Redensarten Lexikon
Hose
Die Hosen anhaben: der Herr im Haus sein, das häusliche Regiment führen; gesagt aber meist von einer Frau, die sich das anmaßt, was nach Sitte und Herkommen dem Mann zusteht; sie trägt bildlich die Hose, d.h. das vorzugsweise männliche Kleidungsstück. Entsprechend englisch ›she wears the breeches‹; französisch ›porter les chausses (heute nicht mehr gebräuchlich), les culottes‹, ›Madame a la culotte‹; italienisch ›portare le brache‹; niederländisch ›de broek aan hebben‹. Das vermutlich älteste Zeugnis für diese Redensart findet sich im ›Ring‹ des Heinrich von Wittenwiler (V. 50 77ff.):
Daz sag ich dir vil recht her aus:
Bis du herr in deinem haus!
Wiss, und trait dein weib die pruoch (Hose)
sei wirt dein hagel und dein fluoch
Wider got und sein gepott!
Hier zuo wirst der leuten spott.
Dar umb so sitz ir auf dem nak
Und halt sei sam den fuchs im sak!
Im Volkslied heißt es:
Weiber lieben Kommandieren,
haben an die Hosen gern.
In dem Fastnachtsspiel ›Der böß Rauch‹ (d.h. das böse Weib im Hause) von Hans Sachs rät der Nachbar dem geplagten Ehemann (V. 50ff.):
Beut ein kampff an deinem weyb,
du wölst dich weidlich mit jr schlagen,
weliches söll die Bruch (Hosen) tragen.
Grimmelshausens ›Landstörtzerin Courage‹ (Kapitel 7) »schreitet zur dritten Ehe und wird aus einer Hauptmännin eine Leutnantin, triffts aber nicht so wol als vorhero, schlägt sich mit ihrem Leutenant umb die Hosen mit Prügeln, und gewinnet solche durch ihre tapffere Resolution und Courasche; darauf sich ihr Mann unsichtbar macht und sie sitzen lässt«.
In der flämisch-niederländischen Tradition der Redensarten-Darstellung kommt sehr häufig das Thema der Frau vor, die die Hosen anhat, während der Mann in Weiberkleidern daneben steht, als satirische Anspielung auf die Familien, in denen die Frau die Herrin ist: ›Kwaeye Griet heeft de broek aen, haer man heeft de rock aen‹. In gleicher Weise findet sich in den Redensarten-Darstellungen die Szene des Kampfes der Frauen, die sich um die Hose eines Mannes streiten: ›hier vechten seven vrouwen om een mans broeck‹. Der überaus populäre ›Kampf um die Hose‹ wird in der Graphik und an Miserikordien mittelalterlicher Chorgestühle dargestellt. Er geht auf ein picardisches Fabliau von Huon Piucele aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts zurück. Es ist dies ein spaßhafter Schwank eines Ehepaares, das einen Faustkampf um das Regiment und um die Hosen führt, wobei über die widersetzliche Frau der gutmütige Mann siegt, nach dessen Vorbild zu verfahren allen Ehemännern geraten wird. Eine Miserikordie in der Kathedrale von Hoogstraeten (16. Jahrhundert) zeigt diese Szene.
Über einen ›Pantoffelhelden‹, der ›pünktlich‹ aus dem Wirtshaus aufbricht, ist zu hören: ›Der muß nach Haus, er muß seine Hose abgeben!‹
Der Stand der geflickten Hosen: der Ehestand, in dem der Mann nicht mehr mit ungeflickten Hosen zu gehen braucht wie vorher als Junggeselle. So literarisch in ›Schlampampes Tod‹: »Dass wirs versuchen, wie es im Stande der geflickten Hosen zugehet«.
Von einer Frau, die sehr leicht ›fängt‹ (schwanger wird), sagt man: ›Die sitzt schon dran, wenn sie bloß eine (Männer-) Hose anguckt!‹
Die Hosen stramm ziehen: Schläge auf das Gesäß geben.
Sich auf die Hosen setzen: fleißig lernen. Der sollte in meinen Hosen sitzen: der sollte in meiner Lage sein.
Die Hosen liegen ihm hart an: er kann sich nicht rühren; er lebt in sehr beengten Verhältnissen, in bedrückter Lage.
Die Hosen werden ihm zu eng: es wird ihm angst; die Sache wird ernst.
