Redensarten Lexikon
Elefant
Sich benehmen wie ein Elefant im Porzellanladen: plump und ungeschickt auftreten (französisch ›se conduire comme un éléphant dans un magasin de porcelaine‹; englisch ›like a bull in a china shop‹; eine Redensart, die sich aufgrund der angedeuteten Situation leicht in eine Erzählung umwandeln läßt, ohne notwendig auf eine solche zurückgehen zu müssen.    Aristoteles, Plinius, Aelianus und Solinus schildern den Elefanten als fürsorglich und ausgesprochen behutsam. Nur wenn er durch Feinde bedroht oder kampfeslustig gemacht wird, geht er zum Angriff über und zertrampelt alles, was unter seine Füße gerät. Sprichwörtlich ist seine Angst vor einer kleinen Maus, die vor allem seine Duldsamkeit und Milde gegenüber schwächeren Lebewesen illustriert.
   Diese Eigenschaften kommen in vielen Sprichwörtern zum Ausdruck: ›Ein Elefant fängt keine Mäuse‹ oder: ›Ein Elefant fleucht keine Maus‹: er gibt sich nicht mit nichtigen Dingen ab. Ähnlich Bedeutung hat das Sprichwort ›Ein Elefant macht keine Mücken tot‹.
   Daher bedeutet: Ein Gemüt haben wie ein Elefant: gutmütig, unerschütterlich sein, Geduld mit den Mitmenschen haben.
   Beliebt sind auch die Wendungen, die das ›große Tier‹ herausstellen, um die menschlichen Eigenschaften und Verhaltensweisen daran zu messen. ›Wer Elefanten beherbergen will, muß große Türen haben‹: wer mit Großen Umgang pflegen will, muß selbst groß sein. Das Sprichwort, ›Der Elefant ist ein großes Tier, aber er läßt die schwächeren neben sich gehen‹ wird vor allem dann gebraucht, wenn jemand seine Überlegenheit nicht ausspielt. Auch könnte damit die Beschützerfunktion angesprochen sein, denn der Elefant gilt wegen seiner Fürsorge und absoluten Treue als überragende Vaterfigur.
   Ein Gedächtnis haben wie ein Elefant besagt, daß jemand sich an unglaublich viele Dinge erinnern kann und nichts vergißt. Beim Elefanten ist alles langfristig angelegt. Er hat nicht nur eine außergewöhnlich lange Lebensdauer, sondern es dauert bei ihm auch sehr lange, bis es zur Geburt eines Jungen kommt, die erst nach zweijähriger Tragzeit der Elefantenkuh erfolgt. Langwierige Projekte werden deshalb oft eine Elefantengeburt genannt. Auch gibt es eine ältere Redensart: Es gebären eher die Elefanten, die dann gebraucht wird, wenn das Unabsehbare einer langwierigen Sache zum Ausdruck gebracht werden soll.
   Von Elefanten schwanger sein und Fliegen gebären: sich mit großen Dingen tragen, deren Erfolg äußerst gering ist. Vgl. niederländisch ›Hij gast van een' olifant zwanger, en brengt eene vlieg voort‹. Dem Sinn nach ist diese Redensart verwandt mit der bis auf die Antike zurückgehenden Wendung ›Der Berg hat ein Mäuslein geboren‹ ( Berg). Außerdem soll sich der Name des Elefanten von griechisch ›eliphio‹ = Berg herleiten. Die Redensart geht schon in die Nähe der heutigen Elefantenwitze, in denen der Elefant in oft paradoxer Weise als Prototyp für überdimensionale Kraft und als Vaterfigur dargestellt wird.
   Den Elefanten spielen: sich wie ein Kraftprotz gebärden, sich groß aufspielen.
   Aus einer Mücke einen Elefanten machen Mücke.
   Eine Elefantenhaut haben: dickfellig sein, ein Übermaß an Gelassenheit zeigen, nicht zu rühren und zu verwunden, unzugänglich, auch teilnahmslos und herzlos sein, Haut.
   Der Elefant (umgangssprachlich auch ›Jumbo‹ genannt) dient in neuen Wortverbindungen oft zur Veranschaulichung der Größe und Wichtigkeit hoher Funktionäre in Politik und Wirtschaft: Eine Elefantenrunde einberufen ist eine Wendung, die die Bedeutung einer Versammlung oder einer Angelegenheit betont, zu der viele große Kapazitäten eingeladen werden (im Gegensatz zum ›kleinen Gremium‹). Ähnlich verhält es sich mit der Wendung Eine Elefantenhochzeit feiern. Sie wird dann verwendet, wenn zwei große Konzerne fusionieren.
   Mit dem rosaroten Elefanten reisen ist eine neuere Redensart aufgrund einer Eisenbahnwerbung und bedeutet: zum billigsten Bahntarif für Langstrecken reisen. Das Bild des rosaroten Elefanten steht für das Besondere, Herausragende. Schon im Mittelalter gab es Illustrationen, in denen der Elefant in roter Farbe dargestellt wurde. Bekannt ist auch eine Darstellung vom elefantenköpfigen Hindu-Gott Ganesh, dessen Ritualfarbe rot ist. Sie stammt von einem Maler aus Kalkutta, der diesen von den Indern am meisten verehrten Gott in rosaroter Farbe auf einer Maus tanzend festgehalten hat.

• O. KELLER. Die antike Tierwelt 1 (Leipzig 1909), S. 372-382; G.C. DRUCE: The Elephant in Medieval Legend, in: The Archeological Journal 76 (1919), S. 1-73; A. TAYLOR: ›Pink elephants‹, in: JAF 65 (1952), S. 259 und 67 (1954), S. 238; M.E. BARRICK: ›To see the elephant‹, in: American Notes & Queries 5 (1966-67), S. 120; J. REA: ›Seeing the elephant‹, in: Western Folklore 28 (1969), S. 21-26; H. BRIX: Da lachen selbst die Elefanten (München 1971); R.D. ABRAHAMS UND A. DUNDES: On Elephantasy and Elephanticide, in: A. DUNDES: Analytic Essays in Folklore (1975), S. 192-205; V.B. DRÖSCHER: Mich laust der Affe (Düsseldorf 1981), S. 7ff.; R. SCHENDA: Artikel ›Elefant‹, in: Enzyklopädie des Märchens III, Spalte 1302-1311; ST. OETTERMANN: Die Schaulust am Elephanten. Eine Elephantographia curiosa (Frankfurt/M. 1982); J. BECKER: Von Ganesha und Babar, von Jacob Grimm und Theodor W. Adorno. Prolegomena zu einer Imagologie des Elefanten in Fabel und Märchen, in alten und neuen Mythen. Zeitschrift für Kulturaustausch 37.4 (1987).
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