Redensarten Lexikon
Grab
Sich im Grab umdrehn, z.B. ›Er würde sich im Grabe umdrehen, wenn er das wüßte‹, das ist nicht im Sinne des Verstorbenen. Die Redensart ist seit dem 18. Jahrhundert literarisch belegt (Gellert, Lessing), dürfte aber sicher wesentlich älter sein, denn sie geht auf alte volksglaubensmäßige Vorstellungen zurück, wonach die Autorität der Vorfahren gebietet, möglichst wenig von dem zu verändern, was von den Toten geschaffen oder gebraucht wurde. In gleicher Bedeutung ist sie in der Fassung sich im Grabe umkehren schon 1716 literarisch bezeugt: »id dolorem cineri et ossibus eius inurat, wann ers wüszte, er würde sich im grab umbkehren« (J.J. Dentzler: ›Postrema auctoris cura septimum recognita‹ [Basel 1716], 320). Die heute als grotesk-komisch empfundene Wirkung der Redensart wird dadurch erzielt, daß sie von einem rationalistischen Standort aus mit der irrealen Möglichkeit der alten Vorstellung vom lebenden Leichnam rechnet; Steigerungsform: im Grab rotieren; vgl. französisch ›se retourner dans sa tombe‹.    Sich selbst das (sein) Grab graben (schaufeln): an seinem eigenen Untergang arbeiten. Vgl. auch die französische Redensart ›rouler à tombeau ouvert‹ (wörtlich: auf das offene Grab zufahren): mit einer lebensgefährlichen Geschwindigkeit fahren. Mit einem Bein im Grabe stehen; vgl. französisch ›avoir un pied dans la tombe‹, Bein, Grube.
   Schweigen wie ein Grab schweigen.

• P. GEIGER: Artikel ›Grab‹, in: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens III, Spalte 1076-1081; R. SCHENDA: Artikel ›Begräbnis‹, in: Enzyklopädie des Märchens II, Spalte 28-41; E. WIMMER: Artikel ›Grab, Grabwunder‹, in: Enzyklopädie des Märchens VI, Spalte 51-63.
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