Ein paar Hosen aushängen; von einem Witwer, der sich bemüht, eine Frau zu bekommen. Er hat seine Hosen lassen müssen: er hat sein Leben lassen müssen.
Etwas ist in die Hose(n) gegangen: es ist daneben (schief) gegangen.
Die Hosen runterlassen: Farbe bekennen, seine Absichten deutlich zu erkennen geben. Ähnlich auch die norddeutsche Wendung: ›Rünner mit de Büx‹: Aufforderung, zur Sache zu kommen. Die Hosen (gestrichen) vollhaben: Angst haben; dazu ›Hosenscheißer‹ (17. Jahrhundert). Entsprechend auch die Mahnung: ›Mach dir bloß nicht in die Hose‹ (sei nicht so ein Angsthase).
Kurz vorm Lokus in die Hose: kurz vor dem Ziel ging die Sache schief.
Bei ihm ist tote Hose: er ist impotent, bei ihm regt sich nichts mehr (meist auf altersbedingte Ausfälle bezogen). Die Wendung wird aber auch über ihren eigentlich Sinn hinaus gebraucht in der allgemeinen Bedeutung von Stillstand, Flaute, Leblosigkeit wie z.B. in einer Zeitungsnotiz, in der die Wendung auf eine Wirtschaftsflaute gemünzt ist und als Frage in einer Schlagzeile erscheint: ›Tote Hose in der City?‹
Ihm geht die Hose mit Grundeis: er ist sehr ängstlich, beklommen; gemilderte Parallelbildung zu: ›Ihm geht der Arsch mit Grundeis‹, Kappe.
Modern umgangssprachlich sind: Ein Benehmen haben wie eine offene Hose: sich sehr schlecht benehmen; die nicht geschlossene Männerhose gilt als unanständig und sittenwidrig. Nicht aus der Hose kommen können: an Verstopfung leiden. Machen wir die Hose wieder zu! Ausdruck der Verzichtleistung nach Abweisung; spielt ursprünglich wohl auf Abweisung durch den Partner an. Das kannst du einem erzählen, der die Hose mit der Kneifzange (Beißzange) zumacht (anzieht): das kannst du einem Dummen erzählen, aber nicht mir.
Das ist wie eine geflickte Hose, d.h., wenig haltbar. Die Redensart wird meist auf notdürftig gekittete Ehenoder Partnerschaftsverhältnisse bezogen, u.a. aber auch auf den Gesundheitszustand nach einer Krankheit (Operation), d.h. es wird nie wieder so, wie es vorher war.
Das zieht einem die Hosen aus: das haut einen um, ist ein starkes Stück, geht zu weit.
Das Herz fällt einem in die Hosen ⇨ Herz. Das ist Jacke wie Hose ⇨ Jacke; vgl. auch ›Spendierhosen‹.
• A. SCHULTZ: Deutsches Leben im 14. und 15. Jahrhundert, 2 Bände (Wien 1892) II, S. 196f.; G.
JUNGBAUER: Artikel ›Hose‹, in: Handbuch des Aberglaubens IV, Spalte 401-411; Artikel ›Eifersucht‹, in: Reallexikon der Deutschen Kunstgeschichte IV, S. 954-963; G. WOLTER: Die Verpackung des männlichen Geschlechts (Marburg 1988); D. Friedmann. Das Jeans-Buch (Berlin 1988).
Die Hosen anhaben. Detail aus einem Bilderbogen aus Ost-Flandern, um 1700.
Die Hosen anhaben. Englische Karikatur von Richard Newton, 1796: ›Des Bruders Hosen‹ (›Trying on my Brothers Breeches‹). Aus: Eduard Fuchs: Die Frau in der Karikatur, München 1906, S. 464.
Der Streit um die Männerhose. Kupferstich des Israel von Meckenem, Vlämische Karikatur, 15. Jahrhundert Aus: Eduard Fuchs: Die Frau in der Karikatur. Sozialgeschichte der Frau, 3. Auflage Frankfurt 1979, S. 53, Abbildung 47.
Der Streit um die Männerhose. Misericordie aus Hoogstraeten, 16. Jahrhundert.
Der Streit um die Männerhose. Französische Karikatur, um 1700. Aus: Eduard Fuchs: Die Frau in der Karikatur, München 1906, S. 68.
Der Streit um die Männerhose. Niederländischer
Kupferstich, 17. Jahrhundert, aus: Gentsche Beiträge zur Kunstgeschichte, S. 177.
