Redensarten Lexikon
Feuer
Er ist gleich Feuer und Flamme sagt man von jemand, der sich schnell für etwas begeistert, dessen Leidenschaft schnell aufwallt, der im Nu Feuer fängt wie leicht entzündbarer Stoff; das so entfachte Feuer brennt zuerst lichterloh, hält aber meist nicht lange an. Literarisch belegt in Schillers ›Kabale und Liebe‹ (I, 1): »Wie du doch gleich in Feuer und Flammen stehst«.    Ursprung ist ›Feuer und Flamme‹ ein Terminus der altdeutschen Rechtssprache zur Bezeichnung der Ansässigkeit und der Führung eines eigenen Haushaltes. Die stabreimende Zwillingsformel kommt auch in der Form vor: Feuer und Flamme speien (oder spucken): äußerst aufgebracht und zornig sein, eigentlich wie ein Drache; auch französisch ›jeter feu et flamme‹.
   ›Wo Feuer ist, steigt Rauch auf‹, es bleibt nichts verborgen; vgl. französisch ›Il n'y a pas de feu sans fumée‹ (wörtlich: ›Kein Feuer ohne Rauch‹).
   Feuer und Schwefel regnen steht zum ersten Mal Gen 19, 24.
   Ähnliche Bedeutung hat die Redensart Feuer im Dach haben: erzürnt, wütend sein; eigentlich ›Leidenschaft im Kopf‹ haben, schon bei Geiler von Kaysersberg gebraucht: »wo das nit geschehe, so wer das Füer im Dach«; später z.B. im ›Judas‹ des Abraham a Sancta Clara: »Dahero kommt das Sprüchwort, so jemand gantz erzürnt, es seye schon Feuer im Tach«. Seit etwa 1900 kann man diese Wendung auch hören für: rotes Haar haben; vgl. niederdeutsch ›Hei hätt Füer upn Dacke‹ oder ›... gläunige Pannen upn Dacke‹, Fuchs.
   Für jemanden durchs Feuer gehen: ihm zuliebe die größten Gefahren auf sich nehmen; ihn verehren und bewundern; 1561 bei Maaler (135) belegt. Die Redensart braucht nicht von dem mittelalterlichen Feuerurteil (iudicium ignis) abgeleitet zu werden; viel näher liegt es, an den Brand eines Hauses zu denken. In Grimmelshausens ›Simplicissimus‹ (III, Kapitel 2) rühmt der Held seine Knechte mit den Worten: »mso waren sie mir auch dermaßen getreu, daß jeder auf den Notfall für mich durch ein Feuer gelaufen wäre«; auch französisch ›se mettre au feu pour ses amis‹ (heute nicht mehr gebräuchlich, dafür: ›traverser le feu pour quelqu'un‹) und niederländisch ›hij zou voor je door een vuur loopen‹.
   Dagegen erinnert folgende Redensart deutlich an ihre Herkunft aus einem Gottesurteil: Dafür will ich meine Hand ins Feuer legen: ich stehe für die Wahrheit der Sache ein; vgl. französisch ›en mettre sa main au feu‹.
   Zwischen zwei Feuer kommen: in doppelte Gefahr geraten, wobei man heute an die Feuer zweier feindlicher Schußlinien denkt und die Redensart gern von einem gebraucht, der zwei Gegner zu versöhnen sucht, es aber mit beiden verdirbt. Ursprünglich sind mit den zwei Feuern aber zwei Feuersbrünste gemeint. Die Wendung begegnet ähnlich im Altnordischen: ›setja i milli elda tueggja‹; vgl. hannöversch ›ut en Für tred ik herut un int andre henin‹.
   In der einen Hand Feuer und in der anderen Wasser tragen: unentschlossen, doppelzüngig sein; niederdeutsch ›He dragt in de ene Hand Für un in de andere Water‹, französisch ›Il porte le feu et l'eau‹ (heute ungebräuchlich) und niederländisch ›Hij draagt water in de eene en vuur in de andere hand‹. Die Redensart ist von Bruegel und auch sonst in der niederländischen Sprichwort-Malerei wiederholt bildlich dargestellt worden.
   Wie Feuer und Wasser sein: nicht zusammenpassen, von größter Gegensätzlichkeit sein, Wasser.
   Feuer dahinter machen, umgangssprachlich auch: Feuer unterm Hintern machen: eine Sache beschleunigen, eigentlich indem man hinter den Beteiligten ein Feuer anbrennt, damit sie sich schneller in Bewegung setzen. In Schillers ›Räubern‹ (II, 3): »Haben sie so lang gewartet, bis wir ihnen die Streu unter dem Arsch angezünd't haben«; ähnlich obersächsisch ›Feuer unter den Frack machen‹, nordostdeutsch ›Fuer ön de Socke make‹, elsässisch ›ein Für inger d'Hose mache, inger de Schwanz lege‹; vgl. französisch ›mettre le feu sous le ventre à quelqu'un‹, heute ungebräuchlich, dafür: ›mettre le feu au derriere de quelqu'un‹ (wörtlich: Feuer hinter jemandes Hintern anzünden), englisch ›to make it hot for a person‹, niederländisch ›iemand het vuur na aan de schenen leggen‹; vgl. ›einem die Hölle heiß machen‹, Hölle.
   Feuer im Hintern (Arsch) haben: es sehr eilig haben, vgl. französisch ›Il à le feu au derrière‹.
   Das Schmiedefeuer liegt vielleicht der Redensart zugrunde etwas nicht aus dem Feuer reißen können: es nicht im Nu fertigen können, weil der Schmied Geduld haben muß, bis das Eisen glüht. Das Herdfeuer ist gemeint: Das ist nicht so ans Feuer gerichtet: die Sache ist nicht so dringlich. Ein Feuer anschüren: Streit stiften; vgl. französisch ›attiser le feu‹.
   Mit dem Feuer spielen: in gewissenloser Weise mit einer ernsten Gefahr umgehen (seit dem 17. Jahrhundert); aber auch: sich kokett verhalten, ohne zu bedenken, daß der Gesprächspartner (die Partnerin) sich verlieben und aus Scherz Ernst werden könnte (Paulinchen im ›Struwwelpeter‹); vgl. französisch ›jouer avec le feu‹.
   Von selbst verstehen sich die folgenden Redensarten: etwas wie's Feuer scheuen; rheinisch ›He stocht sech de Feuer selver‹, er ist Junggeselle; mit den Beinen Feuer schlagen: X-Beine haben; Feuer auf der Zunge haben: ein loses Mundwerk führen; Feuer zum Stroh (zum Brand) legen: einer Sache den entscheidenden Anstoß geben; das Feuer mit Öl (Stroh) löschen: Unheil nur noch ärger machen (schon lateinisch ›oleum camino addere‹); Öl ins Feuer gießen Öl.
   Er würde Feuer vor meiner Tür legen: er ist zu allem fähig.
   Sein meistes Feuer ist weg: die Lebenskraft ist verbraucht, seine Leidenschaft hat sich ausgetobt, der Zorn ist gedämpft; norddeutsch ›He hätt sien Füer verpufft‹.
   Die niederdeutsche Wendung ›ken Füer noch Rok‹ meint: es ist eine schlechtbestellte Haushaltung, wo es am Lebensnotwendigsten mangelt.
   Das Feuer peitschen: etwas Unnützes tun; Kastanien aus dem Feuer holen Kastanie, Lauffeuer; ein Eisen im Feuer haben Eisen.

