Redensarten Lexikon
Bauer
Der Gegensatz Stadt – Land hat zur Ausprägung einer ganzen Reihe von Redensarten geführt, in denen meist – aus städtischer Sicht – das Wort ›Bauer‹ hochmütig zur Kennzeichnung grober, ungesitteter Art, der Dummheit und des tölpelhaften Wesens, bisweilen aber auch für Schlauheit oder für Tüchtigkeit gebraucht wird, bauernschlau.    So fragt man einen Bauern aus: so lasse ich mich nicht ausfragen, als Antwort auf einen neugierigen Frager; vgl. niederländisch ›zo vraagt men de boeren de kunst af‹.
   Draufschlagen wie der Bauer auf den Wolf: sehr derb und grob dreinschlagen; niederdeutsch ›Wat versteit de Bur von Safran!‹ (ehemals ein wertvolles Kuchengewürz) oder ›Wat weet de Bur von Gurkensalat!‹ (oft mit der Ergänzung ›er ißt ihn mit der Mistgabel‹); mecklenburgisch ›Ick heff de Ollsch tau'n Buern brukt‹, ich habe sie übertölpelt, reingelegt; sächsisch ›mit der Bauernflinte schießen‹, grob werden. Der Bauer haut ihm ins Genick: er fällt aus der angenommenen Rolle (eines feinen Mannes). Diese Redensarten werden heute jedoch selten gebraucht.
   Auf Bauernfang ausgehen: die Arglosigkeit und Leichtgläubigkeit der Bauern ausnutzen, seine Mitmenschen betrügen wollen. Nur die Sprichwörter: ›Die dümmsten Bauern haben die größten Kartoffeln‹ und ›Was der Bauer nicht kennt, frißt er nicht‹ werden noch häufig in die umgangssprachliche Rede eingeflochten.
   Bauer, das ist was andres! anders.
   ›Der Bauer ißt nichts ungesalzen‹ wird gebraucht als spöttische Bemerkung, wenn etwas auf den Boden gefallen ist, aber dennoch gegessen wird.
   Die Redensart Einen Bauern opfern stammt vom Schachspiel: eine relativ geringe Person wird geopfert, um eine gewichtigere schadlos zu halten (vor allem oft in der Politik gebraucht).
   Als ›Kalten Bauer‹ bezeichnet man das Ejakulat im Falle von Onanie oder nächtlicher Pollution, im Gegensatz zum ›Warmen Bauer‹, der geschlechtlichen Beiwohnung.
   Dagegen bedeutet die verniedlichende Wendung Ein Bäuerchen machen: Erwartetes Aufstoßen eines Kleinkindes. Beim Saugen aus der Mutterbrust oder aus der Milchflasche wird Luft mitgeschluckt, die wieder heraus muß. Dieser Vorgang wurde benannt nach der als bäuerlich geltenden Sitte, zum Zeichen der Sättigung nach dem Essen laut zu rülpsen.

• J. MÜLLER: Der Bauer im Spiegel des rheinischen Sprichworts, in: Zeitschrift des Vereins für rheinisch-westfälische Volkskunde 15 (1918), S. 88-102; A. HAAS: Der Bauer im pommerischen Sprichwort, in: Heimatkalender für Pommern (1925), S. 47-51; K.S. KRAMER: Artikel ›Bauer‹, in: Enzyklopädie des Märchens I, Spalte 1327-1338; TH. KOHLMANN (U A.): Das Bild vom Bauern. Vorstellungen und Wirklichkeit vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart (= Schriften des Museums für Deutsche Volkskunde 3) (Berlin 1978); H. MOLLER: Wet dreams and the ejaculate, in: Maledicta 4 (1980), S. 249-251; E. MOSER-RATH: Lustige Gesellschaft (Stuttgart 1984), S. 232-247.
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