Redensarten Lexikon
Fersengeld
Fersengeld geben ist eine seit dem 13. Jahrhundert gebräuchliche Wendung für: fliehen, sich davonmachen, ohne zu kämpfen oder zu zahlen, mittelhochdeutsch ›versengelt geben‹. Das Substantiv Fersengeld erscheint ebenfalls zuerst im 13. Jahrhundert und stammt aus der Rechtssprache. Es bezeichnete eine bestimmte Abgabe, über deren Natur noch keine völlige Klarheit herrscht. Das Deutsches Rechtswörterbuch (Band 3, Spalte 503f.) zieht zwei Bedeutungen in Betracht: eine ›die Eigenbehörigkeit beurkundende Abgabe‹ oder eine ›Buße für rechtswidriges Verlassen des Ehegatten‹. Schon der älteste Beleg für diesen Rechtsausdruck im ›Sachsenspiegel‹ (3, 73, S. 3) nennt eine wirkliche Summe als Entschädigungsgeld für einen Wenden, den seine Ehefrau verläßt: »latet sie ok ire man, also wendisch recht is, sie muten irme herren die versne penninge geven, dat sint dri schillinge«, d.h. also, die wendischen Frauen konnten nach wendischem Rechte den Mann jeden Augenblick verlassen gegen Zahlung der ›versne penninge‹. Es ist nicht unmöglich, daß dies der Rest eines viel älteren Rechtsbrauches ist und daß das Strafgeld, das nach alemannischem Volksrecht der Schlachtflüchtige zahlen mußte (160 Solidi), zuerst den Namen Fersengeld erhielt. So ist die Entstehung der Redensart wohl in einem Volkswitz zu vermuten: Statt mit gültiger Münze zu zahlen, gab der Fliehende Fersengeld, wobei man vielleicht die schnell abwechselnd sichtbar werdenden Fersen eines Entfliehenden mit springenden Geldstücken verglich oder einfach mit ›Fersengeld‹ den Tritt auf die Ferse des Vordermanns bezeichnete. Diese witzige Bedeutungsänderung von Fersengeld war um so eher möglich, als die Ferse auch in vielen anderen Ausdrücke zur Bezeichnung der Flucht vorkommt, schon mittelhochdeutsch ›mit der vërsen gesëgenen‹, neuhochdeutsch mit den Fersen hinter sich schlagen usw. (⇨ Ferse).
Als Redensart kommt ›Fersengeld geben‹ zuerst in Ottokars ›Österreich Reimchronik‹ (ed. Perz, 76a) vor:
Die Unger gaben Versengelt
An die Marich vber Veld.
In waz ze fliehen gach (eilig).
Abraham a Sancta Clara gebraucht die Redensart in seinem ›Kramerladen‹ (I, 376). Zwar hat Mengering 1633 in seinem ›Kriegsbelial‹ die Redensart als veraltet bezeichnet, indem er sagt: »Laufen und Fersengeld geben oder das Hasenpanier aufwerfen ist altfränkisch geredt und heuer nicht mehr in communi loquendi. ›Retterade‹ heißt es heutzutage«. Aber trotzdem ist sie bis heute keineswegs ausgestorben und auch in den Mundarten lebendig geblieben, allerdings in erweiterter Bedeutung, d.h. nicht mehr ausschließlich auf die Sphäre des Krieges beschränkt. Überhaupt ist der logische Anwendungsbereich der Redensart in der Gegenwart vielen Sprechern und Schreibern offenbar nicht mehr ganz scharf bewußt. So war vor kurzem in dem Bericht eines Verlegers über die Buchproduktion von jungen Autoren die Rede, »die sich mit ersten kleinen Proben ihr Fersengeld verdienen müssen«. Wahrscheinlich ist dem Berichterstatter dabei eine unbewußte Verwechslung von ›Fersen‹ und ›Versen‹ unterlaufen. Falsch ist ›Fersengeld verdienen‹ allemal.
Witziger ist das Wortspiel in dem Ausspruch, der 1948 anläßlich der Währungsreform und der Entnazifizierung einem ins Stammbuch geschrieben wurde: »Wer keine Kopfquote bekommt, muß Fersengeld geben«.
