Redensarten Lexikon
Hemd
steht in zahlreichen Redensarten für einen letzten, elementarsten und lebensnotwendigen Minimalbesitz: Jemanden bis aufs Hemd ausziehen: ihn arm machen, ihm alles (oder fast alles) wegnehmen; ursprünglich von Räubern gesagt, die ihren Opfern nur das Hemd auf dem Leib ließen. Im Wiener Stadtrecht von 1434 als Recht demjenigen zugestanden, bei dem der andere Spielschulden hat. Sich bis aufs Hemd ausziehen: seine letzten Ersparnisse hergeben; vgl. französisch ›laisser dans une affaire jusqu'à sa dernière chemise‹. Das zieht einem das Hemd aus: das ist unerträglich, ursprünglich ganz konkret gemeint. Eine Illustration des Hausbuchmeisters zeigt, wie dem Bauern das Hemd über den Kopf gezogen wird, wenn die Ritter durch seine Felder reiten. Ebenso Sich von jemandem das Hemd ausziehen lassen: sich von jemandem übertölpeln, ausnutzen lassen; Kein ganzes Hemd mehr haben: sehr ärmlich sein; Kein Hemd vor dem Arsch haben: sich nur sehr ärmlich kleiden können, sehr arm sein; dagegen französisch: ›être comme cul et chemise‹ (wörtlich: wie Arsch und Hemd sein): einander Hand in Hand gehen.
Das Hemd auf dem Leibe dransetzen: das Äußerste und Letzte wagen; Das Hemd auf dem Leibe ist nicht sein: er hat eigentlich überhaupt nichts eigenes; Das Hemd vom Leibe verschenken: sehr freigebig sein; ähnlich Sein letztes Hemd hergeben, vgl. Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm 153: ›Sterntaler‹. Der Verzicht des opferbereiten Mädchens auf all seine Habe, sogar auf das Hemd, wird vom Himmel reichlich belohnt.
Im bloßen Hemd dastehen: fast nackt dastehen, nur noch das Unentbehrliche besitzen. Außerdem war das Bußhemd ein Zeichen der Demütigung und Beschämung. Einem aufs Hemd knien: ihn aufs äußerste bedrängen; Einem das Hemd vom Leibe herunterfragen: ihn gänzlich ausfragen; Und wenn's das letzte Hemd kostet: selbst wenn der letzte und höchste Einsatz gewagt werden muß.
In andere Zusammenhänge verweisen die Redensarten: Ein zu kurzes Hemd anhaben: leicht beleidigt sein, keine nervlichen Reserven haben, Ihm flattert das Hemd: er hat Angst, sowie die Drohrede: Ein Schlag, und du stehst im Hemd da! Die Wendung soll 1898 in Berlin von der Schwerathletin Kätchen Brumbach (›Sandwina‹ genannt) geprägt worden sein. Das Hemd ist (mir) näher als der Rock. Die sprichwörtliche Wendung ist schon römisch bezeugt. Im ›Trinummus‹ (V,2,30) des Plautus heißt es: »Tunica propior pallio«. Die literarischen Belege finden sich bis in die Neuzeit. So sagte z.B. Bismarck in der Sitzung des Preußischen Abgeordnetenhauses am 22. Januar 1864: »Kommt es zum Äußersten, so ist mir das Hemd näher als der Rock«.
• A. JUNKER und E. STILLE: Die zweite Haut. Zur Geschichte der Unterwäsche 1700-1760 (Frankfurt/M. 1988); E. MOSER-RATH: Artikel ›Hemd‹, in: Enzyklopädie des Märchens VI, Spalte 802-806.}
Einen bis aufs Hemd ausziehen. Wer aus Not spielt, verliert notwendigerweise, italienischer Kupferstich von Mitelli, 1678, Milano, Racc. Bertarelli, Vol. A.A. 180, aus: Paolo Toschi: Populäre Druckgraphik Europas. Italien, vom 15. bis zum 20. Jahrhundert, München 1967, Abbildung 112.
Einen bis aufs Hemd ausziehen. Federzeichnung des am Ende des 15. Jahrhunderts am Mittelrhein tätigen Zeichners und Kupferstechers (Hausbuchmeister) zum ›Hausbuch‹ (Schloß Wolfegg).
