Redensarten Lexikon
Haut
Haut und Haar ist eine stabreimende Zwillingsformel, die in dieser Form ein hohes Alter hat und auf einen Rechtsbrauch zurückgeht: ›einem Haut und Haar abschlagen‹, ihn mit Rutenstreichen strafen, daß es über Haut und Haar geht (Jac. Grimm: ›Deutsche Rechtsaltertümer‹ 2,287). Die Abbildung aus der Heidelberger Sachsenspiegelhandschrift zeigt: Eine Frau in guter Hoffnung darf nicht höher gestraft werden als zu Haut und Haar. Sie steht am Pranger und wird gestäupt und geschoren. Das Haupthaar fällt zu Boden; der Oberkörper ist blutig geschlagen. Noch an drei weiteren Stellen begegnet die Wendung im ›Sachsenspiegel‹. Dabei steht in einem anderen Zusammenhang ›hut unde har‹ als Variation für lîf, womit im Mittelalter sowohl Leib als auch Leben gemeint sein kann: Kämpfer (d.h. Berufskämpfer), Spielleute, unehelich Geborene, ›die ir lif oder hut unde har ledeget‹, sind alle rechtlos. Jetzt bedeutet Mit Haut und Haaren: alles in allem, ganz und gar, mit allem, was drum und dran hängt. Ähnlich spricht Luther einmal von einem Wiedertäufer, »der den heiligen Geist mit Federn und mit allem gefressen« habe, wobei er an die Taube denkt. Die Redensart ist auch in den Mundarten lebendig, z.B. schweizerisch ›Eine vo Hut und Haar nüd kenne‹; ›vo Hut und Haar nüd ha‹; ›vo Hut und Haar nüd chönne‹. Die Wendung ›Mit Haut und Haar‹ begegnet häufig in den Grimmschen Märchen (z.B. Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm 5, 23, 119 und 134). In einem Gedicht von Gisela Steineckert (›Nun leb mit mir. Weibergedichte‹, Berlin 1976, S. 52) wird die Formel erweitert:
Haut und Haar
ganz und gar,
und in der letzten strophe wörtlich genommen:
Er ging davon hat
Haut und Haar
nicht mehr gewollt.
In der Haut, in die Haut hinein: durch und durch; z.B. ›Ein Schelm sein in der Haut, bis in die Haut hinein‹.
Nichts als Haut und Knochen sein: sehr mager sein; vgl. Klagelieder Jer 4,8: »Ihre Haut hängt an den Gebeinen, und sind so dürr wie ein Scheit«; vgl. französisch ›N'avoir que les os et la peau‹. Wenn solch ein Magerer auch noch kraftlos ist, dann sagt man niederdeutsch von ihm ›He kann kum in de Hut hangen‹.
Die Haut gilt als letzter Besitz, daher Ich kann mir das doch nicht aus der Haut schneiden: ich habe wirklich kein Geld dafür. Hierher gehört auch das Sprichwort ›Aus andrer Leute Haut ist gut Riemen schneiden‹. Etwas mit der (eigenen) Haut bezahlen müssen ⇨ zeitlich; vgl. französisch ›payer de sa peau‹: für etwas sterben; Seine Haut dransetzen; Seine Haut für etwas aufs Spiel setzen, oder wie in einem Schwank von Hans Sachs der Storch dem Frosch droht:
Ich will dir heimzahlen
Dein untreu und die falsche dück
Vberflüssig auf deinem rück,
Vnd mußt mir gelten mit der Haut.
Ähnlich auch schon mittelhochdeutsch: ›Er muoz sîn hout darumbe geben‹ (Heinrich von Neustadt, ›Gottes Zukunft‹, V. 1448). Den gleichen Sinn hat Seine Haut zu Markte tragen. Eine altmärkische Lehre sagt: »Du mußt die Hut sulvst to market draogn un so dür verkopn as't gaon will«. L. Günther (›Deutsche Rechtsaltertümer in unserer heutigen deutschen Sprache‹, S. 53) knüpft zur Erklärung dieser Redensart an die ›Germania‹ des Tacitus (Kapitel 12) an: Vieh oder Viehhäute galten als Bußgeld; dann sei das Wort Haut in dieser Bedeutung nicht mehr verstanden und auf die menschliche Haut übertragen worden. Dies ist jedoch wenig wahrscheinlich Häute sind ja tatsächlich eine zum Markt getragene Ware. Die ironisch Übertreibung mit der eigenen Haut meint eben: noch das allerletzte Eigentum einsetzen. In der Umgangssprache der Gegenwart meint die Redensart auch: aus Erwerbsgründen sich nackt produzieren, prostituieren, Call-Girl, Striptease-Tänzerin sein; ähnlich Die Haut in großen Stücken zu Markte tragen: tief dekolletiert sein.
