Redensarten Lexikon
bucklig
Ein bucklig Männlein sein: immer im Weg stehen, Vorhaben verhindern und Pläne vereiteln, Schabernack spielen und Schaden zufügen wie ein koboldartiges Wesen, das unberechenbar ist. So erscheint das bucklige Männlein im Kinderlied als angeblicher Urheber allen Mißgeschicks, das gern einem anderen, nicht der eigenen Ungeschicklichkeit zugeschrieben wird. Erstmalig gedruckt erschien das Lied vom buckligen Männlein 1808 in ›Des Knaben Wunderhorn‹:
Will ich in mein Gärtchen gehn,
will mein Zwiebeln gießen:
steht ein bucklig Männlein da,
fängt gleich an zu niesen.
Dieses Kinderlied ist zu einem der populärsten der Wunderhorn-Sammlung überhaupt geworden und hat bis in die Gegenwart seinen Platz in Kinder- und Lesebüchern behauptet. Der Text erschien mit Illustrationen von Eduard Ille als Münchener Bilderbogen Nr. 69 (13. Auflage, etwa 1925). Er hat häufig literarischen Niederschlag gefunden: Thomas Mann kommt in den ›Buddenbrooks‹ darauf zu sprechen (VIII/3). Eine psychologische Deutung gibt Walter Benjamin (Über Literatur [Frankfurt/M. 1969], S. 178 f.). Eine weitere literarische Bearbeitung ist Ernst Wiecherts Erzählung ›Das Männlein‹. Diese Texte beweisen, welche Bedeutung die Begegnung mit dem ›Männlein‹ für die genannten Autoren als Kinder hatte. Aus diesem Grund ist dieses Lied auch immer wieder zu didaktischen Unterrichtszwecken herangezogen (auch mißbraucht und fehlgedeutet) worden.
Das Deutsche Volksliederarchiv in Freiburg verfügt über etwa 40 Varianten, die über das deutsche Sprachgebiet hinausweisen. Eine elsässische Variante lautet:
Wenn ich in mein Gärdel geh
Will die Zwibwele jädde,
steht e buckli's Männel do.
Will mi alsfurt dredde (treten).
Der Angang krüppelhafter Menschen galt bereits im Altertum als unheilvoll. Hexen und andere dämonische Wesen stellte man sich gern bucklig vor. Deshalb ging man Buckligen aus dem Weg, weil man ihnen mehr Bosheit und Zauberkraft als den Gesunden zutraute.
Das bucklige Männlein erscheint wie eine Art Kobold. Es ist jedoch eher eine Figur der von Erwachsenen erfundenen Kindermythologie, eine kindertümliche Personifizierung der Tücke des Objekts, vergleichbar dem personifizierenden Sprichwort ›Ungeschickt läßt grüßen – morgen kommt er selber‹. Daß das Lied mehr komisch als mythisch aufgefaßt wird, zeigen deutlich die mundartlichen Versionen in Strophen wie z.B.:
Wenn ig in das Stübeli go,
will go Süppli esse,
ist das bugglig Männli do.
und hät die halbi g'fresse (Schweiz).
Jetzt gang i in mei Wiesle naus,
will mei Wiesle heua,
Jetzt stoht des buckelig Mändle do.
will mer Sand drei streua (schwäbisch).
Für die Herkunft der Wendung ›Bucklige Verwandtschaft‹ gibt es eine Reihe von Deutungen, die erst in der Verknüpfung miteinander schlüssig erscheinen. Die Redensart bezieht sich auf die nicht gern gesehenen Angehörigen aus Nebenlinien. Man schämt sich einer ärmeren Verwandtschaft, die sich ›Krumm und bucklig gearbeitet‹ hat. Zu verweisen wäre aber auch auf das rotwelsche ›bockelig‹ = gierig. Bei der bockeligen/buckligen Verwandtschaft würde es sich dann um alle jene hungrigen und gierigen Verwandten handeln, die ungebeten zu allen Familienfesten erscheinen, um sich durchzufressen und die daher nicht gern gesehen werden. ⇨ Bock ⇨ Buckel ⇨ krumm.
Sich bucklig lachen ⇨ Ast.
• E. STEMPLINGER: Artikel ›Buckliger‹, in: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens I, Spalte 1700; EERK-BÖHME: Deutscher Liederhort I, S. 20 ff.; I.M. GREVERUS: Die Geschenke des kleinen Volkes, in: Fabula 1 (1958,) S. 263-279; H. BESSLER: Das bucklicht Männlein, 1966, Monatsschrift Deutsches Volksliederarchiv Kaps. Vld fol I; L. RÖHRICH: Sagenballade, in: Handbuch des Volksliedes I, 126 f., G.B. FUCHS: Das bucklige Männlein, in: Bilderbogengeschichten, hrsg. von J. Jung (München 1976), S. 83-87; Des Knaben Wunderhorn. Alte deutsche Lieder ges. v. L.A.V. ARNIM und C. BRENTANO, hrsg. von H. Rölleke (Stuttgart 1979), Band 9, S. 509-512; H.-J. UTHER: Artikel ›Buckel, Buckliger‹, in: Enzyklopädie des Märchens II, Spalte 977-980; DERS.: Artikel ›Gaben des kleinen Volkes‹, in: Enzyklopädie des Märchens V, Spalte 637-642; H. WALTHER: ›Bucklige Verwandtschaft‹, in: Der Sprachdienst, 26 (1982), S. 180-181; F. HASSENSTEIN: Die deutsche Ballade. Grundlagen und Beispiele (Hannover 1986), S. 115-121; E. Lindig. Hausgeister (= Artes Populares 14), Frankfurt/M.-Bern 1987).
