Redensarten Lexikon
Eichhörnchen
Das Eichhörnchen oder Eichkätzchen (Sciurus vulgaris), das schon Plinius sorgfältig beschrieb und das Brehm als »eine der Hauptzierden unserer Wälder« bezeichnete, erscheint im ›Parzival‹ (1200/10) des Wolfram von Eschenbach (651,13): »wil er wenken (weichen) als ein eichorn« in Anspielung auf seine scheue Natur, wie auch bei Goethe entsprechend: »sie ist ja so scheu wie ein Eichhorn«. Der Marner (gestorben um 1270) gebraucht eine Wendung, die offensichtlich als redensartliche Bezeichnung für die verkehrte ⇨ Welt diente: »und swa den bern ein eichorn jaget«. Die Schnelligkeit und Lebhaftigkeit des Eichhörnchens spielt in verschiedenen redensartlichen Wendungen eine Rolle: Flink wie ein Eichhörnchen, vgl. niederländisch ›hij is zoo vlug als een eekhoorntje‹, daher auch z.B. in der Gegend von Leipzig: ›Der Pflug ging wie en Eckerchen‹, so leicht und schnell. Ähnlich munter wie ein Eichhörnchen; vgl. französisch ›vif (agile) comme un écureuil‹. Norddeutsch ›de Jung klattert wie e Ekatte‹: so behende und sicher und ›he rennt as n Echkat‹. Im Saarland sagt man auch noch: ›gesond wie en Eichert‹. In der Kinderliteratur des 19. Jahrhunderts wurde das Eichhörnchen zum Symbol für lustiges, unbeschwertes Leben. So bei Friedrich Güll (1812-79):
Eichhörnchen, Eichhörnchen im grünen Wald,
Was führst du für ein lustiges Leben!
oder in Hoffmann von Fallerslebens Kinderlied ›Eichhörnchen‹:
Heißa, wer tanzt mit mir?
Lustig und munter!
Eine viel nüchternere Sicht zeigt sich in der Redensart Mühsam (er)nährt sich das Eichhörnchen, das man z.B. beim Skatspiel hören kann, wenn einem nur kleine Stiche gelingen, oft auch mit witzigen Zusätzen, wie: ›Hüpfend von Ast zu Ast‹ oder ›Klein, schmächtig und blutarm, aber trinkfest und arbeitsscheu‹. Besonders letzteres trifft jedoch nicht zu, denn das Eichhörnchen, das sich je nach Jahreszeit zum Teil von Tannen-, Kiefern- und Fichtensamen ernährt, muß nicht nur zu den Zapfen hinaufklettern, sondern diese auch Schuppe für Schuppe abhaspeln, um an die versteckten winzigen Kerne heranzukommen. Um damit einigermaßen satt zu werden, muß es den ganzen Tag klettern und nagen, so daß man im Saarland von einem fleißigen Menschen auch sagt: ›dat es e Kerl wie en Eicherling‹.
Wahlweise zu der Wendung Mühsam baut sich das Eichhörnchen sein Nest wird die Redensart neuerdings auch verwendet, wenn eine Sache nur mühevoll und langsam vorangeht, wenn auch bei besonderem Fleiß und Arbeitsaufwand nur geringe Wirkung erzielt werden kann. Das Eichhörnchen sammelt im Herbst Wintervorräte in Form von Nüssen, Eicheln und Tannenzapfen, die es zum Teil in der Erde vergräbt. Danach wurde Ende der 60er Jahre ein vorsorgliches Vorratshaltungsprogramm der Regierung für Krisenfälle ›Aktion Eichhörnchen‹ benannt (»Eichhörnchenvorrat«). Als dann aber die Ölkrise kam, wurde jedoch nicht ›Geeichhornt‹, sondern ›Gehamstert‹.
Der hat Ohren wie ein Eichhörnchen: er hört sehr gut (vgl. ⇨ Luchs), aber auch: er hört aufmerksam zu, paßt auf.
Er hat ein Eichhörnchen geschnupft: er hat einen buschig abstehenden Schnauzbart. ›Ruden Eichert‹ sagt man im Saarland zu einem rothaarigen Menschen. Früher hat man die jungen Förster im Berufsspott auch ›Eichhörnchen‹ oder ›Eichkater‹ genannt.
