Redensarten Lexikon
Gesicht
Für mißvergnügte, verdutzte, ratlose und einfältige Gesichter hat die Volkssprache eine Fülle redensartlicher Vergleiche, von denen hier nur die gebräuchlichsten aufgeführt werden können: Ein Gesicht machen wie drei (sieben, acht, vierzehn) Tage Regenwetter (und sieben Meilen Dreck): mürrisch, verdrossen dreinblicken (⇨ aussehen); auch: ein Gesicht wie halb 6 Uhr: beide Zeiger stehen unten, d.h., alles hängt runter; ähnlich ein Gesicht machen wie drei Meilen schlechter Weg; wie ein Essigkrug; wie ein Nest voller Eulen; als wenn ihm die Hühner das Brot gestohlen (weggenommen) hätten: ratlos, einfältig, trübselig; ein Gesicht wie ein Abtrittsdeckel (Lokusdeckel): ein breites Gesicht; ein Gesicht zum Reinhauen haben: ein feistes, widerliches Gesicht haben; ein Gesicht machen wie eine Gefängnistür; vgl. französisch ›aimable comme une porte de prison‹ (wörtlich: so freundlich wie eine Gefängnistür): unfreundlich; verschlossen, grimmig, abweisend blicken, wie eine verschrumpelte Kastanie; verdrießlich blicken, als ob ihm die Petersilie verhagelt sei; vielfach auch mundartlich ›He makt en Gesicht as de Bûr, den't Heu regnet hat‹ (Oldenburg); ›dear macht a G'frieß wia d'Maus in d'r Falla‹, ›wia d'r Esel voar d'r Schmidde‹ (schwäbisch). Von einem Blatternarbigen sagt man: Er hat ein Gesicht, als ob der Teufel Erbsen darauf gedroschen hätte (⇨ Erbse). Ein Gesicht haben wie das katholische Vaterunser (gemeint ist: ohne ›Kraft und Herrlichkeit‹); als ob er Saurampfer gegessen hätte: ein säuerliches Gesicht; als wenn er mit Paulus im dritten Himmel wäre: er stellt sich andächtig, spielt den Entzückten und Heiligen; er macht ein Gesicht wie der Teufel in der Christnacht, wie die Sau auf dem Pflaumenbaum: verdutzt sein. Vgl. die Zusammenstellung weiterer verwandter und ähnlicher Ausdrücke bei Wander I, Spalte 1622ff. Auch in den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm begegnen Redensarten, die sich auf das Gesicht beziehen, so z.B. ›Ein Gesicht machen wie drei Tage Regenwetter‹ (27) und ›Ein Gesicht ziehen, als wenn man Essig getrunken hätte‹ (107).
Sehr viel Erfindungsreichtum zeigen auch die mundartlichen Redensarten: ›Mancher macht a G'sicht na wie a pensionierter Aff‹ (so finster) oder ›Mancher macht e G'sicht wie e verheirat'ter Spatz‹.
Das ganze Gesicht eine Schnauze (voll Maul): Mensch mit übergroßem Mund, mit frecher Redeweise. Wenn ich dein Gesicht hätte, würde ich eine Hose drüberziehen, Redensart auf ein ausdrucksloses Gesicht (⇨ Arsch).
Auf sein Gesicht geb' ich keinen Pfennig: er flößt kein Vertrauen ein, um Kredit zu gewähren; vgl. französisch ›Je ne fais pas confiance à sa bonne mine‹ (wörtlich: Seiner freundlichen Miene traue ich nicht).
Das Gesicht ging ihm darüber aus dem Leim: die Sache wurde ihm lächerlich.
Viel Gesicht zu waschen haben: kahlköpfig sein. Er ist ihm wie aus dem Gesicht geschnitten: er ist ihm sehr ähnlich; vgl. französisch ›C'est tout à fait son portrait‹ (wörtlich: Er ist sein genaues Abbild).
Ins Gesicht fallen (springen, fassen), gleichbedeutend mit ›In die Augen (ins Auge) springen‹ (⇨ Auge), aber heute seltener.
Mit dem Gesicht in die Butter fallen: Glück haben, eine gefährliche Lage überstehen (etwa seit 1900).
Sich eine ins Gesicht stecken (berlinisch auch rammeln): sich eine Zigarre oder Zigarette anzünden (jung und umgangssprachlich).
Daß du die Nas' ins Gesicht behältst sind die Lieblingsworte des Inspektors Bräsig in Fritz Reuters ›Stromtid‹, nach Gaedertz (›Aus Fritz Reuters jungen und alten Tagen‹) eine Lieblingswendung des Pastors Johann Gottfried Dittrich Augustin (1794-1862) in Rittermannshagen.
Jemanden ins Gesicht schlagen: ihn vor den Kopf stoßen, beleidigen, grob widersprechen; z.B. ›Das schlägt allen Regeln des Anstands ins Gesicht‹. Bei Luther heißt es dafür ähnlich: ›In die Backen hauen‹.
Sein Gesicht wahren: den Schein wahren. Sein Ge-
sicht verlieren: sein Ansehen einbüßen; vgl. französisch ›perdre la face‹; in spöttischer Erweiterung: ›Jemand muß dauernd sein Gesicht festhalten, damit er es nicht verliert‹.
Sein wahres Gesicht zeigen, gleichbedeutend mit der Redensart ›Die Maske fallenlassen‹ (⇨ Larve).
