Redensarten Lexikon
Hesse
Ein blinder Hesse, altes Scheltwort für einen (geistig) Kurzsichtigen. Die Redensart, von der sich wahrscheinlich das Sprichwort ableitet: ›Die Hessen können vor neun nicht sehen‹, geht schwerlich weit über das 16. Jahrhundert zurück. Grimm und ihm folgend Vilmar fassen diese spöttische Bezeichnung als letzten Nachklang einer sonst unbezeugten Stammessage auf, wonach der Stammesahnherr für das blindgeborene Junge eines Hundes oder einer Katze ausgegeben worden sei (vermutlich aus dem lautlichen Anklang von ›Chatten‹ und ›Katzen‹). Daher habe man wohl auch die Hessen blinde Hunde oder Blinde Hundehessen genannt, wie man (im 16. Jahrhundert) den hessischen Wappenlöwen eine Katze schalt. 1584 sagt Leonhard Thurneisser, ein Arzt, Alchimist, Astrolog und Verleger zugleich, von der »schwebischen art«: »welche geschlecht der menschen nach der geburt, wie man vermeint, neun tage als die hunde blind ligen sollen«. Vielleicht bezieht sich hierauf die Vorstellung, der Hesse könne vor neun nicht sehen. Der Ruf geistiger Verblendung und zäher Störrigkeit haftet unter den deutschen Stämmen vor allem den Hessen und Schwaben an, daher heißen auch die Schwaben ›blind‹, namentlich bei den Thüringern, die die Hessen öfter ›taub‹ als ›blind‹ nennen. Schon 1541 ist die Redensart von Sebastian Franck (Sprichwörter 2,49b) gebucht worden: ›»Du bist ein blinder Hesse‹ wolt einen groben dölpel und fantasten damit anzeigen. Wir brauchen ›ein grober Algewer bauer, ein blinder Schwab, ein rechter dummer Jan, der teutsch Michel, ein teutscher baccalaureus‹«. J.-B. Rousseau meint: »Die Hessen heißen deshalb blind, weil sie stets kühn und unverrückt in die Schlacht gingen. Und ihre Tapferkeit hat sich auch bei verschiedenen Gelegenheiten bewährt. Oder vielleicht auch deshalb, weil sie nicht fragen, wofür sie in den Kampf gehen, ob als verkaufte Söldner oder als Kämpfer für die höchsten Güter eines Volkes«. Drauflos, wie ein blinder Hesse ist daher zur allgemeinen Redensart geworden.
Rheinisch sagt man von einem leicht zornig werdenden Menschen: ›der hät en Hessekopf‹.
In Pommern, Preußen und wohl auch anderswo ruft man jemandem, der einen auf der Straße anrennt, zu: ›Blinn' Heß, kannst nich sehn?‹
›Laufen wie die Hessen‹: luxemburgische Redensart, die sich auf die Ereignisse des Jahres 1814 bezieht und im Gegensatz zu den anderen Redensarten den Hessen Feigheit nachsagt.
• F. WIESENBACH: Die blinden Hessen (1891); CH. OBERFELD (Hrsg.): Hessen, Märchenland der Brüder Grimm (Kassel 1984), S. 8.
Ein blinder Hesse, altes Scheltwort für einen (geistig) Kurzsichtigen. Die Redensart, von der sich wahrscheinlich das Sprichwort ableitet: ›Die Hessen können vor neun nicht sehen‹, geht schwerlich weit über das 16. Jahrhundert zurück. Grimm und ihm folgend Vilmar fassen diese spöttische Bezeichnung als letzten Nachklang einer sonst unbezeugten Stammessage auf, wonach der Stammesahnherr für das blindgeborene Junge eines Hundes oder einer Katze ausgegeben worden sei (vermutlich aus dem lautlichen Anklang von ›Chatten‹ und ›Katzen‹). Daher habe man wohl auch die Hessen blinde Hunde oder Blinde Hundehessen genannt, wie man (im 16. Jahrhundert) den hessischen Wappenlöwen eine Katze schalt. 1584 sagt Leonhard Thurneisser, ein Arzt, Alchimist, Astrolog und Verleger zugleich, von der »schwebischen art«: »welche geschlecht der menschen nach der geburt, wie man vermeint, neun tage als die hunde blind ligen sollen«. Vielleicht bezieht sich hierauf die Vorstellung, der Hesse könne vor neun nicht sehen. Der Ruf geistiger Verblendung und zäher Störrigkeit haftet unter den deutschen Stämmen vor allem den Hessen und Schwaben an, daher heißen auch die Schwaben ›blind‹, namentlich bei den Thüringern, die die Hessen öfter ›taub‹ als ›blind‹ nennen. Schon 1541 ist die Redensart von Sebastian Franck (Sprichwörter 2,49b) gebucht worden: ›»Du bist ein blinder Hesse‹ wolt einen groben dölpel und fantasten damit anzeigen. Wir brauchen ›ein grober Algewer bauer, ein blinder Schwab, ein rechter dummer Jan, der teutsch Michel, ein teutscher baccalaureus‹«. J.-B. Rousseau meint: »Die Hessen heißen deshalb blind, weil sie stets kühn und unverrückt in die Schlacht gingen. Und ihre Tapferkeit hat sich auch bei verschiedenen Gelegenheiten bewährt. Oder vielleicht auch deshalb, weil sie nicht fragen, wofür sie in den Kampf gehen, ob als verkaufte Söldner oder als Kämpfer für die höchsten Güter eines Volkes«. Drauflos, wie ein blinder Hesse ist daher zur allgemeinen Redensart geworden.
Rheinisch sagt man von einem leicht zornig werdenden Menschen: ›der hät en Hessekopf‹.
In Pommern, Preußen und wohl auch anderswo ruft man jemandem, der einen auf der Straße anrennt, zu: ›Blinn' Heß, kannst nich sehn?‹
›Laufen wie die Hessen‹: luxemburgische Redensart, die sich auf die Ereignisse des Jahres 1814 bezieht und im Gegensatz zu den anderen Redensarten den Hessen Feigheit nachsagt.
• F. WIESENBACH: Die blinden Hessen (1891); CH. OBERFELD (Hrsg.): Hessen, Märchenland der Brüder Grimm (Kassel 1984), S. 8.