Fersengeld geben ist eine seit dem 13. Jahrhundert gebräuchliche Wendung für: fliehen, sich davonmachen, ohne zu kämpfen oder zu zahlen, mittelhochdeutsch ›versengelt geben‹. Das Substantiv Fersengeld erscheint ebenfalls zuerst im 13. Jahrhundert und stammt aus der Rechtssprache. Es bezeichnete eine bestimmte Abgabe, über deren Natur noch keine völlige Klarheit herrscht. Das Deutsches Rechtswörterbuch (Band 3, Spalte 503f.) zieht zwei Bedeutungen in Betracht: eine ›die Eigenbehörigkeit beurkundende Abgabe‹ oder eine ›Buße für rechtswidriges Verlassen des Ehegatten‹. Schon der älteste Beleg für diesen Rechtsausdruck im ›Sachsenspiegel‹ (3, 73, S. 3) nennt eine wirkliche Summe als Entschädigungsgeld für einen Wenden, den seine Ehefrau verläßt: »latet sie ok ire man, also wendisch recht is, sie muten irme herren die versne penninge geven, dat sint dri schillinge«, d.h. also, die wendischen Frauen konnten nach wendischem Rechte den Mann jeden Augenblick verlassen gegen Zahlung der ›versne penninge‹. Es ist nicht unmöglich, daß dies der Rest eines viel älteren Rechtsbrauches ist und daß das Strafgeld, das nach alemannischem Volksrecht der Schlachtflüchtige zahlen mußte (160 Solidi), zuerst den Namen Fersengeld erhielt. So ist die Entstehung der Redensart wohl in einem Volkswitz zu vermuten: Statt mit gültiger Münze zu zahlen, gab der Fliehende Fersengeld, wobei man vielleicht die schnell abwechselnd sichtbar werdenden Fersen eines Entfliehenden mit springenden Geldstücken verglich oder einfach mit ›Fersengeld‹ den Tritt auf die Ferse des Vordermanns bezeichnete. Diese witzige Bedeutungsänderung von Fersengeld war um so eher möglich, als die Ferse auch in vielen anderen Ausdrücke zur Bezeichnung der Flucht vorkommt, schon mittelhochdeutsch ›mit der vërsen gesëgenen‹, neuhochdeutsch mit den Fersen hinter sich schlagen usw. (⇨ Ferse).
Als Redensart kommt ›Fersengeld geben‹ zuerst in Ottokars ›Österreich Reimchronik‹ (ed. Perz, 76a) vor:
Die Unger gaben Versengelt
An die Marich vber Veld.
In waz ze fliehen gach (eilig).
Abraham a Sancta Clara gebraucht die Redensart in seinem ›Kramerladen‹ (I, 376). Zwar hat Mengering 1633 in seinem ›Kriegsbelial‹ die Redensart als veraltet bezeichnet, indem er sagt: »Laufen und Fersengeld geben oder das Hasenpanier aufwerfen ist altfränkisch geredt und heuer nicht mehr in communi loquendi. ›Retterade‹ heißt es heutzutage«. Aber trotzdem ist sie bis heute keineswegs ausgestorben und auch in den Mundarten lebendig geblieben, allerdings in erweiterter Bedeutung, d.h. nicht mehr ausschließlich auf die Sphäre des Krieges beschränkt. Überhaupt ist der logische Anwendungsbereich der Redensart in der Gegenwart vielen Sprechern und Schreibern offenbar nicht mehr ganz scharf bewußt. So war vor kurzem in dem Bericht eines Verlegers über die Buchproduktion von jungen Autoren die Rede, »die sich mit ersten kleinen Proben ihr Fersengeld verdienen müssen«. Wahrscheinlich ist dem Berichterstatter dabei eine unbewußte Verwechslung von ›Fersen‹ und ›Versen‹ unterlaufen. Falsch ist ›Fersengeld verdienen‹ allemal.
Witziger ist das Wortspiel in dem Ausspruch, der 1948 anläßlich der Währungsreform und der Entnazifizierung einem ins Stammbuch geschrieben wurde: »Wer keine Kopfquote bekommt, muß Fersengeld geben«.