Redensarten Lexikon
Bolzen
So schnell wie ein Bolzen: sehr schnell. Die Schnelligkeit des Bolzens dient schon Hans Sachs zum sprichwörtlichen Vergleich: »so schwind als wie ein polz«. Der ›Bolzen‹ bezeichnet das Geschoß für die Armbrust, bestehend aus einem kurzen Holzstab und aufsetzbarer Eisenspitze. Sein Zweck ist, schnell sein Ziel zu treffen und Schaden zuzufügen.    Alles zu Bolzen drehen: überkritisch sein, alles übel auslegen. Die meisten Holzarten dienen friedlichen Zwecken, nur wenige sind geeignet, daraus Bolzen zu drehen. Wenn einer alles zu Bolzen dreht, sieht er überall nur das Schlechte, Negative. So bei Sebastian Franck, ›Sprichwörter‹ 1541 (1,8a): »Es stelt sich mancher, als kön er nit drei zeln, oder als wölle er den gemeinen Nutz vor Lieb fressen und alles zu Bölzen treen, und kan im niemand gerecht gnug sein!« und bei Creidius' ›Nuptialia‹ 1652 (2,300): »Wenn man in der Ee Einigkeiten pflanzen und erhalten will, so muß der Mann nicht alles zu Bolzen drehen, sondern bisweilen durch die Finger sehen«. Norddeutsch ist ebenfalls im 17. Jahrhundert bezeugt: »Man muß nicht alles zu boltzen drehen, sondern fünff gerad sein lassen« (Ziesemer I, 716).
   Bolzen gegen sich selber drehen: sich selbst Schaden zufügen. Seine Bolzen verschossen haben: mit der Weisheit am Ende sein, mundartlich auch mit der Nebenbedeutung: impotent geworden sein, z.B. schleswig-holsteinisch ›He hett sien Bolten all verschaten‹.
   Die Bolzen verschießen, die ein anderer gedreht hat: die Anschläge, Ideen eines anderen ausführen. Das Gegenteil meint die Redensart Er dreht die Bolzen und läßt andere schießen. Schwäbisch ›einem den Bolzen auf die Stirn setzen‹, ihm zusetzen, ihn bedrängen.
   Heute bedeutet Bolzen (ebenso holzen) umgangssprachlich auch: Fußball spielen im Sinne von: planlos in die Gegend treten; auch: miteinander raufen. Ein Platz, auf dem – unbekümmert um alle Regeln – Fußballspielen möglich ist, heißt dementsprechend ›Bolzplatz‹.
   ›Der Bolzen findet seine Kerbe‹, im Sinne von ›Jeder Topf findet seinen Deckel‹, d.h. auch das häßlichste Mädchen findet einen Mann, der zu ihm paßt. Vgl. niederländisch: ›De bout vindt de kerf wel‹; englisch: ›The bolt will find its mark‹. Die Wendung hat auch Eingang in die erotische Sprache gefunden und wird als Anspielung auf den männlichen und weiblichen Genitalbereich verstanden. Nach de Keyser ist eine solche Deutung jedoch nicht von der ursprünglichen Bedeutung herzuleiten. Die Wendung gehöre vielmehr zu den Sprichwörtern, die uneingeschränktes Vertrauen ausdrücken im Sinne von ›alles kommt ins rechte Lot‹.

• P. DE KEYSER: Spreekword-Schilderij opgehelderd ›De bout vindt de kerf wel‹, in: Driemaandelijks Tijdschrift voor de studie van het Volkslewen 49 (1948), S. 57-64.
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