Redensarten Lexikon
Gewalt
Das ist höhere Gewalt: das ist ein Eingriff, der auf das Walten der Natur (auf göttliche Macht) zurückgeht. Als juristischer Begriff bezeichnet ›höhere Gewalt‹ eine außerhalb des Bereichs menschlicher Voraussicht liegende Schadensursache, für die der Schuldner nicht zu haften braucht.    Mit (aller) Gewalt etwas tun (wollen): mit allen zur Verfügung stehenden Kräften (mit aller Willenskraft) etwas zu bewirken versuchen.
   Das Gewaltmonopol besitzen: das alleinige Recht zur Gewaltanwendung haben. In diesem Sinne ist die Wendung auf eine staatliche Institution gemünzt. In jemandes Gewalt stehen: ihm untertan sein (z.B. dem Staat, dem Feind usw.), oft gebraucht im Sinne von nicht aus freiem Willen handeln können. Gewaltherrschaft ausüben: von Institutionen wie auch von einzelnen Menschen gesagt, die nicht nach freiheitlichen Rechtsgrundsätzen verfahren. Jemanden in seine Gewalt bringen: ihn sich widerrechtlich untertan machen, sich seiner bemächtigen. Gewalt anwenden: mit physischer Kraft eingreifen, ›dreinschlagen‹; einer Sache Gewalt antun: sie verdrehen, verfälschen; einer Person Gewalt antun: sie vergewaltigen, sie unter Anwendung physischer Gewalt mißbrauchen, aber auch im erweiterten Sinne: sie unter Mißachtung ihrer Freiheitsrechte zu etwas zwingen. Ähnlich: mit roher Gewalt: auf brutale Weise.
   Eine spöttische Erweiterung ist: ›Mit Gewalt ist kein Bulle zu melken‹: etwas Unmögliches ist auch mit Gewalt nicht zu erreichen, einen freien Menschen kann man nicht zwingen; mehr aber noch auf Sachen bezogen: ›gewaltsam‹ läßt sich manches eher zerstören als gefügig machen, z.B. wenn man etwas mit Gewalt wieder in Ordnung bringen will, zerbricht es meist.
   Ein Gewaltmensch sein: zu körperlichen Ausfällen neigen, alles mit der Faust regeln wollen. Ähnlich: Gewalttätig werden: drauflosschlagen, handgreiflich werden. Sich in der Gewalt haben: die Selbstbeherrschung nicht verlieren. Sich Gewalt antun müssen: sich zu etwas zwingen.
   Schon in der Bibel heißt es: »Es gehet Gewalt über Recht« (Hab 1, 3); Königin Luise von Preußen (1776-1807) relativiert eine solche Aussage: »Ich glaube nicht an die Gewalt; ich glaube an die Gerechtigkeit«. Häufiger begegnet man Zitaten, die das Gegenteil ausdrücken: »Es bleibt eben immer dasselbe in der Welt: Wer die oberste Hand (die Gewalt) hat, verwendet sie selten zum Streicheln, sondern gebraucht sie lieber als Faust« (Wilh. Raabe: ›Hastenbek‹, 1899). Auch Emanuel Geibel äußert sich ähnlich (›Neue Gedichte‹, 1856):
   Nur das steht fest im ew'gen Wühlen:
   Wer die Gewalt hat, übt Gewalt,
   Und wieder: wer nicht hören will, muß fühlen.
   Im Sprichwort heißt es:
   Läßt Gewalt sich blicken,
   Geht das Recht auf Krücken.

Dagegen Goethe: »Allen Gewalten zum Trutz sich erhalten« (Gedicht ›Ein Gleiches‹, 1776), und in einem anderen sprichwörtlich gewordenen Zitat, das heute allgemein nur im spöttischen Sinne verwendet wird: »... Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt« (›Erlkönig‹, 1782), Hand.
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