Redensarten Lexikon
Biehn
Der Bie(h)n muß! (ging es auch ans Leben): der Mann muß das tun; etwas muß auf alle Fälle irgendwie zu schaffen sein. Man gebraucht die Redensart mit oder ohne den Zusatz, um irgendeinen unvernünftigen, widersinnigen, lächerlichen Zwang zu charakterisieren. Die Wendung ist 1849 zuerst bezeugt, und zu ihrer Erklärung müssen verschiedene Anekdoten herhalten, die aber vermute erst sekundär und ätiologisch ad hoc erfunden sind.    Einmal wird die Redensart auf eine Lügengeschichte von einem ausländischen Reisenden zurückgeführt, der in gewöhnlichen Imkerkörben in Rußland Bienen in der Größe von Enten oder sogar Schafen gesehen haben wollte. Auf die Frage, wie denn diese Bienen durch das Flugloch des Korbes kämen, legte der Düsseldorfer Maler Wilhelm Camphausen in seiner Illustration von 1849 dem Aufschneider die treffende Antwort in den Mund: »Der Bien muß!«.
   Selma Lagerlöf beendet den ›Gösta Berling‹ (1891) mit einer ähnlichen »Wahren Geschichte«, die sie in Deutschland spielen läßt, dem »wunderbaren Land im Süden«. Hier bleibt es der Geschicklichkeit des Bienenvolkes überlassen, wie es sich hindurchzwängt. Aber ihre »Riesenbienen«, Gebilde der Phantasie, symbolisieren menschliche Sehnsüchte, Wünsche, Begierden und Träume; sie müssen selbst sehen, wie sie mit dem harten Zwang gemeiner Wirklichkeit fertig werden (Selma Lagerlöf: ›Skrifter‹, I [Stockholm 1961], S. 406).
   Nach einer anderen Anekdote aus Offenbach wies der Buchhalter eines Geschäftshauses dem Chef der Firma das Konto eines Schuldners mit dem Namen Bien vor. ›Der Bien-Soll‹, sagte der Buchhalter. ›Was heißt hier Soll?‹ entgegnete der Chef sarkastisch, ›der Bien muß!‹ (d.h. zahlen).

• WANDER I, Spalte 372; BUCHMANN; WUNDERLICH, S. 57; KRÜGER-LORENZEN I, S. 34.
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