Redensarten Lexikon
Berserker
Wie ein Berserker wüten, Kämpfen wie ein Berserker, auch: Eine Berserkerwut im Bauche haben: durch außergewöhnlichen Ingrimm erregt sein und deshalb wilde, hemmungslose Angriffslust besitzen.    Berserker, aus dem Altnordischen entlehnt, war ursprünglich nur die Bezeichnung für das Bärenhemd (serkr = Hemd, Gewand; ber = Bär), in das sich die skandinavischen Krieger hüllten, um die Kraft des Bären durch das Fell auf sich zu übertragen. Dieser Glaube, daß die Stärke der wilden Tiere auf den Träger ihres Felles übergeht, ist eine bei Naturvölkern weitverbreitete Vorstellung. Berserker nannte man dann in Nordeuropa die Männer, die durch eine Bärenhaut ein solch furchterregendes Aussehen erhielten, daß man von ihnen glaubte, sie könnten zeitweilig wirkliche Bärengestalt annehmen. Ähnlich wie die Werwölfe wurden sie als Wesen zwischen Mensch und Tier mit übernatürlichen Kräften gefürchtet. Die altisländische Saga berichtet von ihrer blinden, tierischen Wut, der nichts widerstehen konnte, obwohl sie ohne Waffen kämpften.

   Zu Sorgen und Arbeit hatte die Söhne
   Arngrim gezeugt mit Eyfura.
   Daß Schauer und Schrecken von Berserkerschwärmen
   Über Land und Meer gleich Flammen lohten.

Es ist nicht auszuschließen, daß es sich bei den Berserkern um sakrale Männerbünde handelte, die dem Totengott Odin als Krieger dienten und durch übermenschlichen Einwirkung oder Zauber(mittel) in ekstatische Kampfeswut versetzt wurden. In der Inglinga-Saga heißt es: »Odin machte, daß seine Männer in der Schlacht ohne Brünnen kämpften und rasend waren wie Hunde oder Wölfe, die in ihre Schilde bissen und stark waren wie Bären oder Stiere; sie töteten die Männer, aber weder Feuer noch Eisen verletzte sie; das nannte man ›berserkirgang‹!«
   Aus den Quellen ist nicht zu ersehen, ob die bis zur Raserei gesteigerte Kraftentfaltung der Berserker auf das Wirken göttlicher Mächte oder auf Stimulation durch Rauschgifte zurückzuführen war. Übereinstimmung herrscht jedoch bei allen Autoren darüber, daß sie in Verbänden auftraten, in ihrem Kampfesrausch ungeheure Kräfte entwickelten und nach dem sogenannten Berserkergang in tiefe Erschöpfung fielen, d.h. das Auffallendste am Berserkertum war die (seit dem 9. Jahrhundert literarisch bezeugte) Ekstase und der wilde Kampfeszorn. Von daher wird auch verständlich, daß der Name in späteren Sagas auch auf einzelne Gewalttäter ausgedehnt wurde.
   In der neueren Literatur begegnet die Berserkerwut erstmals wieder im 19. Jahrhundert (Goethe, ›Dichtung und Wahrheit‹). Die redensartlichen Vergleiche Wütend wie ein Berserker sein und Toben (schreien, kämpfen) wie ein Berserker haben die Erinnerung an den Bärenhäuter bis heute lebendig erhalten ( Bärenhaut).

• L. WEISER: Altgermanische Jünglingsweihen und Männerbünde (Bühl/Baden 1927); W. MÜLLER-BERGSTRÖM: Artikel ›Berserker‹, in: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens I, Spalte 1093-1094; L. HUCHTING-GMINDER: Die Berserker der altisländischen Sagas, in: Niederdeutsche Zeitschrift für Volkskunde 11 (1933), S. 239-243; W. MÜLLER-BERGSTRÖM: Zur Berserkerfrage, in: Niederdeutsche Zeitschrift für Volkskunde 12 (1934), S. 240-244; O. HÖFLER: Kultische Geheimbünde der Germanen, 1. Band (Frankfurt/M.1934); E. KAUFMANN: Artikel ›Berserker‹, in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte I, Spalte 384-385; O. HÖFLER: Artikel ›Berserker‹, in: Reallexikon der germanischen Altertumskunde v. Hoops II (1976), Spalte 298-304; H.P. DUERR: Traumzeit. Uber die Grenze zwischen Wildnis und Zivilisation (Frankfurt/M. 1978), S. 80, 267 ff.
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