Redensarten Lexikon
Dachziegel
Die Redensarten Verschuldet sein bis unter die Dachziegel und Ihm gehört kein Ziegel (Stein) mehr auf dem Dach sind Relikte einer aus dem Mittelalter stammenden Hyoptheken- und Pfändungspraxis, die sich teilweise bis ins 19. Jahrhundert erhalten hat.    Ähnlich wie man in alter Zeit Schulden auf einem ›Kerbholz‹ vermerkte, nahm in einigen Gegenden Deutschlands der Hypothekengläubiger einen Dachziegel als Pfandobjekt mit. Es handelte sich um einen normalen Ziegelstein, der vom Dach des belasteten Hauses genommen wurde und durch entsprechende Beschriftung als ›Schuldschein‹ gekennzeichnet wurde. Dieser mußte später vom Schuldner eingelöst werden. In einigen deutschen Stadtrechten finden sich noch Bestimmungen über diese Art der Pfändung, die eine lange Lebensdauer hatte. Hatte jemand viel Schulden, ›wuchsen ihm die Sorgen über den (Dach-) First‹, denn ›das Dach wurde ihm über dem Kopf abgedeckt‹, und man durfte ihn ohne Furcht vor dem geschützten Hausfriedensbereich pfänden.
   Unsere Abbildung aus einer Handschrift des Hamburger Stadtrechtes von 1497 zeigt rechts einen Gerichtsbüttel, der einen Ziegel von dem Dach eines Schuldners herunterreicht. Im Vordergrund tagt das Gericht. Hier wurde der Abschluß des Hypothekenvertrages vor Zeugen getätigt. Im Hintergrund wird das Pfandobjekt – ein Ziegel als ›pars pro toto‹ – vom Dach genommen und dem Geldgeber überreicht.

• H.G. GRIEP: Das Dach in Volkskunst und Volksbrauch (Köln 1983).}

Verschuldet bis unter die Dachziegel. Illustration aus: H.G. Griep. Das Dach in Volkskunst und Volksbrauch, Köln 1983.
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Ansicht: Dachziegel