Das bucklige Männlein. Illustration von Moritz von Schwind für G. Scherer: Alte und neue Kinderlieder, 1848/49.
Will ich in mein Gärtchen gehn,
will mein Zwiebeln gießen:
steht ein bucklig Männlein da,
fängt gleich an zu niesen.
Dieses Kinderlied ist zu einem der populärsten der Wunderhorn-Sammlung überhaupt geworden und hat bis in die Gegenwart seinen Platz in Kinder- und Lesebüchern behauptet. Der Text erschien mit Illustrationen von Eduard Ille als Münchener Bilderbogen Nr. 69 (13. Auflage, etwa 1925). Er hat häufig literarischen Niederschlag gefunden: Thomas Mann kommt in den ›Buddenbrooks‹ darauf zu sprechen (VIII/3). Eine psychologische Deutung gibt Walter Benjamin (Über Literatur [Frankfurt/M. 1969], S. 178 f.). Eine weitere literarische Bearbeitung ist Ernst Wiecherts Erzählung ›Das Männlein‹. Diese Texte beweisen, welche Bedeutung die Begegnung mit dem ›Männlein‹ für die genannten Autoren als Kinder hatte. Aus diesem Grund ist dieses Lied auch immer wieder zu didaktischen Unterrichtszwecken herangezogen (auch mißbraucht und fehlgedeutet) worden.
Das Deutsche Volksliederarchiv in Freiburg verfügt über etwa 40 Varianten, die über das deutsche Sprachgebiet hinausweisen. Eine elsässische Variante lautet:
Wenn ich in mein Gärdel geh
Will die Zwibwele jädde,
steht e buckli's Männel do.
Will mi alsfurt dredde (treten).
Der Angang krüppelhafter Menschen galt bereits im Altertum als unheilvoll. Hexen und andere dämonische Wesen stellte man sich gern bucklig vor. Deshalb ging man Buckligen aus dem Weg, weil man ihnen mehr Bosheit und Zauberkraft als den Gesunden zutraute.
Das bucklige Männlein erscheint wie eine Art Kobold. Es ist jedoch eher eine Figur der von Erwachsenen erfundenen Kindermythologie, eine kindertümliche Personifizierung der Tücke des Objekts, vergleichbar dem personifizierenden Sprichwort ›Ungeschickt läßt grüßen – morgen kommt er selber‹. Daß das Lied mehr komisch als mythisch aufgefaßt wird, zeigen deutlich die mundartlichen Versionen in Strophen wie z.B.:
Wenn ig in das Stübeli go,
will go Süppli esse,
ist das bugglig Männli do.
und hät die halbi g'fresse (Schweiz).
Jetzt gang i in mei Wiesle naus,
will mei Wiesle heua,
Jetzt stoht des buckelig Mändle do.
will mer Sand drei streua (schwäbisch).
Für die Herkunft der Wendung ›Bucklige Verwandtschaft‹ gibt es eine Reihe von Deutungen, die erst in der Verknüpfung miteinander schlüssig erscheinen. Die Redensart bezieht sich auf die nicht gern gesehenen Angehörigen aus Nebenlinien. Man schämt sich einer ärmeren Verwandtschaft, die sich ›Krumm und bucklig gearbeitet‹ hat. Zu verweisen wäre aber auch auf das rotwelsche ›bockelig‹ = gierig. Bei der bockeligen/buckligen Verwandtschaft würde es sich dann um alle jene hungrigen und gierigen Verwandten handeln, die ungebeten zu allen Familienfesten erscheinen, um sich durchzufressen und die daher nicht gern gesehen werden. ⇨ Bock ⇨ Buckel ⇨ krumm.
Sich bucklig lachen ⇨ Ast.
• E. STEMPLINGER: Artikel ›Buckliger‹, in: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens I, Spalte 1700; EERK-BÖHME: Deutscher Liederhort I, S. 20 ff.; I.M. GREVERUS: Die Geschenke des kleinen Volkes, in: Fabula 1 (1958,) S. 263-279; H. BESSLER: Das bucklicht Männlein, 1966, Monatsschrift Deutsches Volksliederarchiv Kaps. Vld fol I; L. RÖHRICH: Sagenballade, in: Handbuch des Volksliedes I, 126 f., G.B. FUCHS: Das bucklige Männlein, in: Bilderbogengeschichten, hrsg. von J. Jung (München 1976), S. 83-87; Des Knaben Wunderhorn. Alte deutsche Lieder ges. v. L.A.V. ARNIM und C. BRENTANO, hrsg. von H. Rölleke (Stuttgart 1979), Band 9, S. 509-512; H.-J. UTHER: Artikel ›Buckel, Buckliger‹, in: Enzyklopädie des Märchens II, Spalte 977-980; DERS.: Artikel ›Gaben des kleinen Volkes‹, in: Enzyklopädie des Märchens V, Spalte 637-642; H. WALTHER: ›Bucklige Verwandtschaft‹, in: Der Sprachdienst, 26 (1982), S. 180-181; F. HASSENSTEIN: Die deutsche Ballade. Grundlagen und Beispiele (Hannover 1986), S. 115-121; E. Lindig. Hausgeister (= Artes Populares 14), Frankfurt/M.-Bern 1987).
Das bucklige Männlein. Illustration von Moritz von Schwind für G. Scherer: Alte und neue Kinderlieder, 1848/49.