Redensarten Lexikon
Fuchs
Er ist darauf aus wie der Fuchs auf die Henne (aufs Geflügel), analog der Redensart ›Wie der Teufel auf die arme Seele‹ ( Teufel). Dagegen: ›Ein schlafender Fuchs fängt kein Huhn‹. Nahezu von selbst erklären sich die Redensarten, die absurdes, unüberlegtes Handeln charakterisieren: dem Fuchs die Gänse befehlen, den Fuchs über die Eier setzen (›den Habicht über Hühner‹), dem Fuchs den Hühnerstall anvertrauen; vgl. niederländisch ›Men heeft den vos de hoenders te bewaren gegeven!‹. Die ist eine Kindsmagd, wie der Fuchs ein Ganshirt, und der frißt sie, sagt man schwäbisch analog dem Sprichwort Man soll den Fuchs nit zum Hennenhüten dingen. Die Redensart erscheint schon im Eulenspiegelbuch: »Dann sol der Fuchs Gäenßhüeter sein« (LIX, 7893); rheinisch ›de Fuss en de Hohnderstall setze‹, vgl. ›Den Bock zum Gärtner machen‹ ( Bock).    Der Fuchs mit der Gans im Fang gilt als Sinnbild der Gefräßigkeit; französisch: ›avoir une faim de renard qui se guérirait en mangeant une poule‹: einen unmäßigen Appetit entwickeln, und ›le renard est pris, lâchez vos poules‹: die Gefahr ist vorüber. Dabei werden hier die natürlichen Fähigkeiten des Geflügeldiebes überschätzt. Normalerweise sind nämlich Gänse dem Fuchs überlegen und fähig, ihn in die Flucht zu schlagen. Das bekannte Kinderlied ›Fuchs, du hast die Gans gestohlen‹ nährt nur ein Vorurteil.
   Ein eigennütziger Ratgeber predigt wie der Fuchs den Gänsen, der vorgibt, ihr Wohl im Auge zu haben, in Wirklichkeit aber sie zu fressen trachtet. Vgl. französisch: ›Le renard prêche aux poules‹: der schlaue Heuchler sucht den Unerfahrenen zu überlisten; englisch: ›When the fox preacheth then beware your geese‹: wenn böse Menschen sich in das Gewand der Heiligkeit hüllen, bestehen verderbliche Absichten.
   Füchse mit Füchsen fangen: List gegen List stellen; die Redensart leitet sich von der Jagdmethode her, bei der man sich einer angeketteten läufigen Füchsin bediente, um die Füchse an und ins Netz zu locken; schon mittelhochdeutsch ist das Sprichwort bekannt:

   Swer vuhs mit vuhse vâhen sol,
   Der muoz ir stîge erkennen wol
   (Vrîdanks ›Bescheidenheit‹).

Ebenso bei Hans Sachs (ed. A.v. Keller und E. Götze XIII, 167, 18):