Jemand ist das eigene Hemd näher. Karikatur von Wolter, o.A..
steht in zahlreichen Redensarten für einen letzten, elementarsten und lebensnotwendigen Minimalbesitz: Jemanden bis aufs Hemd ausziehen: ihn arm machen, ihm alles (oder fast alles) wegnehmen; ursprünglich von Räubern gesagt, die ihren Opfern nur das Hemd auf dem Leib ließen. Im Wiener Stadtrecht von 1434 als Recht demjenigen zugestanden, bei dem der andere Spielschulden hat. Sich bis aufs Hemd ausziehen: seine letzten Ersparnisse hergeben; vgl. französisch ›laisser dans une affaire jusqu'à sa dernière chemise‹. Das zieht einem das Hemd aus: das ist unerträglich, ursprünglich ganz konkret gemeint. Eine Illustration des Hausbuchmeisters zeigt, wie dem Bauern das Hemd über den Kopf gezogen wird, wenn die Ritter durch seine Felder reiten. Ebenso Sich von jemandem das Hemd ausziehen lassen: sich von jemandem übertölpeln, ausnutzen lassen; Kein ganzes Hemd mehr haben: sehr ärmlich sein; Kein Hemd vor dem Arsch haben: sich nur sehr ärmlich kleiden können, sehr arm sein; dagegen französisch: ›être comme cul et chemise‹ (wörtlich: wie Arsch und Hemd sein): einander Hand in Hand gehen.
Das Hemd auf dem Leibe dransetzen: das Äußerste und Letzte wagen; Das Hemd auf dem Leibe ist nicht sein: er hat eigentlich überhaupt nichts eigenes; Das Hemd vom Leibe verschenken: sehr freigebig sein; ähnlich Sein letztes Hemd hergeben, vgl. Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm 153: ›Sterntaler‹. Der Verzicht des opferbereiten Mädchens auf all seine Habe, sogar auf das Hemd, wird vom Himmel reichlich belohnt.
Im bloßen Hemd dastehen: fast nackt dastehen, nur noch das Unentbehrliche besitzen. Außerdem war das Bußhemd ein Zeichen der Demütigung und Beschämung. Einem aufs Hemd knien: ihn aufs äußerste bedrängen; Einem das Hemd vom Leibe herunterfragen: ihn gänzlich ausfragen; Und wenn's das letzte Hemd kostet: selbst wenn der letzte und höchste Einsatz gewagt werden muß.
In andere Zusammenhänge verweisen die Redensarten: Ein zu kurzes Hemd anhaben: leicht beleidigt sein, keine nervlichen Reserven haben, Ihm flattert das Hemd: er hat Angst, sowie die Drohrede: Ein Schlag, und du stehst im Hemd da! Die Wendung soll 1898 in Berlin von der Schwerathletin Kätchen Brumbach (›Sandwina‹ genannt) geprägt worden sein. Das Hemd ist (mir) näher als der Rock. Die sprichwörtliche Wendung ist schon römisch bezeugt. Im ›Trinummus‹ (V,2,30) des Plautus heißt es: »Tunica propior pallio«. Die literarischen Belege finden sich bis in die Neuzeit. So sagte z.B. Bismarck in der Sitzung des Preußischen Abgeordnetenhauses am 22. Januar 1864: »Kommt es zum Äußersten, so ist mir das Hemd näher als der Rock«.
• A. JUNKER und E. STILLE: Die zweite Haut. Zur Geschichte der Unterwäsche 1700-1760 (Frankfurt/M. 1988); E. MOSER-RATH: Artikel ›Hemd‹, in: Enzyklopädie des Märchens VI, Spalte 802-806.}
Einen bis aufs Hemd ausziehen. Wer aus Not spielt, verliert notwendigerweise, italienischer Kupferstich von Mitelli, 1678, Milano, Racc. Bertarelli, Vol. A.A. 180, aus: Paolo Toschi: Populäre Druckgraphik Europas. Italien, vom 15. bis zum 20. Jahrhundert, München 1967, Abbildung 112.
Einen bis aufs Hemd ausziehen. Federzeichnung des am Ende des 15. Jahrhunderts am Mittelrhein tätigen Zeichners und Kupferstechers (Hausbuchmeister) zum ›Hausbuch‹ (Schloß Wolfegg).
Jemand ist das eigene Hemd näher. Karikatur von Wolter, o.A..