Redensarten Lexikon
heißen
Mit der redensartlichen Formel ›Da heißt's‹ werden oftmals Sprichwörter zitiert; z.B. ›Da heißt's: Augen auf!‹; ›Da heißt's: Vogel friß oder stirb!‹ (weitere Beispiele: Wander II, Spalte 484). Ich will Hans (Meier etc.) heißen, wenn das nicht wahr ist, in älterer Sprache Ich will ein Schelm heißen, scherzhafte Form der Selbstverfluchung, ähnlich wie ›Ich will tot umfallen‹, ›Ich laß mich hängen‹, vgl. englisch ›I'm a Dutchman if‹, französisch ›Je veux être pendu, si‹, niederländisch ›ik ben een boon (tje), als't niet waar is‹ etc. Daß der Schwörende sich dabei selbst die Strafe setzt, gehört zur Tradition dieser Formeln, die älterem Rechtsbrauch entsprechen.    Diese Formeln der Selbstverfluchung sind auch heute noch gang und gäbe, nur kennt man zumeist ihren ursprünglich Sinn nicht mehr. Dasselbe gilt für die Beteuerungsformeln, die sich über die Zeiten hinweg erhalten haben, wie sich aus literarischen Belegen erkennen läßt. Gottfr. Aug. Bürger sagt von seiner ›Lenore‹: »Wenns bei der Ballade nichtjedem eiskalt über die Haut laufen muß, so will ich mein Leben lang Hans Caspar heißen« (Briefe, I, 111). An bestimmte Namen sind bestimmte Vorstellungen geknüpft. Das kommt auch zum Ausdruck am Anfang von Chr. Morgensterns ›Möwenlied‹ (zitiert nach der Ausgabe ›Alle Galgenlieder‹, Berlin 1932):

   Die Möwen sehen alle aus,
   Als ob sie Emma hießen.

Schiller gebraucht das Verb in seinem Schauspiel ›Die Räuber‹ am Anfang der 2. Szene des 1. Aktes in der berühmten Frage: »Franz heißt die Canaille?« Und in Goethes ›Faust‹ gibt es gleich mehrere Stellen dieser Artikel So sagt Faust zu Wagner:

   Was ihr den Geist der Zeiten heißt,
   Das ist im Grund der Herren eigner Geist,

und fährt dann meditierend fort:

   Ja, was man so erkennen heißt!
   Wer darf das Kind beim rechten Namen nennen?

Matthias Claudius schließlich benutzt das Wort, um seine Idealvorstellungen zum Ausdruck zu bringen:

   Und jeder echte deutsche Mann
   soll Freund und Bruder heißen.

Im Volksmund ist das Verb heißen freilich eher im negativen Sinne bekannt aus Wendungen wie ›Jemanden einen Esel heißen‹ o.ä. (d.h. ihm einen verächtlichen Namen geben) oder aus den erwähnten Selbstverfluchungs- und Beteuerungsformeln, Hans.
• H. FEHR: Artikel ›Eid‹, in: Handbuch des Aberglaubens II, Spalte 659-472; DERS.: Artikel ›Meineid‹, in: Handbuch des Aberglaubens VI, Spalte 111-123.
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