   Ein Sprichwort saget man vor langen
   Jaren: wenn man ein fuchß wolt fangen,
   So müß man ein für t'lucken stellen,
   Auf daß man füchß mit füchß müg fellen.
Auch in Treibjagden stellte man dem Fuchs nach, wobei man mit Stöcken den Fuchs aus dem Busche zu klopfen suchte. Die Redensart meint: etwas durch Drängen ans Licht bringen. Vom gleichen Jagdgebrauch stammt auch die sprichwörtliche Redensart ›Auf den Busch klopfen‹, um zu sehen, ob sich etwas darunter verbirgt ( Busch).
   Der Fuchs kommt zum Loche heraus sagt man, wenn versteckte Beweggründe erkennbar werden; Nun kommt der Fuchs ans Licht: die Sache wird bekannt.
   Auch in Schlingen und Netzen wurde der Fuchs gefangen. Hatte man einen schlauen Gegner überlistet, so sagte man erleichtert: Endlich ist der Fuchs in der Schlinge. Spielt man jemandem übel mit, betrügt man ihn, überlistet man einen Schlaukopf, so gebraucht man das Bild des von den übermütigen Jägern in den Fangnetzen zu Tode geschnellten Fuchses: einen (Fuchs) prellen und daraus dann: ›einen um etwas prellen‹, prellen.
   Es gab handgreifliche Gründe, warum man den lebenden Fuchs nicht aus dem Netz holte, um ihn dann totzuschlagen: der Fuchs beißt. Sein Biß galt für gefährlich und sogar für giftig. Daher die Verwünschung daß dich der Fuchs bisse. Auch die Hunde fürchten den Fuchsbiß. Man übertrug das Bild des vor dem in die Enge getriebenen Fuchs zögernden Hundes auf den angriffsunlustigen Menschen: Er will den Fuchs nicht beißen: er will die (schwierige) Sache nicht anpacken; d.h. auch, mit Schaudern und Entsetzen die Flucht ergreifen: »aber ich sehe, daß ihr alle zu Weibern geworden seid und keiner den Fuchs beißen will« (Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm 174). Dagegen steht den Fuchs beißen: tapfer angreifen, auf etwas versessen sein.
   Eine andere Möglichkeit, den Fuchs ins Netz oder in einen Hinterhalt zu locken, bestand darin, daß man ihn durch eine an einer Schnur durch sein Revier gezogene Lockspeise anköderte und dazu verleitete, in die Falle zu gehen. Man nannte das den Fuchs schleppen. Das Bild wurde zunächst in die Bergmannsprache übernommen, wo es träge, langsam arbeiten bedeutet; denn der den Fuchs schleppende Jäger mußte sich schon Zeit lassen, wollte er Erfolg haben. Auch in der Trinkersprache besteht der Ausdruck ›den Fuchs schleppen‹: »Je drei tun einen Trunk, der Vierte leert das Hinterfellige, quae forma potandi vulgo nominatur: den Fuchs schlepfen«. Der letzte muß den Fuchs schleppen erscheint als Sprichwort bei Henisch (1274, 32); englisch: ›he has caught a fox‹: er ist schwer berauscht; doch ist nicht mit Sicherheit zu ermitteln, warum das Bild in die Trinkersprache eingedrungen ist.
   Einen Fuchs machen sagt man im Bergbau, wenn ein Sprengloch so angelegt ist, daß die Ladung wirkungslos aus dem Loch fährt.
   Die Soldatensprache des Zweiten Weltkrieges verstand unter einen Fuchs machen: ein Himmelfahrtskommando wider alle Erwartung zum Erfolg führen. Aus dem 19. Jahrhundert stammt die Wendung einen Fuchs fangen in der Bedeutung: mit einem schlecht gezielten Billardball zufällig die beiden anderen treffen.
   Die äußerlichen Merkmale des Fuchses eignen sich gut für Vergleiche im menschl. Bereich. Vom Rothaarigen sagt man: rot wie ein Fuchs, Haare wie ein Fuchs. Der den Füchsen eigene penetrante Geruch erklärt Redensarten wie: stinken wie ein Nest voll Füchse; Der stinkt drei Stund gegen den Wind, wie ein Fuchs, wenn er auf die Gähwind scheißt oder der stinkt wie ein nasser Fuchs (Rhein-Hessen).
   Mecklenburgisch charakterisiert man einen, dessen Herkunft unklar ist, mit der wenig schmeichelhaften Redensart aus der gleichen Erlebnissphäre: ›Em het de Foss up dei Bült scheten und de Wind tan Dörp weiht‹.
   Auffallendes Merkmal des Fuchses ist sein unverhältnismäßig langer Schwanz, der Anlaß gibt zu Redensarten wie: Der Fuchs kann seinen Schwanz nicht bergen: Tücke und Falschheit sind zu erkennen. Vgl. französisch ›Le renard cache sa queue‹: Der Durchtriebene verbirgt seine Mittel und Zwecke. Gemessen an der ihm eigenen Raffinesse erscheint das Maß seiner Tapferkeit gering; ›avoir la queue entre les jambes‹, dazu ›fuir comme le renard devant le lion‹: angstvoll die Flucht ergreifen; du hast es besser als ein Fuchs, du darfst keinen Schwanz schleifen. Der Fuchs hat die Meile gemessen (und den Schwanz zugegeben) wird scherzhaft beim Wandern gesagt, wenn die Wegstrecke länger ist, als angegeben.
