Redensarten Lexikon
Biene
Bienenfleißig sein: unermüdlich tätig sein. Der ›Bienenfleiß‹ ist sprichwörtlich. Man sagt: ›Sie ist fleißig wie eine Biene (Imme)‹; schweizerisch: ›flissig wie nes Beiji‹: überaus fleißig; bairisch-österreichisch: ›trogn wie a Paie‹: etwas emsig nach Hause schaffen.    Geschätzt wurde der Bienenfleiß allerdings nicht immer. Demokritos verabscheute die Bienen, weil sie wie der »Geizige arbeiten, als ob sie ewig leben würden«. Auch nach Ch. Dickens tun die Bienen des Guten zuviel: »... they work, but ... they overdo it ... And are human labourers to have no holidays because of the bees?« (Our mutual friend, 94).
   Diese und andere Angriffe haben aber das Ansehen der »Wachs- und Honigvögelein« (Abraham a Sancta Clara, 1644-1709) in antiker Mythologie und christlicher Legende nicht verdunkeln können. Ehrfurcht und Dankbarkeit des Menschen maßen ihnen übernatürliche Herkunft und übersinnliche Fähigkeiten bei.
   Menschlich nahe, d.h. als ansprechbare Partnerin, erscheint die Biene schon im Lorcher Bienensegen (rheinfränkisch, 10. Jahrhundert). In Literatur und Volksdichtung spielt die Biene eine große Rolle und wird zum Teil sogar poetisch verklärt. Auch im Märchen wird ihre Dankbarkeit gerühmt (Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm 62). Im Schlußabsatz des Märchens vom ›Tischlein deck dich‹ (Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm 36) bleiben Klugheit, Mut und Entschlossenheit eines so »schwachen Geschöpfes« siegreich, wo List und Stärke versagen. Das Volkslied läßt »die lieben Bienlein summen/daher von grüner Au« (›Grüß Gott, du schöner Maien‹). »Die unverdross'ne Bienenschar« (Paul Gerhardt: ›Geh aus, mein Herz‹) ging und geht nicht nur durch die geistliche Dichtung (Friedrich v. Spee: ›Trutznachtigall‹ [1649]), sondern auch in viele weltliche Kunstlieder ein. Schiller spricht zwar mitleidig- abschätzig von den »Bienensorgen« der Menschen (›Die Räuber‹, III, 2); für Jean Paul aber ist »liebe ... die bienenkönigin des jugendlichen gedankenschwarms« (›Der Komet‹ (1, 70 (1820-22).
   Hatte man das Tier aus der animalischen Sphäre herausgehoben, so gewann es nicht nur menschliche, sondern auch allzumenschliche Züge. Für Gregor den Großen ist das harmlose Geschöpf ein Symbol der Hinterlist. Auch der Elsässer Matthias Holzwart (Emblemata, 1581) betrachtet die Biene als falsche Kreatur. Zwar lobt er ihren Fleiß und Nutzen, stellt sie aber auf eine Stufe mit den ›Katzen, die vorne lecken, hinten kratzen‹. Ihr Abbild gibt er als das Emblem des giftigen Schmeichlers wieder.
   Geiler von Kaysersberg vergleicht den Doppelzüngigen mit der »bin, die honig in dem maul tregt und hinden hat sie den angel« (›Von den Sünden des Mundes‹ [151 81).
   Eine harmlosere Rolle spielt der Stachel in der niederdeutschen Redensart: ›Er ist von der Beene jestoche‹: er geht gleich hoch, ist leicht erregbar, Tarantel. Der Schweizer behauptet, ein übelgelaunter Mensch ›schießt desume wie nes stächiges Beiji‹.
   In der Sprache des Imkers heißt Die Bienen brechen: am Tage der Lese die Waben herausbrechen, um den Honig herauszunehmen.
   Von einem reinlichen, geordneten Haushalt mag das Wort gelten: Es ist, als wenn's die Bienen zusammengetragen hätten.
   Nichts mit der Küche und kulinarischen Genüssen zu tun hat der witzige Ausdruck Bienen braten: große Umstände machen und geringen Erfolg sehen.
   In der trinkfrohen Pfalz ist der Vergleich ›der sauft wie e Bien‹ weit verbreitet.
   Die wissenschaftliche Forschung des 19. Jahrhunderts verwandelte die heiligen Geschöpfe antiker Mythen, deren Namen die Priesterinnen der keuschesten Göttin und die Pythia zu Delphi trugen, in bescheidene ›Arbeitsbienen‹. Sie sanken auch immer tiefer zu ›Fabrikbienen‹, ›Kessen Bienen‹ (d.h. schlauen Dirnen), ›Bruchbienen‹ (Soldatenhuren) herab.
   Auch die Gaunersprache bemächtigte sich der unschuldigen Tiere. ›Er hat Biene uff'm Kopp‹ bedeutet: ein mit Kopfläusen behaftetes Individuum, ›Bienenzüchter sein‹: sich des Ungeziefers kaum noch erwehren können, Imme. Kaum minder unerwünscht erscheint: ›To have a bee in one's bonnet‹: einen Sparren haben, Hummel.

• E. FEHRLE: Die Keuschheit der Biene im Volksglauben, in: Alemannia 39 (1911), S. 45 ff.; O. KELLER: Die antike Tierwelt 2 (Leipzig 1913); M. SOODER: Bienen und Bienenhalten in der Schweiz (= Schriften der Schweizerischen Gesammelten Werke für Volkskunde 34) (Basel 1952); K. RANKE und J.R. KLIMA: Artikel ›Biene‹, in: Enzyklopädie des Märchens II, Spalte 296-307; L. RÖHRICH: Bienenwohnungen zwischen Handwerk und Volkskunst, in: Apimondia. Bienenmuseum und Geschichte der Bienenzucht (Bukarest 1979), S. 155 ff.; F. LEINER: Biene und Bienenkorb als Emblem, in: Apimondia (Bukarest 1979), S. 165 ff.}

Bienenfleißig sein. ›Die Bienen‹ aus dem englischen ›Bestiarium Ashmole‹, ca. 1210. MS. Ashmole 1511. fol. 75v (Ausschnitt).
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