Redensarten Lexikon
Binsenwahrheit
Die Feststellung Das ist eine Binsenwahrheit bezieht sich auf einen zwar richtigen, aber so selbstverständlichen Satz, daß es sich nicht lohnt, ihn auszusprechen oder gar zu diskutieren. Es ist also eine Wahrheit, die überall so bekannt und verbreitet ist wie die Binsen. Im Gegensatz zu anderen Grasarten besitzen Binsen keine Knoten. Eine Binsenwahrheit ist demnach eine ›glatte Sache‹ ohne Verwicklungen und Verknotungen, d.h. ohne Schwierigkeiten. Die Redensart Knoten in einer Binse suchen: Besonderheiten und Schwierigkeiten dort suchen, wo keine vorhanden sind, weist auf die Entstehung unserer heutigen Redensart von der Binsenwahrheit; vgl. niederländisch ›In gladde biezen zoekt hij knobbels‹. Das zugrunde liegende Bild ist eine gelehrte Übernahme aus dem Lateinischen, wo die Redensart ›nodum in scirpo quaerere‹, d.h. Stengelknoten auch an der Binse suchen, schon in den Komödien von Plautus und Terentius belegt ist. In Deutschland war die Wendung schon lange bekannt, ehe sie sich allgemein durchsetzte. In der Mitte des 16. Jahrhunderts schrieb Jakob Heerbrand: »sucht dieser Mensch einen Knopf an einer Binzen«. Das Schweizer Idiotikon bringt einen Beleg von 1638: »Sonst find ich die Sach so klar, daß wer nicht will in der Binzen einen Knopf suchen, da nichts wegdisputieren kann«. Verbreitet wurde diese Vorstellung seit Wieland, der feststellte: »Es gehört wirklich eine ganz eigene Liebhaberei, Knoten in Binsen zu finden, dazu, die Sache so außerordentlich schwer zu finden«.
Man kann aber auch die Binsenwahrheit als ein Geheimnis der Binsen verstehen, das diese weiterverbreiteten, wie eine griechische Sage erzählt: In einem musikalischen Wettstreit zwischen Apollon und Pan entschied sich der phrygische König Midas für Pan. Zur Strafe ließ ihm Apollon Eselsohren wachsen. Als der Friseur das Geheimnis des Königs entdeckte, vertraute er es der Erde an, indem er ein Loch in den Boden grub. Binsen fingen seine Worte auf und erzählten sie überall weiter. Vergleiche M. Boskovic- Stulli: Narodna predaja o vladarevoj tajni (König Midas hat Eselsohren), Zagreb 1967.
Göhring (S. 30) versucht noch eine andere Erklärung. Er hält das Wort ›Binsenwahrheit‹ für die Eindeutschung eines jiddischen Ausdrucks, dessen Sinn man zwar erfaßte, aber dessen sprachlichen Bestandteile ähnlich klingenden deutschen Silben angepaßt wurden. ›Bienemes‹ heißt: die Wahrheit begreifen. Der Nichtjude machte daraus ›Binsen‹ und fügte dann sinngemäß das Wort ›Wahrheit‹ hinzu, das in dem jiddischen Wort enthalten war.
Eine sekundäre, aber doch amüsante ätiologische Erklärung versuchte auch A. Kußmaul (1822-1902) in seinen ›Jugenderinnerungen eines alten Arztes‹. Er berichtet aus seiner Heidelberger Studentenzeit von einem törichten Menschen, der der ›Binsenbub‹ genannt wurde, weil er den Pfeiferauchern Binsen zum Reinigen der Pfeifen verkaufte. Da er wegen seiner geistigen Beschränktheit bekannt war, nannten die Studenten alles das eine Binsenwahrheit, was sogar der Binsenbub verstehen konnte. So hat das Unverständlichwerden der im Altertum geläufigen und zunächst durchaus durchschaubaren Redensart immer neue Sekundärerklärungen provoziert.