Er hat' s im Mund wie das Eichhörnchen im Schwanz bezeichnet einen Menschen mit ›buschigen‹ Worten, der alles ›aufbauscht‹, einen Schwätzer und Prahler. Schon bei Henisch (1616) belegt: »Groß sprecher habens in worte wie das eichorn im schwanz«. Das Bild vom buschigen Schwanz des Eichhörnchens hat besonders im norddeutschen Sprachraum großen Anklang gefunden: holsteinisch ›he hett dat in't Muul as dat Ekerken in Stert‹ und norddeutsch ›der hat's an Worten, wie der Eichkater an Schwanz‹. Dagegen bedeutet plattdeutsch ›he röhrt de Snater (Mund) as de Katteker de Steert‹: er ist sehr mundfertig und ›he hett dat in Kopp as de Katteker in Stert‹: er ist sehr schlagfertig, er hat es faustdick hinter den Ohren. Bairisch ›warum schaust denn a so wia a Achkatzl, was net niast'n (niesen) kan‹: überrascht, verwundert dreinschauen. Rheinisch ›de kuckt drun (drein) we en Eichert aus em hohle Baum‹: ganz verschlafen.
Der Teufel ist ein Eichhörnchen! wird als Warnung vor bösen Überraschungen bei harmlos aussehenden Situationen gebraucht. Wegen seiner roten Farbe und wegen seiner blitzschnellen Gewandtheit wurde das Eichhörnchen zum Symbol des Teufels. Auch im Volksglauben verwandelt sich der Teufel gern in die Tiergestalt des Eichhörnchens, um dem Menschen zu schaden, so z.B. um einen Wilddieb unterwegs aufzuhalten, damit er die Sonntagsmesse versäumt. Vielleicht rührt daher auch die schweizerische Beteuerungsformel ›bim Eicherli!‹. Andererseits verspottet man in Schlesien einen abergläubischen Menschen, indem man sagt, ›der denkt auch, der Teufel ist ein Eichhörndel‹. In Frankfurt sagt man von einem Leichtgläubigen, Naiven: ›Der leßt sich weismache, der Deiwel weer e Aachhernche‹. Ähnlich obersächsisch ›Du machst mer weis, der Teifel is e Eechhernche‹, du willst mir etwas weismachen; oberdeutsch sagt man ähnlich: Der Teufel ist Eichhorn! wenn etwas überraschend glatt und schnell geht, ⇨ Teufel.
Wegen seiner Possierlichkeit ist ›Eichhörnchen‹ auch als Kosename beliebt, so in Hessen: ›mein Aichhörnche‹ und ›du Eychhörnche‹. Literarisch auch: ›Verliebt wie ein Eichhörnchen‹. In Frankfurt heißt es dagegen von einer äußerlich unordentlichen, zerzausten Person oder wenn jemand einen übernächtigten Eindruck macht: ›sieht aus, wie e gevöchelt Eichhörnche!‹ In dieselbe Richtung zielt auch das niederdeutsche Sagwort: ›Dat geit gedrang, seggt de Foß (Fuchs), on huckt op e Eckatz‹.
• O. KELLER: Die antike Tierwelt, Band 1 (Leipzig 1909), S. 181-183; L. HEROLD: Artikel ›Eichhörnchen‹, in: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens II, Spalte 655-659; C. MENGIS: Artikel ›rot‹, in: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens VII, Spalte 792-834; R. BIEGLER: Artikel ›Tiergestalt‹ (Teufel), in: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens VIII, Spalte 834-835; V.B. DRÖSCHER: Mich laust der Affe (Düsseldorf – Wien o.J. [1981]), S. 105-108; E. MOSER-RATH: Artikel ›Eichhörnchenfang‹, in: Enzyklopädie des Märchens III, Spalte 1124-1125.
Eichhörnchen, Eichhörnchen im grünen Wald,
Was führst du für ein lustiges Leben!
oder in Hoffmann von Fallerslebens Kinderlied ›Eichhörnchen‹:
Heißa, wer tanzt mit mir?
Lustig und munter!
Eine viel nüchternere Sicht zeigt sich in der Redensart Mühsam (er)nährt sich das Eichhörnchen, das man z.B. beim Skatspiel hören kann, wenn einem nur kleine Stiche gelingen, oft auch mit witzigen Zusätzen, wie: ›Hüpfend von Ast zu Ast‹ oder ›Klein, schmächtig und blutarm, aber trinkfest und arbeitsscheu‹. Besonders letzteres trifft jedoch nicht zu, denn das Eichhörnchen, das sich je nach Jahreszeit zum Teil von Tannen-, Kiefern- und Fichtensamen ernährt, muß nicht nur zu den Zapfen hinaufklettern, sondern diese auch Schuppe für Schuppe abhaspeln, um an die versteckten winzigen Kerne heranzukommen. Um damit einigermaßen satt zu werden, muß es den ganzen Tag klettern und nagen, so daß man im Saarland von einem fleißigen Menschen auch sagt: ›dat es e Kerl wie en Eicherling‹.
