Redensarten Lexikon
essen
Übertrieben vieles Essen wird im Volksmund durch zahlreiche sprichwörtliche Vergleiche getadelt: Er ißt für sieben; vgl. französisch ›Il mange comme quatre‹ (für vier); Er ißt, als ob das Essen morgen verboten würde; als ob es morgen nichts mehrgäbe, als hätte er 14 Tage nichts mehr zu essen gehabt; er ißt, als ob er Geld dafür bekäme; essen wie ein Schmied, ein Drescher, ein Scheunendrescher; holsteinisch ›He itt, as wenn he hangt warrn schall‹ erinnert an die ⇨ Henkersmahlzeit. Sie muß für zwei essen: sie ist schwanger.
So gebraucht es auch Goethe im ›Faust‹ I, wenn Lieschen von Bärbelchen in der Szene am Brunnen sagt: »sie füttert zwei, wenn sie nun ißt und trinkt«.
Mehr verstehen als Brot essen: sich auf allen Gebieten – insbesondere auch auf dem der Magie auskennen; Äpfel nicht essen mögen: zur Liebe keine Zeit oder Lust haben, ⇨ fressen. Aus der Faust (Hand) essen: ohne Eßbesteck. Im Stehen (im Gehen) essen: in großer Eile.
Viele Redensarten und vor allem Sprichwörter beziehen sich auf die Relation von ›Essen und Arbeiten‹: ›Wie das Essen, so die Arbeit‹; ›Wie die Verpflegung, so die Bewegung‹; ›Wie die Backen, so die Hacken‹; schwäbisch: ›Wie mr ißt, so schafft mr au‹.
Schon im N.T. heißt es: »So jemand will nicht arbeiten, der soll auch nicht essen« (2 Thess 3,10; vgl. auch Gen 3,19). Scherzhaft heißt es dagegen: ›Wer nicht arbeitet, soll wenigstens gut essen‹.
Im Ammerland sagt man: ›Wer mit äten will, de mutt ok mit döschen‹ (Wer mit essen will, muß auch mit dreschen), aber auch: ›Wo dat wat to äten gifft, dor sett die dal, wor aber middags Geld tellt wart, dor bliew weg!‹
Es gibt in allen Sprachen eine große Zahl von Sprichwörtern, die auf Speise und Gesundheitsregeln beim Essen (und Trinken) anspielen, wie z.B. ›Frühstücke wie ein König, iß mittags wie ein Edelmann, am Abend wie ein Bettler‹.
Willst du lang leben und gesund,
So iß wie die Katz und trink wie der Hund.
›Fresser werden nicht geboren, sondern erzogen‹; ›Nicht alle Fresser sind dick, aber alle Dicken sind Fresser‹; ›Selber essen macht fett‹; ›Voller Bauch studiert nicht gern‹; ›Lieber zu viel gegessen als zu wenig getrunken‹; ›Was der Bauer nicht kennt, das frißt er nicht‹.
Neben den Aufforderungen, Maß zu halten, gibt es auch sprichwörtliche Ermunterungen, kräftig zuzulangen: ›Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen‹; ›Erhält das Leben, und der Faule ernährt sich ganz davon‹.
Iß und trink, solang dir's schmeckt,
Schon zweimal ist uns's Geld verreckt!
Eine moderne Prägung (mit Hinweis auf die Inflation 1922/23 und die Währungsreform 1948), die jedoch ihre biblische Vorlage hat, denn schon Jes 22,13 heißt es: »Lasset uns essen und trinken, denn morgen sind wir tot«.
Schließlich gibt es eine Reihe von einleuchtenden Verhaltensregeln vernünftiger Ernährungsweise, die freilich auch als Trostsprüche bei Armut oder Nahrungsmangel gelten können: ›Trocken Brot macht Wangen rot‹ (mit dem ironisch-kritischen Zusatz: ›aber Butterbröter noch viel röter‹), oder auch: ›Hunger ist der beste Koch‹; ›Quark macht stark‹.
›Die Augen essen mit‹ begründet die Ästhetik eines schön gedeckten Tisches und liebevoll angerichteter Speisen.
Post cenam stabis
Aut passus milia meabis.
Nach dem Essen sollst du ruhn,
Oder tausend Schritte tun.
Manche Sprichwörter dienen der Sozialisierung von Kindern zur Einübung von Tischsitten:
Gemüs' und Fleisch bekommt nur der,
der seine Suppe aß vorher.
So steht es manchmal auf dem Boden von Kindergeschirr. Auch Mahlzeiten sind Systeme erzieherischen Handelns.
Die neuere Wendung Essen auf Rädern bezieht sich auf eine soziale Einrichtung, die Kranken und Alten ein warmes Essen ins Haus liefert.
Das Eßbesteck fallen lassen: aufhören zu essen, euphemistisch für ›sterben‹, ⇨ zeitlich.
• F. ECKSTEIN: Artikel ›Essen‹, in: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens II, Spalte 1022-1059; G. GROBER-GLÜCK: Motive u. Motivationen in Redensarten und Meinungen (Marburg 1974), Band I, S. 167ff, S. 181ff.; J.R. KLIMA: Artikel ›Essen: Wie das Essen, so die Arbeit‹, in: Enzyklopädie des Märchens IV, Spalte 471-475; E. MOSER-RATH: Artikel ›Das gleiche Essen‹, in: Enzyklopädie des Märchens IV, Spalte 469-471; DIES.: Artikel ›Essen: Gutes Essen ändert den Gesang‹, in: Enzyklopädie des Märchens IV, Spalte 476-478; H.J. TEUTEBERG und G. WIEGELMANN: Unsere tägliche Kost (Münster 1986); ST. MENNELL: Die Kultivierung des Appetits. Geschichte des Essens vom Mittelalter bis heute (Frankfurt/M. 1988); U. TOLKSDORF: Nahrungsforschung, in: R.W. Brednich (Hrsg.): Grundriß der Volkskunde (Berlin 1988), S. 171-184.
