Redensarten Lexikon
Hobel
Jemandem den Hobel ausblasen (blasen): ihn derb, rücksichtslos behandeln. Dazu: ›Du kannst mir den Hobel ausblasen‹, ›Du kannst mir am Hobel blasen‹, ›Blas mir den Hobel aus‹, was alles eine derbe Abfertigung bedeutet. Dabei werden die Seitenteile des Hobels mit den Gesäßbacken verglichen; vgl. jiddisch ›hoibel‹ = Afterkerbe. Auch meint Hobel zuweilen die Vulva. Die Redensart ist in den meisten Mundarten bekannt, zuerst 1850 für Berlin gebucht. Dem Hobel zuviel Eisen geben: eine Sache rauh, grob behandeln; wenn man dem Hobel zuviel Eisen gibt, macht er zu große Späne. Er hat den Hobel im Kopf: er ist närrisch; Er kommt unter den Hobel: verliert durch leichtsinniges oder verkehrtes Verhalten sein Vermögen.    Er ist ein ungehobelter Mensch: er ist ungeschliffen, schlecht erzogen. Die Redensart wird erstmals bei Hans Sachs auf einen rohen, ungesitteten Menschen übertragen In ›Äsop der Fabeldichter‹ heißt es (327): »ein ungehobelt grober püffel«.
   Gleiche Bedeutung haben in Hochsprache und Mundarten: ungeschliffen, unbehauen, ungeglättet, ungekämmt, ungekocht, ungeschoren, ungestriegelt, ungewaschen und zahlreiche Synonyme. Die bildlichen Vergleiche gehen auf die Handwerkssprache zurück, und es liegt nahe, eine Gleichsetzung des Menschen mit dem Material des Handwerkers als Ursprung der Wendungen anzunehmen. Tatsächlich war es in früheren Jahrhunderten Brauch, bei der Aufnahme in Zünfte
   und sonstige Organisationen den Anwärter, der zum vollberechtigten Mitglied aufsteigen wollte, einer besonderen Zeremonie, der ›Taufe‹ oder ›Deposition‹ zu unterziehen. Durch verschiedene, teils scherzhafte Handlungen, wie wir sie heute noch bei den Druckern als ›Gautschen‹, bei der ›Äquatortaufe‹ und bei studentischen Korporationen finden, sollte er symbolisch von Untugenden befreit werden. Hier wurde häufig der Ausdruck ›schleifen‹ angewendet. ›Ein ungeschliffener Kerl‹ war folglich derjenige, der die Zeremonie noch nicht überstanden hatte. 1578 werden für eine studentische Aufnahmezeremonie an der Universität Erfurt »Säge, Brechaxt, Knüttel, Schere, Kamm, Bohrer, Meißel, Feile, Hammer und Zange« benutzt (W. Fabricius, Schochs ›Comoedia‹ vom Studentenleben,1658,106). Aus dem Jahre 1713 stammt die Schilderung des Hobelns eines Studenten mit bildlichen Darstellungen. Schon früh wurden die Vergleiche, oft als Scheltworte, auf das Benehmen ungesitteter Menschen übertragen Häufig finden sich auch Belege in der Literatur, wie bei Schiller (Anthologie 1782, ›Rache der Musen‹ 21):
   Pfeift wohl gar – wie ungeschliffen! Andre Schläfer wach.
   Mit dem großen Hobel darüberfahren: oberflächlich glätten, grob verfahren. Ähnlich: Wo gehobelt wird, da fallen Späne.

• R. WISSELL: Des alten Handwerks Recht und Gewohnheit, 2 Bände (Berlin 1929) II, S. 32ff., besonders S. 37; L. RÖHRICH und G. MEINEL: Redensarten aus dem Bereich von Handwerk und Gewerbe, in: Alemannisches Jahrbuch (BühlBaden 1973); J.M. GREBER. Die Geschichte des Hobels (Hannover 1987).}

Hobeln (›Ungehobelter Mensch‹). Depositionsszene: Das Abschleifen und Hobeln des Beanus. Holzschnitt aus Friedericus Widebrandus: Carmen heroicum de typo depositionis, Erfurt und Wittenberg 1578, Aus: Peter Krause: O alte Burschenherrlichkeit, Graz, Wien, Köln 31980, S. 23, Abbildung 4.

Wo gehobelt wird .... Karikatur von Murschetz, aus: DIE ZEIT, vom 15.VII.83.
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