Wahlweise zu der Wendung Mühsam baut sich das Eichhörnchen sein Nest wird die Redensart neuerdings auch verwendet, wenn eine Sache nur mühevoll und langsam vorangeht, wenn auch bei besonderem Fleiß und Arbeitsaufwand nur geringe Wirkung erzielt werden kann. Das Eichhörnchen sammelt im Herbst Wintervorräte in Form von Nüssen, Eicheln und Tannenzapfen, die es zum Teil in der Erde vergräbt. Danach wurde Ende der 60er Jahre ein vorsorgliches Vorratshaltungsprogramm der Regierung für Krisenfälle ›Aktion Eichhörnchen‹ benannt (»Eichhörnchenvorrat«). Als dann aber die Ölkrise kam, wurde jedoch nicht ›Geeichhornt‹, sondern ›Gehamstert‹.
Der hat Ohren wie ein Eichhörnchen: er hört sehr gut (vgl. ⇨ Luchs), aber auch: er hört aufmerksam zu, paßt auf.
Er hat ein Eichhörnchen geschnupft: er hat einen buschig abstehenden Schnauzbart. ›Ruden Eichert‹ sagt man im Saarland zu einem rothaarigen Menschen. Früher hat man die jungen Förster im Berufsspott auch ›Eichhörnchen‹ oder ›Eichkater‹ genannt.
Er hat' s im Mund wie das Eichhörnchen im Schwanz bezeichnet einen Menschen mit ›buschigen‹ Worten, der alles ›aufbauscht‹, einen Schwätzer und Prahler. Schon bei Henisch (1616) belegt: »Groß sprecher habens in worte wie das eichorn im schwanz«. Das Bild vom buschigen Schwanz des Eichhörnchens hat besonders im norddeutschen Sprachraum großen Anklang gefunden: holsteinisch ›he hett dat in't Muul as dat Ekerken in Stert‹ und norddeutsch ›der hat's an Worten, wie der Eichkater an Schwanz‹. Dagegen bedeutet plattdeutsch ›he röhrt de Snater (Mund) as de Katteker de Steert‹: er ist sehr mundfertig und ›he hett dat in Kopp as de Katteker in Stert‹: er ist sehr schlagfertig, er hat es faustdick hinter den Ohren. Bairisch ›warum schaust denn a so wia a Achkatzl, was net niast'n (niesen) kan‹: überrascht, verwundert dreinschauen. Rheinisch ›de kuckt drun (drein) we en Eichert aus em hohle Baum‹: ganz verschlafen.
Der Teufel ist ein Eichhörnchen! wird als Warnung vor bösen Überraschungen bei harmlos aussehenden Situationen gebraucht. Wegen seiner roten Farbe und wegen seiner blitzschnellen Gewandtheit wurde das Eichhörnchen zum Symbol des Teufels. Auch im Volksglauben verwandelt sich der Teufel gern in die Tiergestalt des Eichhörnchens, um dem Menschen zu schaden, so z.B. um einen Wilddieb unterwegs aufzuhalten, damit er die Sonntagsmesse versäumt. Vielleicht rührt daher auch die schweizerische Beteuerungsformel ›bim Eicherli!‹. Andererseits verspottet man in Schlesien einen abergläubischen Menschen, indem man sagt, ›der denkt auch, der Teufel ist ein Eichhörndel‹. In Frankfurt sagt man von einem Leichtgläubigen, Naiven: ›Der leßt sich weismache, der Deiwel weer e Aachhernche‹. Ähnlich obersächsisch ›Du machst mer weis, der Teifel is e Eechhernche‹, du willst mir etwas weismachen; oberdeutsch sagt man ähnlich: Der Teufel ist Eichhorn! wenn etwas überraschend glatt und schnell geht, ⇨ Teufel.
Wegen seiner Possierlichkeit ist ›Eichhörnchen‹ auch als Kosename beliebt, so in Hessen: ›mein Aichhörnche‹ und ›du Eychhörnche‹. Literarisch auch: ›Verliebt wie ein Eichhörnchen‹. In Frankfurt heißt es dagegen von einer äußerlich unordentlichen, zerzausten Person oder wenn jemand einen übernächtigten Eindruck macht: ›sieht aus, wie e gevöchelt Eichhörnche!‹ In dieselbe Richtung zielt auch das niederdeutsche Sagwort: ›Dat geit gedrang, seggt de Foß (Fuchs), on huckt op e Eckatz‹.
• O. KELLER: Die antike Tierwelt, Band 1 (Leipzig 1909), S. 181-183; L. HEROLD: Artikel ›Eichhörnchen‹, in: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens II, Spalte 655-659; C. MENGIS: Artikel ›rot‹, in: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens VII, Spalte 792-834; R. BIEGLER: Artikel ›Tiergestalt‹ (Teufel), in: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens VIII, Spalte 834-835; V.B. DRÖSCHER: Mich laust der Affe (Düsseldorf – Wien o.J. [1981]), S. 105-108; E. MOSER-RATH: Artikel ›Eichhörnchenfang‹, in: Enzyklopädie des Märchens III, Spalte 1124-1125.