So gebraucht es auch Goethe im ›Faust‹ I, wenn Lieschen von Bärbelchen in der Szene am Brunnen sagt: »sie füttert zwei, wenn sie nun ißt und trinkt«.
Mehr verstehen als Brot essen: sich auf allen Gebieten – insbesondere auch auf dem der Magie auskennen; Äpfel nicht essen mögen: zur Liebe keine Zeit oder Lust haben, ⇨ fressen. Aus der Faust (Hand) essen: ohne Eßbesteck. Im Stehen (im Gehen) essen: in großer Eile.
Viele Redensarten und vor allem Sprichwörter beziehen sich auf die Relation von ›Essen und Arbeiten‹: ›Wie das Essen, so die Arbeit‹; ›Wie die Verpflegung, so die Bewegung‹; ›Wie die Backen, so die Hacken‹; schwäbisch: ›Wie mr ißt, so schafft mr au‹.
Schon im N.T. heißt es: »So jemand will nicht arbeiten, der soll auch nicht essen« (2 Thess 3,10; vgl. auch Gen 3,19). Scherzhaft heißt es dagegen: ›Wer nicht arbeitet, soll wenigstens gut essen‹.
Im Ammerland sagt man: ›Wer mit äten will, de mutt ok mit döschen‹ (Wer mit essen will, muß auch mit dreschen), aber auch: ›Wo dat wat to äten gifft, dor sett die dal, wor aber middags Geld tellt wart, dor bliew weg!‹
Es gibt in allen Sprachen eine große Zahl von Sprichwörtern, die auf Speise und Gesundheitsregeln beim Essen (und Trinken) anspielen, wie z.B. ›Frühstücke wie ein König, iß mittags wie ein Edelmann, am Abend wie ein Bettler‹.
Willst du lang leben und gesund,
So iß wie die Katz und trink wie der Hund.
›Fresser werden nicht geboren, sondern erzogen‹; ›Nicht alle Fresser sind dick, aber alle Dicken sind Fresser‹; ›Selber essen macht fett‹; ›Voller Bauch studiert nicht gern‹; ›Lieber zu viel gegessen als zu wenig getrunken‹; ›Was der Bauer nicht kennt, das frißt er nicht‹.
Neben den Aufforderungen, Maß zu halten, gibt es auch sprichwörtliche Ermunterungen, kräftig zuzulangen: ›Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen‹; ›Erhält das Leben, und der Faule ernährt sich ganz davon‹.
Iß und trink, solang dir's schmeckt,
Schon zweimal ist uns's Geld verreckt!
Eine moderne Prägung (mit Hinweis auf die Inflation 1922/23 und die Währungsreform 1948), die jedoch ihre biblische Vorlage hat, denn schon Jes 22,13 heißt es: »Lasset uns essen und trinken, denn morgen sind wir tot«.
Schließlich gibt es eine Reihe von einleuchtenden Verhaltensregeln vernünftiger Ernährungsweise, die freilich auch als Trostsprüche bei Armut oder Nahrungsmangel gelten können: ›Trocken Brot macht Wangen rot‹ (mit dem ironisch-kritischen Zusatz: ›aber Butterbröter noch viel röter‹), oder auch: ›Hunger ist der beste Koch‹; ›Quark macht stark‹.
›Die Augen essen mit‹ begründet die Ästhetik eines schön gedeckten Tisches und liebevoll angerichteter Speisen.
Post cenam stabis
Aut passus milia meabis.
Nach dem Essen sollst du ruhn,
Oder tausend Schritte tun.
Manche Sprichwörter dienen der Sozialisierung von Kindern zur Einübung von Tischsitten:
Gemüs' und Fleisch bekommt nur der,
der seine Suppe aß vorher.
So steht es manchmal auf dem Boden von Kindergeschirr. Auch Mahlzeiten sind Systeme erzieherischen Handelns.
Die neuere Wendung Essen auf Rädern bezieht sich auf eine soziale Einrichtung, die Kranken und Alten ein warmes Essen ins Haus liefert.
Das Eßbesteck fallen lassen: aufhören zu essen, euphemistisch für ›sterben‹, ⇨ zeitlich.
• F. ECKSTEIN: Artikel ›Essen‹, in: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens II, Spalte 1022-1059; G. GROBER-GLÜCK: Motive u. Motivationen in Redensarten und Meinungen (Marburg 1974), Band I, S. 167ff, S. 181ff.; J.R. KLIMA: Artikel ›Essen: Wie das Essen, so die Arbeit‹, in: Enzyklopädie des Märchens IV, Spalte 471-475; E. MOSER-RATH: Artikel ›Das gleiche Essen‹, in: Enzyklopädie des Märchens IV, Spalte 469-471; DIES.: Artikel ›Essen: Gutes Essen ändert den Gesang‹, in: Enzyklopädie des Märchens IV, Spalte 476-478; H.J. TEUTEBERG und G. WIEGELMANN: Unsere tägliche Kost (Münster 1986); ST. MENNELL: Die Kultivierung des Appetits. Geschichte des Essens vom Mittelalter bis heute (Frankfurt/M. 1988); U. TOLKSDORF: Nahrungsforschung, in: R.W. Brednich (Hrsg.): Grundriß der Volkskunde (Berlin 1988), S. 171-184.