Redensarten Lexikon
Blindekuh
Blindekuh spielen: wie ein Blinder unbeholfen umhertappen. Die Redensart bezieht sich auf ein Spiel, das bei den Erwachsenen sehr beliebt war und noch heute überall in Europa von Kindern gespielt wird. Ein Mitspieler erhält mit einem Tuch die Augen verbunden und muß nun versuchen, die anderen zu fangen, die ihn necken und irreführen wollen.    Im älteren Neuhochdeutschen wurde das Wort getrennt geschrieben. Es gelangte vom Ostmitteldeutschen durch Luther 1526 in die Hochsprache: »also spielt auch die Vernunft der blinden Kue mit Gott« (Weimarer Ausgabe 19, 207). Im Mittelhochdeutschen steht anstelle der Kuh die Maus, so zuerst bei Meister Altswert im Elsaß, der im 14. Jahrhundert schreibt: »zwei spilten blinder miusen«. Im Oberdeutschen war die Redensart in dieser Art ebenfalls bis ins 17. Jahrhundert üblich. Möglicherweise hat bereits Otfrid an das Spiel gedacht, als er die Verspottung Christi schilderte: »thiu ougun si imo buntun, thaz in zi spile funtun« (4, 19, 73).
   Das Spiel ist unter verschiedenenen Bezeichnungen und Tiernamen allen europäischen Völkern bekannt, der Ausdruck Blindekuh ist jedoch nur in Deutschland üblich. Wie die Südslawen kennen wir aber auch die Wendung ›Blinde Maus spielen‹. Im Bairischen heißt es dafür ›blinde Kätzel fangen‹. Fuchs, Bock und Geiß geben dem Spiel im Norden seinen Namen, vgl. isländisch ›skolla leikar‹; dänisch ›blindegied‹ und schwedisch ›blindbok‹. Die spanischen Kinder dagegen spielen ›gallina ciega‹ = blinde Henne und die italienischen wie schon die altgriechischen ›mosca cieca‹ = blinde Fliege.
   Auch wo keine Tiernamen üblich sind, ist die Vorstellung von ›blind‹ erhalten geblieben, vgl. niederländisch ›blindemannetje spelen‹ und englisch ›to play at blindman's buff‹. Im Französischen heißt es jedoch: ›jouer à Colin-Maillard‹ oder ›jouer au Colin- Maillard‹ (Personenname).

• R. BECKER: Artikel ›Blindekuh‹, in: Zeitschrift für den deutschen Unterricht 6 (1982), S. 846-847.}

Blindekuh spielen. Zeichnung von Conrad Meyer (1618 bis 1680), aus: Conrad Meyer: Die Kinderspiele, herausgegeben von C. Ulrich, Zürich 1970, S. 10.

Blindekuh spielen. Galantes Gesellschaftsspiel, Französischer Kupferstich, aus: E. Fuchs: Geschichte der erotischen Kunst, Bd. II: Berlin 1977, S. 167, Abbildung 141.
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