Einem auf die Haut kommen: ihn angreifen, ihm zu nahe kommen, vgl. niederdeutsch ›Rück mir nicht so nah auf die Pelle‹; vgl. französisch ›rentrer à quelqu'un dans le lard‹ (wörtlich: einem auf den Speck kommen), umgangssprachlich; Ihn auf die Haut legen: ihn ums Leben bringen; so altbairisch; ähnlich schon in Behaims ›Buch von den Wienern‹ (s. 75, V. 25):
Derselben ungetreuen leut
Sy gar vil warffen auff die heut.
Statt ›Das Fell über die Ohren ziehen‹ hieß es früher bisweilen auch Einem die Haut über die Ohren ziehen: ihn übervorteilen, ausnützen, ⇨ Fell.
In keiner guten Haut stecken: immer zu Krankheiten neigen, oder übertragen: sich immer in mißlichen Umständen befinden. So schon bei Abraham a Sancta Clara (›Judas‹ II,195): »Er steckt in keiner guten Haut«; anders in ›Reim dich‹ (313): »Ob etwas Guts in seiner Haut abgestecke«.
Aus der Haut fahren: sich sehr ärgern, wütend sein: ›Es ist zum Ausderhautfahren‹. Ausdruck der Verzweiflung; nach dem Bild der sich häutenden Schlange.
Vgl. das Lied:
Wenn dich einmal der Hafer sticht,
aus deiner Haut zu fahren,
so bleib nur drin, es lohnt sich nicht,
du kannst das Fahrgeld sparen!
mit dem Refrain:
Bleib du nur in deiner alten Haut!
Mundartlich wird die Redensart noch durch Zusätze verstärkt, wie z.B. obersächsisch ›Da mechte mer glei aus der Haut fahrn, wemmer nur wißte, wohin‹ oder ›Da mechte mer aus der Haut fahrn un sich dernaam setzen‹.
Vgl. französisch ›sortir de ses gonds‹ (wörtlich: wie die Tür aus den Angeln springen).
Entsprechend In die Haut fahren: sich nach einem Zornesausbruch wieder beruhigen; erst neuerdings aufgekommen.
Ähnlich auch die Wunschformel: Am liebsten in eine andere Haut (in die Haut eines anderen) schlüpfen wollen, konkretisiert in einem Gedicht (›Wenn Dann‹) von Ulla Hahn:
Wenn du wo dir der Kopf steht
nicht mehr weißt
du aus der Haut fährst und
hinein in meine dann ...
(›Herz über Kopf‹. Gedichte, Stuttgart 1981, S. 35).
Nicht aus seiner Haut können: seinen Standpunkt nicht aufgeben, sich eben nur innerhalb seiner charakterlichen Veranlagung verhalten können. Die Wendung ist verwandt mit dem bibelsprachlichen ›den alten Adam ausziehen‹, ›den neuen Adam anziehen‹ (⇨ Adam).
Ich möchte nicht in seiner Haut stecken: nicht an seiner Stelle, in seiner Lage sein; vgl. französisch ›Je ne voudrais pas être dans sa peau‹.
In derselben Haut stecken: sich in derselben (üblen) Lage befinden. Haut steht in dieser und anderen Redensarten pars pro toto für den ganzen Menschen, ebenso wie in den Ausdrücken Anständige Haut: zuverlässiger, charaktervoller Mensch; Arme Haut: bedauernswerter Mensch; Brave Haut: redlicher Mensch; Ehrliche Haut: ehrlicher Mensch; lustige Haut: gutmütiger, umgänglicher Mensch. Grimmelshausen macht den Wortwitz: »Ich weiß, ihr seyd eine alte gute Haut, der Balck aber taugt nicht viel«.
Die Haut (das Fell, den Bast) versaufen: Bezeichnung für den Leichenschmaus, ⇨ Fell.
