Redensarten Lexikon
Hefe
Auf die Hefe(n) kommen: aufs äußerste herunterkommen, mit seinem Vermögen fertig werden. Die Hefe, eigentlich ›das Hebende‹, weil sie bewirkt, daß der Stoff, dem sie beigemischt wird, sich hebt, sich aufbläht, bleibt doch selbst am Boden des Gefäßes sitzen und ist dann eben als Bodensatz eines Getränkes ungenießbar und deshalb verachtet.    Den Kelch (Becher) bis auf die Hefe leeren: alle Widerwärtigkeiten bis zum bitteren Ende auskosten müssen, ist eine Redensart biblischen Ursprungs (Ps 75, 9), vgl. ›Der Rest ist für die Gottlosen‹ ( gottlos). Vgl. französisch ›vider le calice (la coupe) jusqu'à la lie‹ (gehobene sprache). Es geht auf die Hefen: es geht zu Ende.
   Die Hefe als Treibmittel in der Bäckerei ist gemeint in der in mitteldeutscher Mundart bezeugten Redensart auf der Hefe (oder Plural auf den Hefen) sitzen bleiben: nicht vorwärtskommen, keinen Erfolg haben, eigentlich wie ein nicht aufgegangener Teig; auch von einem kleinen Menschen gesagt; vgl. Jer 48, 11 in Luthers Bibelübersetzung: »Moab ist von seiner Jugend auf sicher gewesen und auf seinen Hefen still gelegen ...«.
   Er hat Hefe in den Schuhen wird von einem Aufgeblähten, Hochmütigen gesagt. Sich mit Hefen wa-
schen: beim Waschen noch schmutziger werden, als man vorher war.
   Der ist aber auch net auf der Hefe: er ist schwerfällig und reagiert kaum oder gar nicht. Auf der Hefe sein: mit allen Wassern gewaschen sein.
   Hefe des Volkes: Bezeichnung für die unterste Gesellschaftsschicht, in der es zuweilen gärt. In früherer Zeit waren es zumeist die Landstreicher und unzufriedenen Arbeiter, daher auch die Verwendung der Redensart im Sinne von ›Abschaum‹ bzw. ›die unzufriedenen Elemente eines Volkes‹. Als Urheber der Redensart gilt Cicero. Er gebrauchte in seiner Rede ›Pro Flacco‹ (59 v. Chr.) 8,18 den Ausdruck ›faex civitatis‹. In der Übersetzung wird er mit ›Hefe des Volkes‹ wiedergegeben.

• F. ECKSTEIN: Artikel ›Hefe‹, in: Handbuch des Aberglaubens III Spalte 1626-1628.
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