Der Streit um die Männerhose. Bilderbogen, Nürnberg, um 1845. Feder- und Kreidelithographie mit Typensatz, Nürnberg bei C.N. Renner und Co., Nr. 681. Aus: Bilderbogen. Deutsche populäre Druckgraphik des 19. Jahrhunderts – Ausstellung im Karlsruher Schloß, 1973, Abbildung 12, Kat. Nr. 87.
Daz sag ich dir vil recht her aus:
Bis du herr in deinem haus!
Wiss, und trait dein weib die pruoch (Hose)
sei wirt dein hagel und dein fluoch
Wider got und sein gepott!
Hier zuo wirst der leuten spott.
Dar umb so sitz ir auf dem nak
Und halt sei sam den fuchs im sak!
Im Volkslied heißt es:
Weiber lieben Kommandieren,
haben an die Hosen gern.
In dem Fastnachtsspiel ›Der böß Rauch‹ (d.h. das böse Weib im Hause) von Hans Sachs rät der Nachbar dem geplagten Ehemann (V. 50ff.):
Beut ein kampff an deinem weyb,
du wölst dich weidlich mit jr schlagen,
weliches söll die Bruch (Hosen) tragen.
Grimmelshausens ›Landstörtzerin Courage‹ (Kapitel 7) »schreitet zur dritten Ehe und wird aus einer Hauptmännin eine Leutnantin, triffts aber nicht so wol als vorhero, schlägt sich mit ihrem Leutenant umb die Hosen mit Prügeln, und gewinnet solche durch ihre tapffere Resolution und Courasche; darauf sich ihr Mann unsichtbar macht und sie sitzen lässt«.
In der flämisch-niederländischen Tradition der Redensarten-Darstellung kommt sehr häufig das Thema der Frau vor, die die Hosen anhat, während der Mann in Weiberkleidern daneben steht, als satirische Anspielung auf die Familien, in denen die Frau die Herrin ist: ›Kwaeye Griet heeft de broek aen, haer man heeft de rock aen‹. In gleicher Weise findet sich in den Redensarten-Darstellungen die Szene des Kampfes der Frauen, die sich um die Hose eines Mannes streiten: ›hier vechten seven vrouwen om een mans broeck‹. Der überaus populäre ›Kampf um die Hose‹ wird in der Graphik und an Miserikordien mittelalterlicher Chorgestühle dargestellt. Er geht auf ein picardisches Fabliau von Huon Piucele aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts zurück. Es ist dies ein spaßhafter Schwank eines Ehepaares, das einen Faustkampf um das Regiment und um die Hosen führt, wobei über die widersetzliche Frau der gutmütige Mann siegt, nach dessen Vorbild zu verfahren allen Ehemännern geraten wird. Eine Miserikordie in der Kathedrale von Hoogstraeten (16. Jahrhundert) zeigt diese Szene.
Über einen ›Pantoffelhelden‹, der ›pünktlich‹ aus dem Wirtshaus aufbricht, ist zu hören: ›Der muß nach Haus, er muß seine Hose abgeben!‹
Der Stand der geflickten Hosen: der Ehestand, in dem der Mann nicht mehr mit ungeflickten Hosen zu gehen braucht wie vorher als Junggeselle. So literarisch in ›Schlampampes Tod‹: »Dass wirs versuchen, wie es im Stande der geflickten Hosen zugehet«.
Von einer Frau, die sehr leicht ›fängt‹ (schwanger wird), sagt man: ›Die sitzt schon dran, wenn sie bloß eine (Männer-) Hose anguckt!‹
Die Hosen stramm ziehen: Schläge auf das Gesäß geben.
Sich auf die Hosen setzen: fleißig lernen. Der sollte in meinen Hosen sitzen: der sollte in meiner Lage sein.
Die Hosen liegen ihm hart an: er kann sich nicht rühren; er lebt in sehr beengten Verhältnissen, in bedrückter Lage.
Die Hosen werden ihm zu eng: es wird ihm angst; die Sache wird ernst.
Ein paar Hosen aushängen; von einem Witwer, der sich bemüht, eine Frau zu bekommen. Er hat seine Hosen lassen müssen: er hat sein Leben lassen müssen.
Etwas ist in die Hose(n) gegangen: es ist daneben (schief) gegangen.