Mit heiler (oder ganzer) Haut davonkommen; eigentlich: unversehrt aus dem Kampfe kommen; abgeschwächt: ohne nachteilige Folgen aus einer mißlichen Lage hervorgehen. Aus heiler Haut (bairisch ›von heiler Haut‹) bedeutet: aus freien Stücken; dann auch: unversehens; eigentlich: ohne daß einem die Haut geritzt worden wäre. Von einem Zählebigen heißt es Er hat neun Häute. Wenn dem körperlichen oder sonstigen Wohlbefinden eines Menschen ein dauernder Schaden zugefügt worden ist, heißt es, es sei ihm Eine Haut abgezogen. Hans Sachs hat danach den Schwank ›Von den neunerlei häut eines pösen weibs‹ gedichtet. Einer seiner Gesellen erzählt ihm, er sei abends vom Weintrunk nach Hause gekommen, und seine Frau habe ihm nicht geantwortet.
Da dacht ich pei mir selbest eben:
Ich hab oft ghört von alten Leuten:
Etlich weiber sind von neun heuten.
Also ergrimmt er und bleut ihr die Stockfischhaut, dann die Bärenhaut, worauf sie brummt, dann die Gänsehaut, daß sie schnattert, dann die Hundshaut, wo sie zu bellen anfängt.
Jemandem die Haut vom Leibe ziehen wird zumeist im übertragenen Sinne gebraucht, z.B. wenn man von einem mehr verlangt, als er geben (zahlen) kann, ⇨ schinden.
Auf der Bärenhaut liegen, ebenso Auf der faulen Haut liegen: müßig gehen, faulenzen; nichts tun, ⇨ Bär.
Moderne umgangssprachliche Wendungen sind: Auf die Haut gearbeitet: räumlich eng, z.B. von einer Wohnung gesagt; Auf die Haut gespritzte Hosen: hauteng anliegende Hosen; Nur mit der Haut kostümiert sein: scherzhafte Umschreibung für: nackt sein.
Nur die nackte Haut retten: bei einem Unglücksfall (Brand, Unfall) alles verlieren.
Sich auf die faule Haut legen: sich dem Müßiggang ergeben (vgl. Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm 60).
Etwas geht unter die Haut: es geht nahe, löst starke Gefühle aus, es hinterläßt (seelische) Narben.
• R. KÖHLER: ›Die Haut (das Fell, den Bast) versaufen‹, in: Kleinere Schriften zur Neueren Literaturgeschichte, Volkskunde und Wortf. (Berlin 1900), S. 611-615; A. WEBINGER: Vom Faulpelz und der armen Haut, in: Muttersprache 55 (1940), S. 151-152; H.J. SCHOEPS: Ungeflügelte Worte. Was nicht im Büchmann stehen kann (Berlin 1971), S. 119-120; A. ERLER: Artikel ›Leibesstrafe‹, in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte. II, Spalte 1777-1790; S. OETTERMANN: Zeichen auf der Haut (Frankfurt/M. 1979); A. Soons: Artikel ›Haut‹, in: Enzyklopädie des Märchens VI, Spalte 624-628.
Mit Haut und Haaren. Heidelberger Sachenspiegelhandschrift, 13. Jahrhundert.
Aus der Haut fahren. Joachim Camerarius: Symbolorum Et Emblematvm Ex Aqvatilibvs Et Reptilibvs Desumptorum Centuria Quarta, Nürnberg 1604, aus: Schöne: Emblematik, S. 84.
Haut und Haar
ganz und gar,
und in der letzten strophe wörtlich genommen:
Er ging davon hat
Haut und Haar
nicht mehr gewollt.
In der Haut, in die Haut hinein: durch und durch; z.B. ›Ein Schelm sein in der Haut, bis in die Haut hinein‹.
Nichts als Haut und Knochen sein: sehr mager sein; vgl. Klagelieder Jer 4,8: »Ihre Haut hängt an den Gebeinen, und sind so dürr wie ein Scheit«; vgl. französisch ›N'avoir que les os et la peau‹. Wenn solch ein Magerer auch noch kraftlos ist, dann sagt man niederdeutsch von ihm ›He kann kum in de Hut hangen‹.
Die Haut gilt als letzter Besitz, daher Ich kann mir das doch nicht aus der Haut schneiden: ich habe wirklich kein Geld dafür. Hierher gehört auch das Sprichwort ›Aus andrer Leute Haut ist gut Riemen schneiden‹. Etwas mit der (eigenen) Haut bezahlen müssen ⇨ zeitlich; vgl. französisch ›payer de sa peau‹: für etwas sterben; Seine Haut dransetzen; Seine Haut für etwas aufs Spiel setzen, oder wie in einem Schwank von Hans Sachs der Storch dem Frosch droht:
Ich will dir heimzahlen
Dein untreu und die falsche dück
Vberflüssig auf deinem rück,
Vnd mußt mir gelten mit der Haut.
