Redensarten Lexikon
Grobian
Ein rechter Grobian sein: ein Polterer und Rohling, dem jedes Feingefühl abgeht. Das Wort ist eine Verkürzung aus Grobianus, bekannt auch als ›hl. Grobianus‹, und bezeichnet einen Menschen, der sich wie ›Ein grober Jahn‹ benimmt. Von Luther wurde er auch ›Hans Grobianus‹ genannt. Auf diesen Ausdruck bezieht sich auch die ›Grobianische Dichtung‹, die an die Tischsitten des späten Mittelalters anschließt. Unter dem Einfluß der Vergröberung aller Lebensformen, die mit dem Niedergang der mittelalterlichen Kultur Hand in Hand ging, und mit der zunehmenden Neigung zur Satire schlug die ganze Literaturgattung ins Gegenteil um, zeitigte ironische Anweisungen zu möglichst unflätigem Benehmen, die abschreckend und erzieherisch wirken sollten, in denen sie den Unflat der Lächerlichkeit preisgaben.    Der Ausdruck ›Grobian‹ taucht wahrscheinlich zum erstenmal 1482 in Zeningers ›Vocabularius teutonicus‹ auf als Verdeutschung für ›rusticus‹. Zum Schutzheiligen unflätiger Schlemmer erhob ihn erst Sebastian Brant in der ersten Ausgabe des ›Narrenschiffs‹ (1494) am Beginn des 72. Abschnittes ›Von groben Narren‹:

   Ein nuwer heilig heisßt Grobian
   Den will jetz firen jedermann
   Und eren inn an allem ort
   Mit schäntlich wuest werck, wis und wort.

Durch Brant wird der hl. Grobianus zum Schutzherrn und Anwalt jedes unanständigen Benehmens im Wirtshaus wie in der Familie. In der Folgezeit (bis hin zu Goethe und der Sturm- und Drangzeit) ist der ›Grobian‹ aus der Literatur nicht mehr wegzudenken. Stärkster Verbreiter des Ausdrucks war K. Scheit durch seine Übersetzung von F. Dedekinds lateinischer Satire ›Grobianus‹ (1549) ins Deutsche (1551), grob.

• A. HAUFFEN – C. DIESCH: Grobianische Dichtung, in: Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte I, 605-608; H. TRÜMPY: Artikel ›Brant, Sebastian‹, in: Enzyklopädie des Märchens II, Spalte 667-672, insbesondere 671; E. MOSER-RATH: Artikel ›Grobheit‹, in: Enzyklopädie des Märchens VI, Spalte 212-219.
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