Die Feststellung Das ist eine Binsenwahrheit bezieht sich auf einen zwar richtigen, aber so selbstverständlichen Satz, daß es sich nicht lohnt, ihn auszusprechen oder gar zu diskutieren. Es ist also eine Wahrheit, die überall so bekannt und verbreitet ist wie die Binsen. Im Gegensatz zu anderen Grasarten besitzen Binsen keine Knoten. Eine Binsenwahrheit ist demnach eine ›glatte Sache‹ ohne Verwicklungen und Verknotungen, d.h. ohne Schwierigkeiten. Die Redensart Knoten in einer Binse suchen: Besonderheiten und Schwierigkeiten dort suchen, wo keine vorhanden sind, weist auf die Entstehung unserer heutigen Redensart von der Binsenwahrheit; vgl. niederländisch ›In gladde biezen zoekt hij knobbels‹. Das zugrunde liegende Bild ist eine gelehrte Übernahme aus dem Lateinischen, wo die Redensart ›nodum in scirpo quaerere‹, d.h. Stengelknoten auch an der Binse suchen, schon in den Komödien von Plautus und Terentius belegt ist. In Deutschland war die Wendung schon lange bekannt, ehe sie sich allgemein durchsetzte. In der Mitte des 16. Jahrhunderts schrieb Jakob Heerbrand: »sucht dieser Mensch einen Knopf an einer Binzen«. Das Schweizer Idiotikon bringt einen Beleg von 1638: »Sonst find ich die Sach so klar, daß wer nicht will in der Binzen einen Knopf suchen, da nichts wegdisputieren kann«. Verbreitet wurde diese Vorstellung seit Wieland, der feststellte: »Es gehört wirklich eine ganz eigene Liebhaberei, Knoten in Binsen zu finden, dazu, die Sache so außerordentlich schwer zu finden«.
Man kann aber auch die Binsenwahrheit als ein Geheimnis der Binsen verstehen, das diese weiterverbreiteten, wie eine griechische Sage erzählt: In einem musikalischen Wettstreit zwischen Apollon und Pan entschied sich der phrygische König Midas für Pan. Zur Strafe ließ ihm Apollon Eselsohren wachsen. Als der Friseur das Geheimnis des Königs entdeckte, vertraute er es der Erde an, indem er ein Loch in den Boden grub. Binsen fingen seine Worte auf und erzählten sie überall weiter. Vergleiche M. Boskovic- Stulli: Narodna predaja o vladarevoj tajni (König Midas hat Eselsohren), Zagreb 1967.
Göhring (S. 30) versucht noch eine andere Erklärung. Er hält das Wort ›Binsenwahrheit‹ für die Eindeutschung eines jiddischen Ausdrucks, dessen Sinn man zwar erfaßte, aber dessen sprachlichen Bestandteile ähnlich klingenden deutschen Silben angepaßt wurden. ›Bienemes‹ heißt: die Wahrheit begreifen. Der Nichtjude machte daraus ›Binsen‹ und fügte dann sinngemäß das Wort ›Wahrheit‹ hinzu, das in dem jiddischen Wort enthalten war.
Eine sekundäre, aber doch amüsante ätiologische Erklärung versuchte auch A. Kußmaul (1822-1902) in seinen ›Jugenderinnerungen eines alten Arztes‹. Er berichtet aus seiner Heidelberger Studentenzeit von einem törichten Menschen, der der ›Binsenbub‹ genannt wurde, weil er den Pfeiferauchern Binsen zum Reinigen der Pfeifen verkaufte. Da er wegen seiner geistigen Beschränktheit bekannt war, nannten die Studenten alles das eine Binsenwahrheit, was sogar der Binsenbub verstehen konnte. So hat das Unverständlichwerden der im Altertum geläufigen und zunächst durchaus durchschaubaren Redensart immer neue Sekundärerklärungen provoziert.