Redensarten Lexikon
Heidelberg
So groß wie das Heidelberger Faß sein: ein unvorstellbar großes Fassungsvermögen besitzen, riesengroß sein. Der redensartlich Vergleich bezieht sich auf die bestaunenswerte Sehenswürdigkeit im Heidelberger Schloß, die noch heute Touristen anlockt. Das erste ›Große Faß‹ ließ 1589-91 Pfalzgraf Kurfürst Friedrich IV. bauen, wie Merian berichtet: »Zu dem erwehnten Faß ist ein Stiege von 27 Staffeln und alsdann ein kleines Brücklein, hinauff zu gehen. Es sollen zu den 24 großen eisernen Reiffen, die herumb seyn,122 Centner Eisen seyn gebraucht worden. Und fasset solches 132 Fuder,3 Ohmen und 3 Viertel und hält 1 Fuder,10 Ohmen,1 Ohm aber 48 Maß, so sich fast mit den Oesterreichischen Maßen vergleichen. Das Wahrzeichen ist eine Nachteule, ein Aff und ein Löw ohne Zungen. Und ist solches so hoch, daß einer mit einem Rennspieß auffrecht darinn stehen könte« (Matth. Merian: Topographia Germaniae. Beschreibung der Untern-Pfalz am Rhein. Faksimile der vermutlich 1672 erschienenen vermehrten 2. Ausgabe. Neue Ausgabe Kassel und Basel 1963, S. 42, Spalte 1).    Liselotte von der Pfalz, die das berühmte Faß in ihren Briefen erwähnt, kannte das zweite Faß. Es wurde 1648-80 von ihrem Vater Karl Ludwig aufgestellt, nachdem das erste während des Dreißigjährigen Krieges baufällig geworden war. Zu ihrer Zeit enthielt es noch Wein, denn sie schreibt: »Im großen Faß hatt man nie keinen Rheinwein gethan, nur lautter Neckerwein« (A 3, S. 347). Sie erinnert sich auch noch an den Spruch, der auf dem Faß stand und der sich auf die Darstellung an der alten Neckarbrücke bezieht:

   Waß thust du mich hir ahngaffen?
   Hast du nicht gesehen den alten affen
   Zu Heydelberg? Sich hin undt her,
   So findstu woll meines gleichen mehr.
   (C 1, S.342, 383)

Ironisch erwähnt H. Heine das Heidelberger Faß im ›Buch der Lieder‹ (Lyrisches Intermezzo,1822-1823, Nr.65):

   Holt einen großen Sarg,
   Hinein leg' ich gar Manches,
   Doch sag' ich noch nicht, was;
   Der Sarg muß sein noch größer,
   Wie's Heidelberger Faß.

Bis zu den Niederlanden reichte die Kenntnis von diesem Faß, was die Wendung ›het heidelberger wijnvat‹ beweist.
   Eine phantastische Übersteigerung enthält die Feststellung Das Heidelberger Faß ist ein Fingerhut da-
gegen, denn das heutige (dritte) Faß, das 1751 von Karl Theodor aufgestellt wurde, könnte immerhin 221.726 l in sich aufnehmen.
   Vor dem Heidelberger Fasse knien: keinen höheren Genuß als das Trinken kennen, den Wein als seinen Gott verehren.
   Doch ist der Ruhm Heidelbergs auch noch durch zahlreiche Studenten- und Trinklieder, insbesondere durch das Versepos ›Der Trompeter von Säckingen, ein Sang vom Oberrhein‹ (Stuttgart 1854) von J. Viktor v. Scheffel (1826-1886), verbreitet worden, in dem die Stadt als »Alt-Heidelberg, du feine« besungen wird.

• K. CHRIST: Das erste Heidelberger Faß. Eine Jubiläums-Studie (Heidelberg 1886); Die Kunstdenkmäler des Großherzogtums Baden (Tübingen 1913), Band 8, S. 97 und 466f.; R. LOCHMANN: Volkskundliche Belege in den Briefen der Liselotte von der Pfalz, masch.-schriftl. Staatsexamensarbeit (Freiburg 1969).}

Heidelberger Faß (1589-91). Kupferstich von C.J. Delff, 1608, Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum.
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