Redensarten Lexikon
Hammer
Zwischen Hammer und Amboß: in sehr bedrängter Lage; die Redensart hat eine griechische Entsprechung schon bei Origenes (ca. 250 n. Chr.) ›metaxy toy akmonos kai ths spyras‹; in lateinischer Form wird sie von Erasmus von Rotterdam gebraucht (›inter malleum et incudem‹). Goethe gebraucht das Bild dichterisch in seinem 14. venezianischen Epigramm:
   Diesem Amboß vergleich ich das Land, den Hammer dem Herrscher,
   Und dem Volke das Blech, das in der Mitte sich krümmt.
   Wehe dem armen Blech! wenn nur willkürliche Schläge
   Ungewiß treffen und nie fertig der Kessel erscheint.

Auch mundartlich ist die Redensart geläufig, wie so viele, die vom Handwerk hergeleitet sind, z.B. niederdeutsch ›he sitt twischen (mank) Hammer un Knieptang‹, rheinisch ›de sätt ärg onger den Hammer‹; vgl. auch französisch ›être (placé) entre le marteau et l'enclume‹; italienisch ›essere tra l'ancudine e il martello‹; niederländisch ›tussen den hamer en het aanbeeld‹; dänisch ›han staaer mellem hammer og ambolten‹. Vgl. ›Zwischen Tür und Angel stehen‹, Tür.
   Hammer oder Amboß sein: entweder der Schläger oder der Geschlagene, der Bedrückte oder der Bedrücker, der Herr oder der Diener sein. Im zweiten ›Kophtischen Liede‹ Goethes heißt es:

   Du mußt steigen oder sinken,
   Du mußt herrschen und gewinnen
   Oder dienen und verlieren.
   Leiden oder triumphieren,
   Amboß oder Hammer sein.

So auch in den Mundarten, z.B. schwäbisch: ›wer net Hammer sei will, muß Amboß sei‹. Bei der Redensart ›Er will wissen, ob Hammer oder Amboß eher gwesen ist‹ handelt es sich um eine Variante der ›Huhn-Ei‹- Frage. Von einem Menschen, der viel angibt, kann man niederdeutsch sagen ›groot Hammer – lütt Ambolt‹. Sachlich kann man dazu folgendes feststellen: Das griechische Wort für Amboß ›akmon‹ hat wohl die gleiche Wortwurzel wie in Hammer, beide haben ursprünglich die Bedeutung ›Stein‹, es gab also eine Zeit, in der man Hammer und Amboß nicht unterschied.
   Etwas unter den Hammer bringen: öffentlich von Gerichts wegen versteigern; häufiger Unter den Hammer kommen: öffentlich versteigert werden, weil hierbei der ›Zuschlag‹ mit einem Hammer erteilt wird, wodurch der Verkauf erst rechtskräftig wird. Der Hammer hat zwar eine alte rechtssymbolische Bedeutung: durch Herumsenden eines (hölzernen) Hammers wurde früher die Gemeinde berufen oder das Gericht angesagt; der Wurf mit dem Hammer (häufiger freilich mit dem Beil) diente zur Grenzbestimmung; so geboten die Herren von Mainz den Rhein hinauf und hinab so weit, als sie mit einem Hammer werfen konnten, nachdem sie zuvor in den Rhein geritten waren. Es lag für frühere Erklärer dieser Redensarten nahe, den Hammer als Gerichtszeichen mythologisch mit dem Hammer des Gottes Thor (deutsch Donar) in Verbindung zu bringen, mit dem der Gott Verträge, z.B. auch den Ehevertrag, weiht. Aber daß der Hammer des Versteigerers auf den Hammer Thors zurückgeht, läßt sich durchaus nicht beweisen, zumal die Redensart ›metten hamere vercôpen‹ erst im Mittelniederländischen (Brügge) und ›mit dem hammer schlachen‹ = öffentlich verkaufen 1532 im Schweizerischen belegt ist. Älter, und zwar schon im 14. Jahrhundert bezeugt, ist die Wendung ›mit der hant dar slâhen‹ für den Abschluß eines Kaufes, aber nicht in der Form einer Versteigerung. Hammer wird schließlich auch mit dem Teufel in Verbindung gebracht: Daß dich der Hammer schlag (treff); ähnliche Verwünschungen sonst vor allem mit Blitz und Donner. Die Redensart ist auch mundartlich weit verbreitet, so z.B. niederdeutsch ›di schall de hamer!‹, schwäbisch ›daß di der Hammer verstupf!‹; vgl. niederländisch ›wat hamer‹. Auch andere Fluch- und Scheltworte werden häufig in Verbindung mit dem Donner gebraucht: ›bim Dunner Hammer‹ (schweizerisch).
   Zum Ausdruck der Verwunderung wird der Hammer oft mit ›Botz‹ verbunden. So finden wir ›Botz Hammer!‹, ›Botz Dummer Hammer‹ und euphemistisch verdeckend ›Botz Dummel Hammel‹.
   Seit dem späten Mittelalter ist die Bezeichnung des Teufels, dann auch des Todes und des Henkers, als ›Meister Hämmerlein‹ belegt. Der älteste Beleg findet sich im ›Ambraser Liederbuch‹ (Neudruck 142):