• G. LEHNERT u: J. HOTTENROTH: »Nach Brandbetteln gehen«, in: Mitteilungen für sächsische Volkskunde 8 (1921), S. 98-99, 115; H. FREUDENTHAL: Das Feuer im deutschen Glauben und Brauch (Berlin – Leipzig 1931); DERS.: Artikel ›Feuer‹, in: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens II, Spalte 1389-1402; L.A. HENCH: ›To come to fetch fire‹, in: Journal of American Folklore 52 (1939), S. 123-124; H. ZIMMERMANN: »›Mit Feuer gesalzen werden‹.
Eine Studie zu Mk. 9, 49«, in: Theologische Quartalsschrift 139 (1959), S. 28-39; L. SCHMIDT: Lebendiges Licht im Volksbrauch und Volksglauben Mitteleuropas, in: Volksglaube und Volksbrauch (Berlin 1966), S. 19ff.; L. RÖHRICH und G. MEINEL: Reste mittelalterlicher Gottesurteile in sprichwörtlichen Redensarten, S. 345f.; R. WOLFRAM: Die Jahresfeuer (Wien 1972); Strafjustiz in alter Zeit (Rothenburg 1980), S. 312; J. LEGOFF: Die Geburt des Fegefeuers (Stuttgart 1984); D. WARD: Artikel ›Feuer‹, in: Enzyklopädie des Märchens IV, Spalte 1066-1083.

In der einen Hand Feuer und in der anderen Wasser tragen. P.e.R., Plate CXXXII.

Mit dem Feuer spielen. Zeichnung aus dem ›Struwwelpeter‹ von Dr. Heinrich Hoffmann.
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