Die Hosen runterlassen: Farbe bekennen, seine Absichten deutlich zu erkennen geben. Ähnlich auch die norddeutsche Wendung: ›Rünner mit de Büx‹: Aufforderung, zur Sache zu kommen. Die Hosen (gestrichen) vollhaben: Angst haben; dazu ›Hosenscheißer‹ (17. Jahrhundert). Entsprechend auch die Mahnung: ›Mach dir bloß nicht in die Hose‹ (sei nicht so ein Angsthase).
Kurz vorm Lokus in die Hose: kurz vor dem Ziel ging die Sache schief.
Bei ihm ist tote Hose: er ist impotent, bei ihm regt sich nichts mehr (meist auf altersbedingte Ausfälle bezogen). Die Wendung wird aber auch über ihren eigentlich Sinn hinaus gebraucht in der allgemeinen Bedeutung von Stillstand, Flaute, Leblosigkeit wie z.B. in einer Zeitungsnotiz, in der die Wendung auf eine Wirtschaftsflaute gemünzt ist und als Frage in einer Schlagzeile erscheint: ›Tote Hose in der City?‹
Ihm geht die Hose mit Grundeis: er ist sehr ängstlich, beklommen; gemilderte Parallelbildung zu: ›Ihm geht der Arsch mit Grundeis‹, Kappe.
Modern umgangssprachlich sind: Ein Benehmen haben wie eine offene Hose: sich sehr schlecht benehmen; die nicht geschlossene Männerhose gilt als unanständig und sittenwidrig. Nicht aus der Hose kommen können: an Verstopfung leiden. Machen wir die Hose wieder zu! Ausdruck der Verzichtleistung nach Abweisung; spielt ursprünglich wohl auf Abweisung durch den Partner an. Das kannst du einem erzählen, der die Hose mit der Kneifzange (Beißzange) zumacht (anzieht): das kannst du einem Dummen erzählen, aber nicht mir.
Das ist wie eine geflickte Hose, d.h., wenig haltbar. Die Redensart wird meist auf notdürftig gekittete Ehenoder Partnerschaftsverhältnisse bezogen, u.a. aber auch auf den Gesundheitszustand nach einer Krankheit (Operation), d.h. es wird nie wieder so, wie es vorher war.
Das zieht einem die Hosen aus: das haut einen um, ist ein starkes Stück, geht zu weit.
Das Herz fällt einem in die Hosen ⇨ Herz. Das ist Jacke wie Hose ⇨ Jacke; vgl. auch ›Spendierhosen‹.
• A. SCHULTZ: Deutsches Leben im 14. und 15. Jahrhundert, 2 Bände (Wien 1892) II, S. 196f.; G.
JUNGBAUER: Artikel ›Hose‹, in: Handbuch des Aberglaubens IV, Spalte 401-411; Artikel ›Eifersucht‹, in: Reallexikon der Deutschen Kunstgeschichte IV, S. 954-963; G. WOLTER: Die Verpackung des männlichen Geschlechts (Marburg 1988); D. Friedmann. Das Jeans-Buch (Berlin 1988).
Die Hosen anhaben. Detail aus einem Bilderbogen aus Ost-Flandern, um 1700.
Die Hosen anhaben. Englische Karikatur von Richard Newton, 1796: ›Des Bruders Hosen‹ (›Trying on my Brothers Breeches‹). Aus: Eduard Fuchs: Die Frau in der Karikatur, München 1906, S. 464.
Der Streit um die Männerhose. Kupferstich des Israel von Meckenem, Vlämische Karikatur, 15. Jahrhundert Aus: Eduard Fuchs: Die Frau in der Karikatur. Sozialgeschichte der Frau, 3. Auflage Frankfurt 1979, S. 53, Abbildung 47.
Der Streit um die Männerhose. Misericordie aus Hoogstraeten, 16. Jahrhundert.
Der Streit um die Männerhose. Französische Karikatur, um 1700. Aus: Eduard Fuchs: Die Frau in der Karikatur, München 1906, S. 68.
Der Streit um die Männerhose. Niederländischer
Kupferstich, 17. Jahrhundert, aus: Gentsche Beiträge zur Kunstgeschichte, S. 177.
Der Streit um die Männerhose. Bilderbogen, Nürnberg, um 1845. Feder- und Kreidelithographie mit Typensatz, Nürnberg bei C.N. Renner und Co., Nr. 681. Aus: Bilderbogen. Deutsche populäre Druckgraphik des 19. Jahrhunderts – Ausstellung im Karlsruher Schloß, 1973, Abbildung 12, Kat. Nr. 87.