   Wer, wie der Fuchs, unter die Erde verschwunden (gestorben und begraben) ist, der ist zum Fuchse geworden (Agricola I, 510) oder ist den Füchsen zu Theil geworden, so der in der Schlacht gefallene, unbegrabene Soldat. Die erste Wendung meint: vom Bösen geholt, da die Volksmeinung im Fuchs die Inkarnation des Satans sah. Es handelt sich um zwei der unzähligen Euphemismen für das Sterben, zeitlich.
   Gerne stellt man sich den Fuchs als Urheber verschiedener Rotfärbungen vor. Haben sich die Trauben gerötet, so meint man der Fuchs hat die Trauben beleckt. In der Schweiz und in Schwaben sagt man von angebrannten Speisen: Der Fuchs ist dnibergesprungen (gelaufen). Die Klärung dieser Redensart ergibt sich aus einer in der Schweiz geläufigen Küchenregel: ›Der Fuchs mues de Schwanz dur de Räbe zogen han‹ und elsässisch ›Wenn mr Rümn (Rüben) kocht, soll der Fuchs das Wadel (Wedel = Schwanz) drümer schleife‹. Die Rüben nehmen eine rötliche Färbung an, wenn sie leicht angebrannt sind.
   Die Klugheit und List des Fuchses finden in zahlreichen Redensarten teils anerkennend, teils abwertend ihren Ausdruck: Er ist ein (kluger, listiger) Fuchs, den Fuchspelz anziehen: sich der List bedienen; das heißt einen alten (und demnach gewitzten) Fuchs gefangen: sich mit List aus der Affäre gezogen haben; er will den Fuchs betrügen.
   Er ist schlau wie ein Fuchs: d.h. hinterhältig, klug, im Verborgenen wirkend; eine Formel, die – als Intelligenzgrad – im deutschen Sprachbereich außerordentlich verbreitet ist.
   Seine echte oder vermeintliche Klugheit, die ihn als Herr jeder Situation erscheinen läßt, verschaffte dem Fuchs durch die Dichtung (Märchen, Fabel, Epos) eine in der Volksmeinung beispiellose Popularität. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß unter seiner Maske vom Mittelalter bis in die Neuzeit die beißendste Kritik an eingewurzelten sozialen und moralischen Mißständen geübt wurde.
   Im Märchen tritt er als kluger Ratgeber, bisweilen als hilfreiches, dankbares Tier auf (Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm 132). Die Gegenwart findet in dem Musterbild der List und Verschlagenheit auch positive Züge: Wenn etwa seit der Mitte der 30er Jahre die Soldatensprache den gewieften Troupier einen ›Fuchs‹ nennt (Feldmarschall Rommel wurde im 2. Weltkrieg als ›Wüstenfuchs‹ bezeichnet). Dagegen: ›Pass uuf, das isch e Fuchs‹: ein Durchtriebener oder das französische: ›c'est un fin renard‹.
   Er hat dem Fuchs gebeichtet sagt man von jemandem, der sich einen illoyalen Mitwisser schafft; vgl. französisch: ›se confesser au renard‹: sich einem Gauner anvertrauen, der aus einer ihm mitgeteilten Sache Vorteil zieht oder sie vereiteln kann.
   Fuchs und Hase werden in Redensarten öfter als Gegenpole gebraucht. Allerdings ist der durch diese Gegenüberstellung gewollte Sinn nicht immer der gleiche. Fuchs und Hase sein: listig und flink, hinten und vorn zugleich sein. »Du must Fuchs und Hase sein, weis und schwarz können« führt Sebastian Franck in seiner Sprichwortsammlung auf (II, 87a). In demselben Werk findet sich auch: »Er ist ein Fuchs und Hass« (I, 80b): er wird überall umhergehetzt. Er ist weder Fuchs noch Hase: er ist weder das eine noch das andere, er leistet oder taugt nichts; westfälisch ›nit Foss, nit Has‹. In die gleiche Gruppe von Redensarten gehören die bekannte Rätselformel s' ist kein Fuchs und s'ist kein Has und die redensartliche Frage Ist es Fuchs oder Has?: was will der Sprecher denn wirklich? Ist er harmlos oder gefährlich? (Agricola I,343).
   Zu den Widersinnigkeiten des Lebens gehört Fuchs und Hase zusammenspannen oder auch: Er will die Füchse an den Pflug spannen: das Unmögliche versuchen.
   Man trifft sich bei den Füchsen: in entlegener Gegend, seit 1970 bezeugt. Die Redensart wo Fuchs (Füchse) und Hase (Hasen) einander gute Nacht sagen: in entlegener Gegend, ist eine Spätentwicklung der Redensart wo die Füchse einander gute Nacht sagen. Im ›Simplicissimus‹ (I,1) heißt es noch: »im Spessart, allwo die Wölfe einander gute Nacht geben«. Ursprünglich wurde die Redensart also nur auf Tiere derselben Art bezogen. Der Sinn ist jedoch nach wie vor der gleiche; Hase und Fuchs meiden ebenso wie der Wolf die Nähe menschlicher Ansiedlungen.
   Einige Redensarten können auf Fabeln zurückgeführt werden. Dem Fuchs sind die Trauben zu sauer nach der bekannten Fabel Äsops (Buch IV, 1). So auch die Variation dieser Redensart: Er macht es wie der Fuchs mit den Trauben: er verschleiert eine Niederlage ( Traube); vgl. französisch ›Il fait comme le renard avec les raisins‹. Die literarische Tradition dieses Motivs reicht ungebrochen von der Antike bis ins 20. Jahrhundert. Und bei Shakespeare (›Ende gut, alles gut‹, Übersetzung L. Tieck – W. von Baudissin, II, 1) heißt es:

