Redensarten Lexikon
Blauäugig[keit]
Blauäugig sein: naiv, unerfahren, harmlos, gutgläubig, unkritisch sein. Die Farbe Blau als Augenfarbe ist bekannt als Sinnbild der Treue, Durchsichtigkeit und Unverstelltheit. Blaue Augen gelten als Brunnen der Klarheit, als erfrischende Quelle, die Labung verspricht. So in einem Gedicht von Klaus Groth, das von J. Brahms vertont wurde (op. 59, Nr. 8):
   Dein blaues Auge hält so still,
   Ich blicke bis zum Grund.
   Du fragst mich, was ich sehen will?
   Ich sehe mich gesund.

Da Neugeborene zunächst immer blaue Augen haben, verbindet sich mit der Blauäugigkeit zugleich die Vorstellung von ›naiv‹ und ›unschuldig‹. Unverhohlener Spott liegt in der Wendung Man hat ihn (sie) nicht seiner (ihrer) schönen blauen Augen wegen genommen (z.B. bei der Auswahl von Bewerbern).
   Thomas Mann ironisierte in seinem ›Tonio Kröger‹ (1903) die Angehörigen der Oberschicht mit ihren blauen Augen und sprach »von den zwar liebenswerten, aber vor allem auch geistlosen Vertretern dieser blonden und blauäugigen Normalität«.
   Wenn heute von ›Politischer Blauäugigkeit‹ die Rede ist, dann sind die Politiker gemeint, denen es an Wirklichkeitssinn fehlt, die unkritisch und vertrauensselig, d.h. ›Blauäugig argumentieren‹.

• H. RÖLLEKE: ›Blauäugig‹, in: Wirkendes Wort 5 (1983), S. 273-274.
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