Ähnlich auch schon mittelhochdeutsch: ›Er muoz sîn hout darumbe geben‹ (Heinrich von Neustadt, ›Gottes Zukunft‹, V. 1448). Den gleichen Sinn hat Seine Haut zu Markte tragen. Eine altmärkische Lehre sagt: »Du mußt die Hut sulvst to market draogn un so dür verkopn as't gaon will«. L. Günther (›Deutsche Rechtsaltertümer in unserer heutigen deutschen Sprache‹, S. 53) knüpft zur Erklärung dieser Redensart an die ›Germania‹ des Tacitus (Kapitel 12) an: Vieh oder Viehhäute galten als Bußgeld; dann sei das Wort Haut in dieser Bedeutung nicht mehr verstanden und auf die menschliche Haut übertragen worden. Dies ist jedoch wenig wahrscheinlich Häute sind ja tatsächlich eine zum Markt getragene Ware. Die ironisch Übertreibung mit der eigenen Haut meint eben: noch das allerletzte Eigentum einsetzen. In der Umgangssprache der Gegenwart meint die Redensart auch: aus Erwerbsgründen sich nackt produzieren, prostituieren, Call-Girl, Striptease-Tänzerin sein; ähnlich Die Haut in großen Stücken zu Markte tragen: tief dekolletiert sein.
Einem auf die Haut kommen: ihn angreifen, ihm zu nahe kommen, vgl. niederdeutsch ›Rück mir nicht so nah auf die Pelle‹; vgl. französisch ›rentrer à quelqu'un dans le lard‹ (wörtlich: einem auf den Speck kommen), umgangssprachlich; Ihn auf die Haut legen: ihn ums Leben bringen; so altbairisch; ähnlich schon in Behaims ›Buch von den Wienern‹ (s. 75, V. 25):
Derselben ungetreuen leut
Sy gar vil warffen auff die heut.
Statt ›Das Fell über die Ohren ziehen‹ hieß es früher bisweilen auch Einem die Haut über die Ohren ziehen: ihn übervorteilen, ausnützen, ⇨ Fell.
In keiner guten Haut stecken: immer zu Krankheiten neigen, oder übertragen: sich immer in mißlichen Umständen befinden. So schon bei Abraham a Sancta Clara (›Judas‹ II,195): »Er steckt in keiner guten Haut«; anders in ›Reim dich‹ (313): »Ob etwas Guts in seiner Haut abgestecke«.
Aus der Haut fahren: sich sehr ärgern, wütend sein: ›Es ist zum Ausderhautfahren‹. Ausdruck der Verzweiflung; nach dem Bild der sich häutenden Schlange.
Vgl. das Lied:
Wenn dich einmal der Hafer sticht,
aus deiner Haut zu fahren,
so bleib nur drin, es lohnt sich nicht,
du kannst das Fahrgeld sparen!
mit dem Refrain:
Bleib du nur in deiner alten Haut!
Mundartlich wird die Redensart noch durch Zusätze verstärkt, wie z.B. obersächsisch ›Da mechte mer glei aus der Haut fahrn, wemmer nur wißte, wohin‹ oder ›Da mechte mer aus der Haut fahrn un sich dernaam setzen‹.
Vgl. französisch ›sortir de ses gonds‹ (wörtlich: wie die Tür aus den Angeln springen).
Entsprechend In die Haut fahren: sich nach einem Zornesausbruch wieder beruhigen; erst neuerdings aufgekommen.
Ähnlich auch die Wunschformel: Am liebsten in eine andere Haut (in die Haut eines anderen) schlüpfen wollen, konkretisiert in einem Gedicht (›Wenn Dann‹) von Ulla Hahn:
Wenn du wo dir der Kopf steht
nicht mehr weißt
du aus der Haut fährst und
hinein in meine dann ...
(›Herz über Kopf‹. Gedichte, Stuttgart 1981, S. 35).
Nicht aus seiner Haut können: seinen Standpunkt nicht aufgeben, sich eben nur innerhalb seiner charakterlichen Veranlagung verhalten können. Die Wendung ist verwandt mit dem bibelsprachlichen ›den alten Adam ausziehen‹, ›den neuen Adam anziehen‹ (⇨ Adam).