Derb und beleidigend ist die Feststellung: ›Dein Gesicht auf 'ner Briefmarke, und die Post geht pleite‹.
• O.V. LAUENSTEIN: ›Das Gesicht wahren‹, in: Zeitschrift des allgemeinen deutschen Sprachvereins 24 (1909), S. 277; E. WÜLFING: ›Und noch eine Engländerei (das Gesicht wahren)‹, in: Zeitschrift des allgemeinen deutschen Sprachvereins 24 (1909), S.223, 277, 369-371; W. WIDMER: Volkstümliche Vergleiche im Französischen nach dem Typus »Rouge comme un coq« (Diss. Basel 1929): C. COLLIN: ›He has no face‹, in: Moderna Språk 24 (1930), S. 171-173; H.W. KLEIN: Die volkstümlichen sprichwörtlichen Vergleiche im Lateinischen und in den romanischen Sprachen (Diss. Tübingen, Würzburg 1936); A. TAYLOR: Proverbial Comparisons and Similes from California (= Folklore Studies 3) (Berkeley – Los Angeles 1954); P. VON MATT: ›... fertig ist das Angesicht.‹ Zur Literaturgeschichte des menschlichen Gesichts (München – Wien 1983); R. MATSUBARA: Nicht die Maske verlieren, in: dies.: Blick aus Mandelaugen (Kevelaer 1983), S. 47-49.
Sehr viel Erfindungsreichtum zeigen auch die mundartlichen Redensarten: ›Mancher macht a G'sicht na wie a pensionierter Aff‹ (so finster) oder ›Mancher macht e G'sicht wie e verheirat'ter Spatz‹.
Das ganze Gesicht eine Schnauze (voll Maul): Mensch mit übergroßem Mund, mit frecher Redeweise. Wenn ich dein Gesicht hätte, würde ich eine Hose drüberziehen, Redensart auf ein ausdrucksloses Gesicht (⇨ Arsch).
Auf sein Gesicht geb' ich keinen Pfennig: er flößt kein Vertrauen ein, um Kredit zu gewähren; vgl. französisch ›Je ne fais pas confiance à sa bonne mine‹ (wörtlich: Seiner freundlichen Miene traue ich nicht).
Das Gesicht ging ihm darüber aus dem Leim: die Sache wurde ihm lächerlich.
Viel Gesicht zu waschen haben: kahlköpfig sein. Er ist ihm wie aus dem Gesicht geschnitten: er ist ihm sehr ähnlich; vgl. französisch ›C'est tout à fait son portrait‹ (wörtlich: Er ist sein genaues Abbild).
Ins Gesicht fallen (springen, fassen), gleichbedeutend mit ›In die Augen (ins Auge) springen‹ (⇨ Auge), aber heute seltener.
Mit dem Gesicht in die Butter fallen: Glück haben, eine gefährliche Lage überstehen (etwa seit 1900).
Sich eine ins Gesicht stecken (berlinisch auch rammeln): sich eine Zigarre oder Zigarette anzünden (jung und umgangssprachlich).
Daß du die Nas' ins Gesicht behältst sind die Lieblingsworte des Inspektors Bräsig in Fritz Reuters ›Stromtid‹, nach Gaedertz (›Aus Fritz Reuters jungen und alten Tagen‹) eine Lieblingswendung des Pastors Johann Gottfried Dittrich Augustin (1794-1862) in Rittermannshagen.
Jemanden ins Gesicht schlagen: ihn vor den Kopf stoßen, beleidigen, grob widersprechen; z.B. ›Das schlägt allen Regeln des Anstands ins Gesicht‹. Bei Luther heißt es dafür ähnlich: ›In die Backen hauen‹.
Sein Gesicht wahren: den Schein wahren. Sein Ge-
sicht verlieren: sein Ansehen einbüßen; vgl. französisch ›perdre la face‹; in spöttischer Erweiterung: ›Jemand muß dauernd sein Gesicht festhalten, damit er es nicht verliert‹.
Sein wahres Gesicht zeigen, gleichbedeutend mit der Redensart ›Die Maske fallenlassen‹ (⇨ Larve).
Derb und beleidigend ist die Feststellung: ›Dein Gesicht auf 'ner Briefmarke, und die Post geht pleite‹.
• O.V. LAUENSTEIN: ›Das Gesicht wahren‹, in: Zeitschrift des allgemeinen deutschen Sprachvereins 24 (1909), S. 277; E. WÜLFING: ›Und noch eine Engländerei (das Gesicht wahren)‹, in: Zeitschrift des allgemeinen deutschen Sprachvereins 24 (1909), S.223, 277, 369-371; W. WIDMER: Volkstümliche Vergleiche im Französischen nach dem Typus »Rouge comme un coq« (Diss. Basel 1929): C. COLLIN: ›He has no face‹, in: Moderna Språk 24 (1930), S. 171-173; H.W. KLEIN: Die volkstümlichen sprichwörtlichen Vergleiche im Lateinischen und in den romanischen Sprachen (Diss. Tübingen, Würzburg 1936); A. TAYLOR: Proverbial Comparisons and Similes from California (= Folklore Studies 3) (Berkeley – Los Angeles 1954); P. VON MATT: ›... fertig ist das Angesicht.‹ Zur Literaturgeschichte des menschlichen Gesichts (München – Wien 1983); R. MATSUBARA: Nicht die Maske verlieren, in: dies.: Blick aus Mandelaugen (Kevelaer 1983), S. 47-49.