Redensarten Lexikon
hauen
Das haut (hin), auch mit dem Zusatz in die Äpfel: das kommt erwünscht, trifft sich gut, es paßt; vgl. französisch ›Ça colle‹ (wörtlich: Es klebt), im Sinne von: Das paßt zusammen. ›Das hat nicht hingehauen‹ sagt man umgangssprachlich für: es ist nicht geglückt. Sehr häufig ist: Das haut einen hin! (auch Das haut einen in sämtliche Winkel oder vom Stuhl, Das haut den stärksten Neger von der Palme) als Ausdruck starken Erstaunens, aus der Studenten- und Soldatensprache in die Umgangssprache übergegangen.    Hauen bedeutete in der Soldatensprache einen schneidenden Hieb. Ein Haudegen war daher im Gegensatz zum Stoßdegen ein zum Hauen benutzter Degen. Der Ausdruck wurde übertragen auf den Mann, der ihn zu führen verstand, und heute hat die Wendung ›ein alter Haudegen‹ die Bedeutung: alter, kampferprobter Krieger.
   Das ist weder gehauen noch gestochen: nichts Ordentliches, Entschiedenes; das tadelnde Urteil stammt aus der Fechtersprache und bedeutete eigentlich: Die Waffe ist so ungeschickt geführt, daß man nicht weiß, ob es Hieb oder Stich sein soll. Man hat die Redensart von den verschiedensten Seiten herzuleiten versucht; so etwa sollte sie aus der Zeit der Erfindung des Schießpulvers herrühren, wo man bei den durch die Schußwaffen verursachten Wunden gesagt haben soll, sie seien weder durch Hieb noch durch Stich verursacht worden. Nach anderer Meinung soll sie sich auf ungeschickte Metzger bezogen haben, die das Vieh nicht kunstgerecht zu schlachten wußten.
   Fr. Seiler (Deutsche Sprichwörterkunde, S. 234) äußert die Vermutung, die Redensart sei zuerst von plastischen Holz- oder Metallarbeiten gebraucht worden, die so ungeschickt angefertigt waren, daß sie ohne die üblichen Werkzeuge zum Hauen und Stechen gemacht zu sein schienen. Am einleuchtendsten scheint jedoch die Herleitung aus der Fechtersprache zu sein. So steht in der ›Zimmerischen Chronik‹ Band 4, S. 203); »Der groß hauptman Lumplin, der gern gehawen oder gestochen het, ward wol darob verspottet und verlacht«, was sich hier zweifellos aufs Fechten bezieht.
   Älter ist die Verbindung von ›hauen‹ und ›schlagen‹, so in Brants ›Narrenschiff‹ (67,56): »Es sy gehowen oder geschlagen«. Der früheste Beleg für die Redensart im übertragenen Sinne steht wohl bei Grimmelshausen im ›Simplicissimus‹ (3. Band, S. 50): »Und damit heulete sie immer forth, also daß ich mich in ihre Rede nicht mischen noch begreifen konnte, ob es gehauen oder gestochen, gebrant oder gebort wäre«. Eine ähnliche Redensart findet sich in siebenbürgischen: ›Ich wiß net, ben ich gekocht awer gebroden‹, ich weiß nicht, woran ich bin. In Kleists ›Zerbrochenem Krug‹ (9. Auftritt) ruft der Gerichtsrat Walter dem Dorfrichter Adam zu:

   Wenn Ihr doch Eure Reden lassen wolltet.
   Geschwätz, gehauen nicht und nicht gestochen.

›Dat es gehaue wie gestoche‹, das kommt auf eins heraus, ist ganz gleich, sagt man im Rheinland.
   Ebenfalls aus der Fechtersprache übernommen ist die Redensart Einen übers Ohr hauen übervorteilen ( Ohr). Wer Pfuscharbeit leistet, Haut die Arbeit übers Ohr. Zahlreiche andere Redensarten unserer Zeit seien hier nur kurz angeführt: Sich hinhauen, in die Falle, in die Klappe hauen: sich schlafen legen. Jemanden anhauen: ihn um etwas ansprechen; vgl. französisch ›taper quelqu'un‹: einen um Geld bitten; Sein Geld auf den Kopf hauen: es restlos und verschwenderisch ausgeben; Danebenhauen: sich irren, z.B. beim Beantworten einer Examensfrage.
   »Laszt uns das Gesindel völlig in die Pfanne hauen« heißt es schon bei Kleist (›Käthchen von Heilbronn‹ 4,1), und Hans Sachs sagt:

   durch ire arglistige duck,
   vil schendlich schelmenstuck
   durch nachred in den kessel hawen.

Zu Kochstücken oder zu Kraute hauen führt das Deutsche Wörterbuch 4,2 als allgemeine Redensarten an. Der Gaunersprache entstammt In den Sack hauen: davonlaufen, die Arbeit im Stich lassen.
   Wer sich davonmacht, haut ab. Hau ab! sagt man zu einem Unerwünschten. Ein leicht Verrückter Hat einen Hau, Hau.
   Eine flüchtige Arbeit ist Zusammengehauen, und was man lieblos zusammenschreibt, ist Hingehauen.
   Sich eine ins Gesicht hauen: sich eine Zigarette anzünden. Ein beliebter Aprilscherz ist es, Haumichblau in der Apotheke holen zu lassen; Pfanne, Schlag.

• J.G. PASCHA: Verschiedene Fechtbücher (1659-66); G. HERGESELL: Die Fechtkunst im 15. und 16. Jahrhundert (Prag 1896); L. GÜNTHER: Von Wörtern und Namen (Berlin 1926), S. 33; H. HELWIG: Die deutschen Fechtbücher, in: Börsenblatt für den deutsch Buchhandel, Frankfurter Ausgabe, 55 (1966); W. HÄVERNICK: »Schläge« als Strafe (Hamburg 41970).}

Hauen. Neuruppiner Bilderbogen, um 1885. Aus: Lukas Richter: Der Berliner Gassenhauer (um 1969), Abbildung neben S. 321, Nr. 26.
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