Redensarten Lexikon
Georg
Einem den Görgen singen: ihm seine Lümmelei vorhalten. 1777 schreibt Wieland an Merck: »Hätte nichts schaden mögen, wenn sie ihm auch über sein Fragment von den Poeten ... ein wenig den Görgen gesungen hätten«.    Mit dem Namen Georg bezeichnet man öfters einen groben, händelsüchtigen Menschen: dumme Jürken (holsteinisch), Görkel = Tölpel, Fasel-Görge (bei Langbein). Die Redensart, die hier eine höhnische Kritik meint, hatte ursprünglich wohl eine andere Bedeutung Den Jürgen singen meinte wohl früher: sich ritterlich herumschlagen wie St. Georg mit dem Drachen. Die Redensart erinnert an mittelalterliche Ausdrücke wie Placebo singen, Gaudeamus singen und ähnliche. In der Tat reicht sie in eine frühere Zeit zurück. In einem 1624 gedruckten Streitgedicht zwischen Landsknecht und Bauer heißt es:

   Und wart fein, bis der Monsieur Till
   Dir wider klopfet ein
   Und thut dir den Herrn Jörgen singen,
   Daß die Bleikugeln durch dich dringen!
   (v. Ditfurth: Die historisch-politischen Volkslieder des Dreißigjährigen Krieges [1822], S. 81, Strophe 4).
Diese Verse klingen in einem bald nach der Schlacht bei Breitenfeld (1631) entstandenen Dialog wieder an, in dem der kaiserliche Feldherr Tilly von seinem Verfolger, dem langen Fritz, einem Rittmeister aus dem Regimente des Rheingrafen, bedroht wird:

   Wärst nit so schnell entsprungen,
   Hätt dir den Jürgen gsungen,
   Daß dir dein Hiren schwach.
   (v. Ditfurth, a.a.O., S. 199).

Doch bleibt es unklar, warum ›Den Jürgen singen‹ eine Scheltrede und dann übertragen eine tätliche Mißhandlung bezeichnet. Wahrscheinlich liegt eine Verwechslung oder absichtliche Entstellung des im 16. Jahrhundert häufigen Ausdrucks ›einem den Judas singen‹ vor, Judas. Auf den Umzug des Grünen Georg oder das Georgsspiel, wie es heute noch in Mons bekannt ist, nimmt die Trierer Redensart ›Es geht zu wie im Georgsspiel‹ Bezug.

• J. BOLTE: Einem den Görgen singen, in: Zeitschrift für deutsche Wortforschung I (1901), S. 70-72; P. SARTORI: Artikel ›Georg‹, in: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens III, Spalte 647-657; S. BRAUNFELS-ESCHE: St. Georg. Legende, Verehrung, Symbol (München 1976); H. FISCHER: Artikel ›Georg‹, in: Enzyklopädie des Märchens V, Spalte 1030-1039.
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