   Wollt Ihr nicht die schönen Trauben essen,
   Mein königlicher Fuchs? O ja, Ihr wollt;
   Wenn nur mein königlicher Fuchs die Trauben
   Erreichen könnt!

Ebenfalls auf Äsop geht die Redensart zurück: Fuchs und Kranich laden einander zu Gast: sie betrügen einander wechselseitig, Kranich.
   Auch im Zusammenhang mit dem Wetter spielt der Fuchs eine gewisse Rolle. In Schlesien sagt man beim Aufziehen eines Gewitters Der Fuchs braut. Das gleiche hört man in Holstein, wenn Schönwetter kündender Abendnebel entsteht: ›De Voss bruet‹ (oder ›badet sik‹), auch in Brandenburg scheint der sich badende Fuchs schönes Wetter verkündet zu haben. In Schwaben heißt eine Redensart Die Füchse backen Brot (oder Küchle). In der Oberpfalz ›heizt der Fuchs ein‹, im Aargau ›siedet‹ er, und in Bayern ›kocht‹ er. Der nahen Verwandtschaft zwischen Fuchs und Wolf wegen sagt man auch: Er ist ein Fuchs in Schafskleidern; lateinisch: ›Ovem in fronte, vulpem in corde gerit‹; weniger bedrohlich erscheint: Er hat einen Fuchs im Ärmel: er hat den ›Schalk im Nacken‹.
   Im allgemeinen wird der Fuchs als unverbesserlicher Sünder dargestellt, französisch: ›Il mourra en sa peau‹: er wird sich nicht bekehren, variiert: ›En sa peau mourra le renard‹. Daneben wirkt die aus dem 14. Jahrhundert stammende, heute selten angewandte Redensart ›Le renard est devenu ermite‹: er ist ein Tugendbold geworden, geradezu ironisch.
   Es ist Fuchs an Fuchs geraten: zwei ›edle‹ Seelen, die einander nichts vorzuwerfen haben, treffen feindlich aufeinander.
   Der Fuchs schleicht vom Taubenschlag: nach bösem Tun auf unerlaubtem Weg sich heimlich aus dem Staub machen.
   Einen Fuchsbalg tragen: listig und trugvoll sein, auch verkürzt ›Ein Fuchsbalg‹: ein aalglatter, hinterlistiger, heuchlerischer Mensch, politischer Einbläser und Schmeichler.
   Den Fuchsbalg auf Hasenfüßen verhandeln: statt List anzuwenden, die Flucht ergreifen.
   Da das Fell des Fuchses den eigentlichen Wert des Tieres ausmacht, so besagt das alte Rechtssprichwort ›Stirbt der Fuchs, so gilt der Balg‹: verendet ein ausgeliehenes Tier, so muß dem Eigentümer der Wert des Felles ersetzt werden, vor allem aber, bei jedem Todesfall steht die Erbschaftsregelung an erster Stelle. Paradoxerweise gab diese juristische Formulierung den Namen für ein amouröses Pfänderspiel, bei dem es auf Schnelligkeit und Gewandtheit ankam, im 18. Jahrhundert populär, von Goethe dichterisch verarbeitet.

• O. HAUSCHILD: Wo die Füchse sich gute Nacht sagen, in: MUTTERSPRACHE 45 (1938), S. 280; W.E. PEUCKERT: Artikel ›Fuchs‹, in: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens III, Spalte 174-197; L. RÖHRICH: und G. MEINEL: Redensarten aus dem Bereich der Jagd und der Vogelstellerei (Berlin 1971), S. 314; G. GROBER-GLÜCK: Motive und Motivationen in Redensarten und Meinungen (= Atlas der deutschen Volkskunde. N.F. Beiheft 3) (Marburg 1974), S. 124f.; H. SCHWARZBAUM: The Mishlé Shu'alim (Fox Fables) (Kiron 1979); E. ZIMEN: The Red Fox. Symposium on Behaviour and Ecology (DEN HAAG – BOSTON – LONDON 1980); K. RODIN: Räven predikar för Gässen (Uppsala 1983), S. 106; H.-J. UTHER: Artikel ›Fuchs‹, in: Enzyklopädie des Märchens V, Spalte 447-478; ebd. noch weitere Artikel zu einzelnen Fuchs-Erzählungen.

Der Fuchs predigt den Gänsen. Tonmodel, Landesmuseum Wiesbaden.

Der Fuchs predigt den Gänsen. Karikatur auf die Leichtgläubigkeit der Frauen, aus: ›Deutsche Reichsbremse‹, 1850. Aus: Eduard Fuchs: Die Frau in der Karikatur, München 1906, S. 23.

Fuchs und Hase. Radierung von Moritz von Schwind, um 1844.
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