Redensarten Lexikon
Hornberg
Ausgehen wie's Hornberger Schießen sagt man von einer Sache, aus der nach vielem Lärm nichts wird; wenn ein großer Aufwand aufgeboten wurde, ohne eine Wirkung zu erzielen, oder wenn man von einer Sache, die lange in aller Munde war, plötzlich nichts mehr hört. Die Redensart bezieht sich auf eine volkstümliche Schildbürgergeschichte, die sich an das Schwarzwaldstädtchen Hornberg im Gutachtal anschließt. Der Schwank wird auf verschiedene Weise erzählt. Zwei sich widersprechende Aufzeichnungen seien deshalb hier wiedergegeben:    Einstens, als die Hornberger noch gut schwäbisch waren, sagte der Herzog einmal seinen Besuch an. Das gab eine nette Aufregung im Städtchen, und alles bereitete sich vor, den Landesvater würdig zu empfangen. Vor allem aber wurde ein Faß Pulver gekauft und die alten Kanonen aus Vätertagen wurden auf den Schloßberg geschleppt, damit sie mit donnerndem Gruß den Fürsten empfingen. Als der große Tag anbrach, war schon seit dem frühen Morgen alles in Bewegung. In der hellen Morgensonne blinkten die blanken Bronzerohre, und die Schützengilde stand dabei und wartete auf den großen Augenblick. Sorgsam hatten die Feuerwerker das Pulver eingefüllt und ordentlich Papier nachgestopft, die glimmende Lunte war auch parat, aber es zeigte und zeigte sich nichts im Tal. Die Sonne stieg höher und höher, zu der brennenden Ungeduld kam der noch brennendere Durst, aber da gab's kein Weichen und Wanken, galt es doch den Herzog würdig zu empfangen, und nachher, ha, da wollte man sich schon gütlich tun in den kühlen Schenken. Endlich war die schwere Arbeit getan, das letzte Pulver verschossen und der Wagenzug drunten ins Städtchen eingerückt. Stolz zogen sie hinab im freudigen Gefühl der erfüllten Pflicht. Doch, o weh, der Herzog hatte nur sein Gefolge vorausgeschickt, er selbst rückte einige Zeit später sang- und klanglos in Hornberg ein. Drum sagt man seit jener Zeit, wenn eine mit viel Lärm angekündigte Unternehmung leer ausgeht: ›Das geht aus wie's Hornberger Schießen‹ (Schwarzwald-Sagen, hg. von Joh. Künzig, Neudruck 1965, S. 290). Eine zweite, mündliche Überlieferung stellt die Geschehnisse anders dar: Das kleine Dorf Hornberg im Schwarzwald wollte einstmals ein großes Schießen halten und machte gewaltige Zurüstungen und lud alle Welt zu diesem Feste ein. Wirklich hatten die Hornberger auch für alles, was bei einem solchen Schießen erforderlich ist, wohl gesorgt; nur eins hatten sie vergessen – das Pulver (Ernst Meier: Deutsche Sagen, Sitten und Gebräuche aus Schwaben, Stuttgart 1852, Nr. 406, S. 364).
   Nur relativ wenige solcher lokalen Schildbürgerstreiche haben eine allgemeine Bekanntheit erlangt. Um so auffallender ist die große Resonanz, die die Erzählung vom Hornberger Schießen gefunden hat. Die vom Hornberger Schießen aufgezeichneten Schwanksagen sind rein ätiologischer Art und machen einen relativ jungen Eindruck. Es scheint fast so, als ob die Redensart, nachdem sie sich einmal durchgesetzt hat, ihrerseits wieder neue Sproßsagen gezeitigt habe. Denn ein alljährlich vom Historischen Verein Hornberg aufgeführtes Volksschauspiel (Historisches Heimatspiel in 4 Aufzügen von Erwin Leisinger), bei dem das von der Ortsfeuerwehr inszenierte Böller- Schießen das Hauptspektakel bildet, dient nicht nur zur Hebung des Fremdenverkehrs (Sonderzüge kommen von Mannheim, Karlsruhe, Freiburg), sondern trägt noch heute ständig zur weiteren Verbreitung von Sage und Redensart bei. Literarisch kommt die Redensart z.B. in Schillers ›Räubern‹ (I, 2) vor. Dort erzählt nämlich Spiegelberg, wie Karl Moor zur Vergeltung für seinen erschossenen Hund der Stadt ein unfreiwilliges Fasten auferlegt. »Magistrat und Bürgerschaft«, heißt es weiter, »düsselten Rache. Wir Bursche frisch heraus zu siebzehnhundert, und du an der Spitze, und Metzger und Schneider und Krämer hinterher, und Wirt und Barbierer und alle Zünfte, und fluchen, Sturm zu laufen wider die Stadt, wenn man den Burschen ein Haar krümmen wollte. Da ging's aus, wie's Schiessen zu Hornberg, und mußten abziehen mit langer Nase«. Ausführlich behandelt Pfarrer Konrad Kaltenbach in den Nummern 3, 4 und 5 der ›Heimatklänge aus alter und neuer Zeit‹ (Beilage zur ›Freiburger Tagespost‹,1915) die Redensart. Sein Erklärungsversuch verweist auf einen Feldzug von 1000 Bürgern der Vtadt Villingen gegen Hornberg im Jahre 1519, der in Heinrich Hugs ›Villinger Chronik‹ (1495-1533, Bibliothek des Literarischen Vereins Stuttgart, Band 164) ausführlich geschildert wird. Die Villinger verhandelten mit den Bürgern und den Besatzungen des vorderen und hinteren Schlosses der Stadt. Die Verteidiger des hinteren Schlosses verweigerten die Übergabe und begannen ein mörderisches Schießen, daß die Äste von den Bäumen spritzten, doch schoß er (der Haufen) nicht über zwei Schüsse gefährlich. Die anderen gingen alle über die Berge hinaus, über die hundert Schüsse. Danach kapitulierte auch die Besatzung des hinteren Schlosses am Montag nach Palmsonntag, und die Villinger besetzten die Stadt und beide Schlösser, weil wohl der vorhandene Schießvorrat verbraucht war. Ob aus diesem historischen Anlaß die Entstehung der Redensart herzuleiten ist, bleibt freilich nach wie vor unsicher.

• BUCHMANN; L. RÖHRICH: Sprichwörtliche Redensarten aus Volkserzählungen, S. 256; H. BERNDT: Unterwegs zu deutschen Sagen. Ein phantastisches Reise- und Lesebuch (Düsseldorf, Wien 21985).

Ausgehen wie's Hornberger Schießen. Wegweiser nach Hornberg (Schwarzwald).

Ausgehen wie's Hornberger Schießen. Ansichtskarte vom Luftkurort Hornberg (Schwarzwald). Die Sage dient der Fremdenverkehrswerbung.

Ausgehen wie's Hornberger Schießen. Karikatur von Haitzingervom 19.II.81. Aus: Badische Zeitung., Nr. 42, vom 20.II.1981.
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