Ich möchte nicht in seiner Haut stecken: nicht an seiner Stelle, in seiner Lage sein; vgl. französisch ›Je ne voudrais pas être dans sa peau‹.
In derselben Haut stecken: sich in derselben (üblen) Lage befinden. Haut steht in dieser und anderen Redensarten pars pro toto für den ganzen Menschen, ebenso wie in den Ausdrücken Anständige Haut: zuverlässiger, charaktervoller Mensch; Arme Haut: bedauernswerter Mensch; Brave Haut: redlicher Mensch; Ehrliche Haut: ehrlicher Mensch; lustige Haut: gutmütiger, umgänglicher Mensch. Grimmelshausen macht den Wortwitz: »Ich weiß, ihr seyd eine alte gute Haut, der Balck aber taugt nicht viel«.
Die Haut (das Fell, den Bast) versaufen: Bezeichnung für den Leichenschmaus, ⇨ Fell.
Mit heiler (oder ganzer) Haut davonkommen; eigentlich: unversehrt aus dem Kampfe kommen; abgeschwächt: ohne nachteilige Folgen aus einer mißlichen Lage hervorgehen. Aus heiler Haut (bairisch ›von heiler Haut‹) bedeutet: aus freien Stücken; dann auch: unversehens; eigentlich: ohne daß einem die Haut geritzt worden wäre. Von einem Zählebigen heißt es Er hat neun Häute. Wenn dem körperlichen oder sonstigen Wohlbefinden eines Menschen ein dauernder Schaden zugefügt worden ist, heißt es, es sei ihm Eine Haut abgezogen. Hans Sachs hat danach den Schwank ›Von den neunerlei häut eines pösen weibs‹ gedichtet. Einer seiner Gesellen erzählt ihm, er sei abends vom Weintrunk nach Hause gekommen, und seine Frau habe ihm nicht geantwortet.
Da dacht ich pei mir selbest eben:
Ich hab oft ghört von alten Leuten:
Etlich weiber sind von neun heuten.
Also ergrimmt er und bleut ihr die Stockfischhaut, dann die Bärenhaut, worauf sie brummt, dann die Gänsehaut, daß sie schnattert, dann die Hundshaut, wo sie zu bellen anfängt.
Jemandem die Haut vom Leibe ziehen wird zumeist im übertragenen Sinne gebraucht, z.B. wenn man von einem mehr verlangt, als er geben (zahlen) kann, ⇨ schinden.
Auf der Bärenhaut liegen, ebenso Auf der faulen Haut liegen: müßig gehen, faulenzen; nichts tun, ⇨ Bär.
Moderne umgangssprachliche Wendungen sind: Auf die Haut gearbeitet: räumlich eng, z.B. von einer Wohnung gesagt; Auf die Haut gespritzte Hosen: hauteng anliegende Hosen; Nur mit der Haut kostümiert sein: scherzhafte Umschreibung für: nackt sein.
Nur die nackte Haut retten: bei einem Unglücksfall (Brand, Unfall) alles verlieren.
Sich auf die faule Haut legen: sich dem Müßiggang ergeben (vgl. Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm 60).
Etwas geht unter die Haut: es geht nahe, löst starke Gefühle aus, es hinterläßt (seelische) Narben.
• R. KÖHLER: ›Die Haut (das Fell, den Bast) versaufen‹, in: Kleinere Schriften zur Neueren Literaturgeschichte, Volkskunde und Wortf. (Berlin 1900), S. 611-615; A. WEBINGER: Vom Faulpelz und der armen Haut, in: Muttersprache 55 (1940), S. 151-152; H.J. SCHOEPS: Ungeflügelte Worte. Was nicht im Büchmann stehen kann (Berlin 1971), S. 119-120; A. ERLER: Artikel ›Leibesstrafe‹, in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte. II, Spalte 1777-1790; S. OETTERMANN: Zeichen auf der Haut (Frankfurt/M. 1979); A. Soons: Artikel ›Haut‹, in: Enzyklopädie des Märchens VI, Spalte 624-628.
Mit Haut und Haaren. Heidelberger Sachenspiegelhandschrift, 13. Jahrhundert.
Aus der Haut fahren. Joachim Camerarius: Symbolorum Et Emblematvm Ex Aqvatilibvs Et Reptilibvs Desumptorum Centuria Quarta, Nürnberg 1604, aus: Schöne: Emblematik, S. 84.