Redensarten Lexikon
Diebsdaumen
Du hast wohl einen Diebsdaumen in der Tasche? Er trägt einen Diebsdaumen bei sich. Diese Ausdrücke wendet man auf einen an, der im Spiel großes Glück hat, allgemeiner auch auf einen, dem alle Unternehmungen glücken. Sie beruhen auf der abergläubischen Vorstellung des Mittelalters, daß dem Daumen eines Diebes zauberische Kraft innewohne. Man schnitt deshalb einem Gehenkten den Daumen ab oder stahl die ganze Leiche, um sie später des wichtigen Gliedes zu berauben. Diese Diebsdaumen wurden oft in Gold oder Silber gefaßt und von Spielern bei sich getragen, um so das Glück zu bannen.    Wirtsleute glaubten durch den Besitz eines Diebsdaumens Gäste anlocken zu können. Aus den Bützower Stadtakten (18. Jahrhundert) geht hervor, daß der Diebsdaumen vom Gastwirt in das Bier gehängt wurde. Um seinen Absatz zu steigern, verlangte ihn der Bäcker leihweise, weil er sein Brot damit bestreichen wollte. In Campes ›Wörterbuch der deutschen Sprache‹ (Band I [1807], S. 715a) wird erklärt: »Man sagt daher von einem Menschen, der ungewöhnliches Glück hat, er trage einen Diebsdaumen bei sich«. Später, als der Sinn dieser Redensart nicht mehr verstanden wurde, bezeichnete Einen Diebsdaumen haben auch den Hang zum stehlen.
• W. MÜLLER-BERGSTRÖM: Artikel ›Dieb, Diebstahl‹, in: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens II, Spalte 197-239, insbesondere Spalte 239 f.; Deutsche Volkslieder 5, S. 314-347, Nr. 86 ›Die verkaufte Müllerin‹; weitere Literatur s. ›Dieb‹.
Sie können einen Link zu dem Wort setzen

Ansicht: Diebsdaumen