf Hülle überträgt. Die Wendung ist (nach Grimms Deutsche Rechtsaltertümer II, S. 242-243) auf eine schon in der Edda erwähnte Praxis der Lösegeldforderung zurückzuführen. Um sie zu erfüllen, wurde der Balg des getöteten Tieres innen mit rotem Gold ausgefüllt, danach zugenäht und aufgerichtet und außen mit Gold umhüllt. So erklärt sich, warum in den frühen literarischen Belegen es zuweilen noch heißt: ›in Fülle und Hülle‹. später wurde ›Hülle und Fülle‹ daraus.    Früher sagte man auch wohl anstelle der reimenden Formel: ›Futter und Hülle haben‹. Sebastian Franck verbindet z.B. noch: »Gott hat futer und deck, hüll und füll«, und bei Luther findet sich: »da er keinen Lohn verdient hatte, denn Hülle und Fülle«, d.h. er bekam kein Geld, sondern nur Kleidung (Obdach) und Nahrung. Das kommt auch zum Ausdruck in einem Sinnspruch aus dem 16. Jahrhundert (in: Petri, ›Der Teutschen weiszheit‹, 1605), in dem es heißt:

   hülle und fülle,
   rock und kropf
   juppe und suppe
   kleider und nahrung
   ist zu diesem leben genug.

Paul Gerhard dichtet:

   Darum so gib mir Füll und Hüll,
   Nicht zu wenig, nicht zu viel.

Bald aber verstand man Hülle nicht mehr, sondern verband mit der Formel lediglich den Begriff des Überflusses. So bucht 1691 Stieler: »Hülle und Fülle haben, victu et amictu abundare«, d.h. an Nahrung und Kleidung Überfluß haben. 1779 heißt es bei Bürger in ›Des Pfarrers Tochter von Taubenhain‹ (Strophe 5):

   Da trieb es der Junker von Falkenstein
   In Hüll' und Füll' und in Freude.

Die Bedeutung des Wortes Hülle trat schließlich ganz zurück, so z.B. bei Th. Fontane in ›Mathilde Möhring‹ (Inselausg. S. 33): »Bücher seien ja da die Hülle und Fülle«; man kann heute sogar die mißverstandene Form hören: ›Er hat Geld in Hülle‹, im Überfluß.
   Die Hülle ehelichen: eine Frau wegen ihres guten Aussehens oder wegen ihrer günstigen Vermögenslage heiraten (etwa seit 1930 üblich).
   Die ›Sterbliche Hülle‹ ist ein euphemistischer Ausdruck für Leiche.
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