Redensarten Lexikon
Honig
Einem Honig ums Maul (oder um den Bart) schmieren: ihm schmeicheln; schon mittelhochdeutsch ›honic in den munt strîchen‹. Im ›Tristan‹ Heinrichs von Freiberg z.B. klagt Curvenal (V. 6626) die Welt an:
du strîchest in honic in den munt,
den alten und den jungen:
swan sie dan mit den zungen
dar nach grîfende sîn,
so träufest du in galle dar în.
Ähnlich schreibt um 1600 Ritter Hans von Schweinichen in seinen ›Denkwürdigkeiten‹: »... schmierte ihm derowegen honig ins maul, und gab ihm galle zu trinken«. Und 1639 heißt es bei Chr. Lehmann 775 (›Vberreden‹ 8): »Mancher streicht einem Honig vmbs Maul, vnnd ein Dreck darein«. Vielleicht beruht die Redensart auf einem chinesischen Brauch, der durch Seefahrer bekannt geworden ist: Seit ältesten Zeiten wird in China, gewiß in Anlehnung an den noch älteren Feuerdienst, der Herdgeist verehrt, der zum Küchengott geworden ist. Gerade dieser Gott war bis in die neueste Zeit beim Volke eine der populärsten Gottheiten Chinas. Es wurden ihm reichliche Opfer dargebracht. Und diese Opfer nahmen besonders am 25. des letzten Monats ein erhebliches Ausmaß an. An diesem Tage sollte nach dem Volksglauben der Küchengott in den Himmel hinaufsteigen, um dort über die Hausbewohner Bericht abzustatten. Zu diesem Zwecke wurde, um ihn günstig zu stimmen, besonders eifrig geopfert und ihm Honig auf die Lippen gestrichen, damit er freundlich aussage.
Aus Honig eitel Essig machen (z.B. in Luthers ›Tischreden‹): einem eine Sache vergällen. schon in Hartmanns von Aue ›Armem Heinrich‹ (V.152) heißt es: »sîn honec wart ze gallen«, ⇨ Galle.
Dem Honig verkaufen, der Bienen hat, ebenso Den Honig mit Zucker bestreuen, Eulen nach Athen tragen, ⇨ Eule. Honig im Maul und ein Schermesser in der Hand: freundschaftliche Gesinnungen nur heucheln. Bei Gottfried von Straßburg heißt es im ›Tristan‹ (V. 15 061): »Wan der treit alle stunde daz honec in dem munde«.
Vgl. französisch ›être tout sucre et tout miel‹ (wörtlich: ganz Zucker und Honig sein): zweifelhafte freundschaftliche Gesinnungen an den Tag legen.
Das ist kein (reines) Honiglecken (Honigschlecken), ebenso Das ist nicht der reine Bienenhonig: das ist keine reine Freude, kein ungetrübter Genuß, keine besonders angenehme Beschäftigung, mit der man befaßt ist. Auch: eine Angelegenheit bringt Unannehmlichkeiten. Man läßt also besser die Finger davon.
Grinsen (strahlen) wie ein Honigkuchenpferd (mit Korinthen darauf): über das ganze Gesicht strahlen, grinsen. Ein ›Honigkuchenpferd‹ ist eigentlich ein Backerzeugnis aus Honigkuchen in Pferdeform; auf den Menschen übertragen: ein energieloser, auch: dummer, einfältiger Mensch.
›Zuviel Honig verdirbt den Magen‹: bekanntes Sprichwort, das auch im Englischen vorkommt: ›Too much honey cloys the stomach‹. Es erinnert an die Wendung ›Des Guten zuviel tun‹, ⇨ gut.
Wenn jemand z.B. eine Rede zu sehr mit angenehmen Floskeln versüßt, spricht man auch von ›Honigsüßer Rede‹. Die Wendung ist entstanden in Anlehnung an Nestor, den ältesten und weisesten Griechen, von dessen Rede es heißt (Ilias, I, 249):
Dem von der Zunge die Rede noch süßer als Honig daherfloß.
Doch was für ihn eine Belobigung darstellte, gilt heute mehr als spöttischer Kommentar.
• F. ECKSTEIN: Artikel ›Honig‹, in: Handbuch des Aberglaubens IV, Spalte 289-310; FR. TH. OTTO: Das Honigbuch (Leipzig 1941); A.A. MACKINTOSH: »Note on Proverbs 25: 27 (Too much honey cloys the stomach)«, in: Vetus Testamentum, 20 (1970), S. 112-114; CL. LEVY- STRAUSS: Mythologica II. Vom Honig zur Asche (Paris 1966, deutsche Ausgabe Frankfurt/
M. 1972), S. 13ff.; F. LEMER: »Blüten, Nektar, Bienenfleiß«. Die Geschichte des Honigs (München 1984). Süßhunger. Zur Kulturgeschichte des Süßens (Ausstellungskatalog; Bremen 1990); J. RIßMANN: Artikel ›Honig‹, in: Enzyklopädie des Märchens VI, Spalte 1233-1236.
Honigschlecker. ›Honigschlecker‹, Putto von Feuchtmayer (ca. 1750), Wallfahrtskirche Basilika Birnau (Bodensee).
