Redensarten Lexikon
freuen
Sich freuen wie ein Kind: unbefangen, fröhlich, naiv und so recht von Herzen, wie es auch in der Wendung ›Sich freuen mit den Fröhlichen‹ (nach Röm 12,15) zum Ausdruck kommt.    Auch in vielen anderen sprichwörtlich gewordenen Zitaten wird diese besonders positive Form der Gemütsäußerung gepriesen. So heißt es in der zuerst 1849 in Berlin aufgeführten Oper ›Die lustigen Weiber von Windsor‹ von Otto Nicolai nach dem Text von Hermann Mosenthal (1821; 1877):

   Wie freu ich mich, wie freu ich mich,
   wie treibt mich mein Verlangen,

und in der Oper ›Zar und Zimmermann‹ von A. Lortzing finden sich die Worte:

   Es ist schon lange her
   Das freut uns um so mehr.

Einen besonders hohen Bekanntheitsgrad konnte das von Joh. Martin Usteri (1763-1827) verfaßte Gesellschaftslied ›Freut euch des Lebens‹ verbuchen, das in der Goethezeit zum ›Schlager‹ wurde. Es wurde als Mahnung zur Fröhlichkeit gesungen und später, als Stimmungsmacher und als Aufforderung, sich keine Gelegenheit zur Freude entgehen zu lassen, auch bei jeder unpassenden Gelegenheit zum Besten gegeben. Das führte zu den parodistischen Spottversen:

   Freut euch des Lebens,
   Großmutter wird mit der Sense rasiert.
   Alles vergebens,
   Sie war nicht eingeschmiert.

Aber auch zu zahlreichen anderen Parodien, wie z.B.:

   Freut euch des Lebens,
   Weil ihr noch Backfische seid,
   Das ist des Lebens allerschönste Zeit.

Im Laufe der jüngeren Geschichte wurde ›Freut euch des Lebens‹ vor allem nach politischen Umwälzungen, Revolutionen, Friedensschlüssen etc. gesungen:

   Freut euch des Sieges (Friedens),
   Weil jetzt die Waffen ruhn.

oder

   Freut euch des Lebens,
   Weil jetzt die Freiheit blüht,
   Weil jetzt die Cocarde
   Dreifarbig glüht.

Die Grundstruktur des Verses ist auch für die Werbung eingesetzt worden (z.B. ›Freut euch des Tankens ...‹), und ein zeitgenössischer Gesellschaftskritiker ermuntert sein Publikum mit den Worten:

   Freut euch des Lebens,
   eh' euch der Staat mit der Steuer rasiert.

In seiner ursprünglichen Form geriet das Lied im Laufe der Zeit fast in Vergessenheit.
   Sich freuen wie ein Schneekönig Schneekönig; sich freuen wie ein Stint Stint.
   Als Relikt früherer Anstandsregeln hat sich die Formel ›Freut mich‹ oder ›(es) hat mich gefreut‹ erhalten. Es handelt sich um eine Kurzformel, die gelegentlich noch bei der Vorstellung oder beim Abschied zu hören ist, wobei die Ergänzung ›Sie kennenzulernen‹ meist weggelassen wird.
   Geschichte geworden ist die Standardformel, mit der sich Kaiser Franz Joseph I. von Österreich stereotyp bedankte: ›Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut‹.

• W. LINDER-BÉROUD: »,Freut euch des Lebens«. Ein ›Schlager‹ der Goethezeit im Spannungsfeld zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit, in: Volksdichtung zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit, hg. v. L. Röhrich und E. Lindig (Scripta Oralia 9) (Tübingen 1989), S. 273-288.
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