Redensarten Lexikon
geben
Es einem geben: ihm gründlich die Wahrheit sagen, ihm keine Antwort schuldig bleiben; schon in Grimmelshausens ›Simplicissimus‹ (Bd. 3, S. 403): »Wol gegeben! sagte jener«. Vgl. auch unser Gut gegeben! Ironisch gebrauchte man im 18. Jahrhundert besonders in Leipzig Das gibt sich alles wie das Lateinische: nach und nach bewältigt man das Schwierige; 1746 ist aus Leipzig bezeugt: »mit denen gibt es sich von selber wie mit dem Griechischen«. Auch heute gebrauchen wir noch ohne den Zusatz Das gibt sich (alles): es wird sich einrichten, in Ordnung kommen; norddeutsch: ›Dat gfft sick!‹ meint beruhigend: Das renkt sich alles wieder ein; vgl. französisch ›Tout s'arrangera bien‹.    Was gibst du, was hast du: sehr schnell; der Ursprung dieser auch landschaftlich sehr verbreiteten Formel (z.B. schweizerisch ›was gisch, was hesch‹; rheinisch ›wat giste, wat häste‹, möglichst schnell) ist noch nicht sicher erklärt, doch ist an die Fragen eines drängenden Verkäufers zu denken, der seine Ware sogleich an den Mann bringen will; obersächsisch in gleicher Bedeutung ›(was) haste, was kannste‹, ähnlich schon 1696 bei Chr. Reuter im ›Schelmuffsky‹: »Was läufstu, was hastu?« ( haben).
   Sehr alt und verbreitet sind auch die Wendungen vom Geizigen, der nicht gerne etwas hergibt; 1541 in den ›Sprichwörtern‹ Sebastian Francks: »Er gibt gern seinem maul, wann jm hungert«, 1616 bei Georg Henisch: »er gibt gern – mit dem Mund, aber die Hände halten fest« und 1630 bei Chr. Lehmann: »er gibts mit dem Mund vnd behelts mit den Händen«. In Anlehnung an das Vaterunser sagt man im Schwäbischen ›Er ist nicht von Gib-uns-heute‹; rheinisch ›Er ist nicht von gib, aber von nimm‹. Verbreitet sind auch die Ausdrücke, in denen der Geiz mit Hilfe von fingierten Namen charakterisiert wird, im Mittelhochdeutschen schon bei Heinrich dem Teichner:

   Swâ her Gebhart kumt in d'schrangen,
   dâ her Nemhart rihter is.

In den heutigen Mundarten stehen dafür oft die Namen erfundener oder tatsächlich existierender Orte, die die Silbe Geb- enthalten, z.B. Er ist nicht von Gebenhausen (Gebendorf, Gebersdorf, Gebeningen) (allgemein oberdeutsch), Geberow (mecklenburgisch), Gebiken (schweizerisch), Gebenich (Kr. Euskirchen / Rheinland), Gabsheim (Kr. Oppenheim / Rheinhessen.), Gebweiler (Elsaß), Gibenach (bei Basel), Gebrazhofen (Kr. Leutkirch / Württemberg) usw. Ihr gebt mir ja nichts dazu dazu; gang und gäbe.
   Von einem allzu großzügigen und freigebigen Menschen heißt es dagegen: ›He gifft sülvst dat Hemd vör'n Noors noch weg‹ (niederdeutsch).
   ›Geben und Nehmen‹ umschreibt das Verhältnis der Gegenseitigkeit, den natürlichen Ausgleich in einer Partnerschaft. Dagegen meint das Bibelwort »Geben ist seliger denn nehmen« (Apg 20, 35) das großzügige Schenken im Gegensatz zu mehr oder weniger berechtigten Forderungen, deren Erfüllung den Reichen nicht glücklicher, den Armen aber noch ärmer macht. Auf der Bergpredigt (Lk 6,38) beruht der Ausspruch: »Gebet, so wird euch gegeben«.

• J. ERBEN: Geben und Nehmen. Zur Geschichte eines Modells geistig-sprachlicher Wirklichkeitserfassung, in: Jahrbuch der Akademie der Wissenschaften (Göttingen 1986), S. 59-77; weitere Literatur Gabe.
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