Das ist kein Honiglecken. Karikatur von Haitzinger: ›Bitterer Honig‹, vom 21.VI.91. Aus: Bad. Zeitung vom 22./23.VI.1991, S. 4.
du strîchest in honic in den munt,
den alten und den jungen:
swan sie dan mit den zungen
dar nach grîfende sîn,
so träufest du in galle dar în.
Ähnlich schreibt um 1600 Ritter Hans von Schweinichen in seinen ›Denkwürdigkeiten‹: »... schmierte ihm derowegen honig ins maul, und gab ihm galle zu trinken«. Und 1639 heißt es bei Chr. Lehmann 775 (›Vberreden‹ 8): »Mancher streicht einem Honig vmbs Maul, vnnd ein Dreck darein«. Vielleicht beruht die Redensart auf einem chinesischen Brauch, der durch Seefahrer bekannt geworden ist: Seit ältesten Zeiten wird in China, gewiß in Anlehnung an den noch älteren Feuerdienst, der Herdgeist verehrt, der zum Küchengott geworden ist. Gerade dieser Gott war bis in die neueste Zeit beim Volke eine der populärsten Gottheiten Chinas. Es wurden ihm reichliche Opfer dargebracht. Und diese Opfer nahmen besonders am 25. des letzten Monats ein erhebliches Ausmaß an. An diesem Tage sollte nach dem Volksglauben der Küchengott in den Himmel hinaufsteigen, um dort über die Hausbewohner Bericht abzustatten. Zu diesem Zwecke wurde, um ihn günstig zu stimmen, besonders eifrig geopfert und ihm Honig auf die Lippen gestrichen, damit er freundlich aussage.
Aus Honig eitel Essig machen (z.B. in Luthers ›Tischreden‹): einem eine Sache vergällen. schon in Hartmanns von Aue ›Armem Heinrich‹ (V.152) heißt es: »sîn honec wart ze gallen«, ⇨ Galle.
Dem Honig verkaufen, der Bienen hat, ebenso Den Honig mit Zucker bestreuen, Eulen nach Athen tragen, ⇨ Eule. Honig im Maul und ein Schermesser in der Hand: freundschaftliche Gesinnungen nur heucheln. Bei Gottfried von Straßburg heißt es im ›Tristan‹ (V. 15 061): »Wan der treit alle stunde daz honec in dem munde«.
Vgl. französisch ›être tout sucre et tout miel‹ (wörtlich: ganz Zucker und Honig sein): zweifelhafte freundschaftliche Gesinnungen an den Tag legen.
Das ist kein (reines) Honiglecken (Honigschlecken), ebenso Das ist nicht der reine Bienenhonig: das ist keine reine Freude, kein ungetrübter Genuß, keine besonders angenehme Beschäftigung, mit der man befaßt ist. Auch: eine Angelegenheit bringt Unannehmlichkeiten. Man läßt also besser die Finger davon.
Grinsen (strahlen) wie ein Honigkuchenpferd (mit Korinthen darauf): über das ganze Gesicht strahlen, grinsen. Ein ›Honigkuchenpferd‹ ist eigentlich ein Backerzeugnis aus Honigkuchen in Pferdeform; auf den Menschen übertragen: ein energieloser, auch: dummer, einfältiger Mensch.
›Zuviel Honig verdirbt den Magen‹: bekanntes Sprichwort, das auch im Englischen vorkommt: ›Too much honey cloys the stomach‹. Es erinnert an die Wendung ›Des Guten zuviel tun‹, ⇨ gut.
Wenn jemand z.B. eine Rede zu sehr mit angenehmen Floskeln versüßt, spricht man auch von ›Honigsüßer Rede‹. Die Wendung ist entstanden in Anlehnung an Nestor, den ältesten und weisesten Griechen, von dessen Rede es heißt (Ilias, I, 249):
Dem von der Zunge die Rede noch süßer als Honig daherfloß.
Doch was für ihn eine Belobigung darstellte, gilt heute mehr als spöttischer Kommentar.
• F. ECKSTEIN: Artikel ›Honig‹, in: Handbuch des Aberglaubens IV, Spalte 289-310; FR. TH. OTTO: Das Honigbuch (Leipzig 1941); A.A. MACKINTOSH: »Note on Proverbs 25: 27 (Too much honey cloys the stomach)«, in: Vetus Testamentum, 20 (1970), S. 112-114; CL. LEVY- STRAUSS: Mythologica II. Vom Honig zur Asche (Paris 1966, deutsche Ausgabe Frankfurt/
M. 1972), S. 13ff.; F. LEMER: »Blüten, Nektar, Bienenfleiß«. Die Geschichte des Honigs (München 1984). Süßhunger. Zur Kulturgeschichte des Süßens (Ausstellungskatalog; Bremen 1990); J. RIßMANN: Artikel ›Honig‹, in: Enzyklopädie des Märchens VI, Spalte 1233-1236.
Honigschlecker. ›Honigschlecker‹, Putto von Feuchtmayer (ca. 1750), Wallfahrtskirche Basilika Birnau (Bodensee).
Das ist kein Honiglecken. Karikatur von Haitzinger: ›Bitterer Honig‹, vom 21.VI.91. Aus: Bad. Zeitung vom 22./23.VI.1991, S. 4.