   Welchs meister hemerlein wol gefelt,
   das sich die Welt so greulich stellt.

Mecklenburgisch heißt es ›dor kümmt jenner mit'n widen Hammer‹, um den Tod zu umschreiben; dagegen schweizerisch ›er ist ein rechter Meister Hämmerli‹, er ist ein überkluger, lästig-geschäftiger Mensch. Auch für diese Bedeutung gibt es sehr frühe Belege: »Er sye nun bisher für ein doctor und für ein meister hemerli geachtet, hat doch auf den hochen schuelen nichts anderes gelernt, dann den Narristotelem« (Johannes Kesslers Sabbata, Chronik der Jahre 1523/39, hg. v. E. Götzinger [St. Gallen 1902]). »Von dannen ist in den Eidgenossen ein Sprüchwort entstanden, dass, wenn wir von einem reden, der sich Etwas unternommen, das er nicht glücklich ausgeführt und doch etwas ist und sein will, auf den aber nit Jedermann viel hat, dass man spricht: das ist Meister Hämmerli« (Schweizerisches Idiotikon).
   Eine Reihe fester Wendungen stammt aus der Handwerkersprache; sie sind jedoch meist über einen kleinen Sprachraum nicht hinausgekommen. Aus dem Vergleich ›So dumm, daß man meint, er wär mit dem Hammer gehauen‹, rheinisch ›esu domm, dat mer ment, e wär met dem Hammer gehaue‹, stammt der gebräuchlichere Ausdruck Er ist behämmert: er ist geistig nicht ganz vollwertig; vgl. französisch ›Il est complètement marteau‹ (umgangssprachlich). Daher auch die Parodierung des Bibelspruches Mt 5, 3: »Selig sind, die da geistlich arm sind« zu: ›Selig sind die Bekloppten, denn sie brauchen keinen Hammer mehr‹.
   Das ist ein Hammer: das ist großartig, es übertrifft alle Erwartungen, findet sich heute in der Umgangssprache vor allem der Jugendlichen (vgl. ›det is 'ne Wolke‹).
   Aus der Schweiz ist noch eine besondere Variante bekannt: ›so g'schwind red'n, daß me mit kei'm Hämmerli derzwüsche (schlagen) chönt‹.

• L. WEISER-AALL: Artikel ›Hammer‹, in: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens III, Spalte 1370-1376; E. MAROLD: Der Schmied im germanischen Altertum (Diss. Wien 1967), S. 127.

Unter den Hammer kommen (›behämmtert‹). Teutsche Sprichwörter, 1. Hälfte 17. Jahrhundert, Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, Kaps. 1293, H.B. 14925.
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