Redensarten Lexikon
Bank
Etwas auf die lange Bank schieben: eine Entscheidung aufschieben, die Ausführung verzögern. Die Redensart stammt aus der Welt des Rechts, doch ist bislang nicht eindeutig geklärt, welche Funktion die Bank dabei hatte. Es ist nicht auszuschließen, daß Bank stellvertretend für die Truhe steht, die als Vorläuferin des Aktenschrankes alle vom Richter zum Lagern bestimmten Sachen aufnahm und darin der Ursprung der Redensart zu sehen ist, wie A. Götze darlegt. Entsprechende Zitatstellen lassen diesen Schluß ohne weiteres zu.
Als erste schreibt 1481 die Kurfürstin Anna von Brandenburg über einen Gerichtshandel: »Kombt it herauß, so underwindt sich der vater, euer sach zu treiben, damit sie zu einem end kombt ... sußt wurdt es dortinnen in die langen truhen gespilt« (Steinhausen, Privatbriefe des Mittelalters I, 233). Die Truhe erscheint hier synonym mit Bank. Ähnlich im Sprachgebrauch Luthers: »Wo es also ins Recht keme, Hoffet ich, Es solte in die lange Druen komen, Wie es mit Paulo auch gescha«. An anderer Stelle: »laßt der armen leüt hendel nit jar und tag in der langen truchen ligen zu irem mercklichem verderben«.
Es könnte sich bei ›Truhe‹ jedoch auch um eine sekundäre Begriffsbildung handeln und der Ursprung der Redensart durchaus primär in der Verwendung der Bank als Sitzgelegenheit zu suchen sein, z.B. im Gerichtssaal. Das Urteil mußte im Sitzen gefunden werden (Sachsenspiegel 2. 12; 3. 69). Der Richter saß gewöhnlich auf einem Stuhl, die Schöffen nach der Ordnung auf der Schöffenbank. Daher heißt es nach dem Sachsenspiegel (3. 69) auch: ›bankes bidden‹. Auch andere, vor allem niederdeutsche Urkunden und Statuten nennen die Gerichtsbank, Schöppenbank, ›banca scabinorum‹. Gewöhnlich ist von vier Bänken die Rede: ›klagen binnen ver benken‹ (Bremer Statut); ›binnen die vier benke‹ (Gaupp: Das alte magdeburgische und hallische Recht [1826], 281).
Nach römischem Grundsatz durfte vor Sonnenaufgang kein Verfahren eröffnet werden und nach Sonnenuntergang keines mehr fortgeführt werden, d.h. bis Sonnenuntergang mußte das Urteil gesprochen und die Strafe vollzogen sein. Konnte bis dahin kein Urteil gefunden werden, so mußte der Prozeß verschoben werden, woraus sich oft eine sehr lange Frist (Ufschub) ergab. Als Zeichen für den unerledigten Gerichtshandel wurden Stühle und Bänke umgeworfen: ›und man warf allenthalben stuel und benk ein, damit nichts aus der sach werde‹ (Zimmerische Chronik, 3, 98).
Oft konnte kein Urteil zustande kommen, weil das Verfahren die Befragung der Schöffen zu jedem einzelnen Punkt vorsah: »und so seind gegangen aus gesetzter bank die geschworene schultesen und schöffen und haben sich beredt und besprochen miteinander, darnach seint sie wieder sitzen gegangen in gericht und hent geantwortet uf die vorfrage« (Eschborner Weistum 1447).
In vielen Fällen kam es bis zum Sonnenuntergang deshalb nicht zu dem erwarteten Urteil.
Der Streit wurde vor andere Urteiler gebracht, d.h. die Umstehenden konnten das Urteil eines Schöffen anfechten (daher die Redensart: ›Umstände machen‹; vgl. Umstand): »schilt ir ordel en ir genot, he sal des bankes bidden, en ander to vindene, so sal jene upstan, de 't ordel vant, unde der sal sik setten in sine stat unde vinde dat ime recht dünke« (Sachsenspiegel 3, 69). Es gab u.a. auch gewohnheitsmäßiges Verzögern. So war es zum Teil bei den Bauern üblich, zweimal ohne Ergebnis wiederzukommen und erst nach dem dritten Beratungsgang ihr Urteil abzugeben (Glosse zum Sachsenspiegel 1, 58). Ein gescholtenes Urteil konnte auf derselben Bank unter Vorsitz desselben Richters gefällt oder aber an ein höheres Gericht (mit höherer Schöffenzahl) verwiesen werden: In einem Urspringer Weistum vom Jahre 1545 heißt es: » ... werden sie des urteils eins, so sollen sie es heraus sprechen, werden sie aber des urteils nicht eins, so mögen sie das urteil schieben bis zum nechsten gericht« (d.h. einem Gericht mit langer Schöffenbank).
Daß die Redensart mit der Schöffenbank zu tun hat, die wegen der langwierigen Verhörpraxis für den wiederholten Aufschub und die Verlängerung der Prozeßdauer verantwortlich war, geht auch aus den folgenden Textstellen hervor: »doch damit meine Sache nicht in die lange Bank komme, sondern in kurzer verhör abgehandelt werde« (A. Gryphius, Senyanne [1663] 2, 1 in dessen Teutschen Gedichten I [1698], 859).
Eine weitere Bestätigung dieses Sachverhalts findet sich in einem bei A. Götze vermerkten Zitat von Joh. Leonhard Frisch in seinem Teutsch-lateinischen Wörterbuch 1 (1741) 57: ›Auff die lange Bank schieben (in longi subsellii judicationem differe) ist so viel als aufschieben, bis ihrer mehr zu Gerichte sitzen, ut magno judicum concessu res definiatur‹.
Auch die Ratsbank gehört in diesen Zusammenhang, da es nach Eichhorn (Zeitschrift für geschichtliche Rechtswissenschaft 2,165) die ›rathsmannen‹ oder ›rathsherrn‹ waren, die im Mittelalter als ›rathgeber‹ und Schöffen bei Gericht mit ›rathgeben‹ beschäftigt waren. Die Redensart ›Etwas auf die lange Bank schieben‹ bedeutete daher ursprünglich wohl nur: an ein anderes Gericht verweisen »en ordel ›tien‹ – ›to rechte tien‹« (Sachsenspiegel 2, 12). Im Urspringer Weistum wird für ›ziehen‹ das Synonym ›schieben‹ gebraucht: »schieben bis zum nechsten gericht«. Später wurde die Redensart allgemeiner gebraucht im Sinne von ›einen Prozeß in die Länge ziehen‹.
In den großen Rechtsstreit des Bistums Worms, der beim Kammergericht anhängig war, greift 1499 Bischof Johann III. ein mit der Mahnung: »hat sich leider die Sach bißhero länger dann uns nutz verlängert, were zu besorgen, daß sie alsdann gantz uf die lange Bahn gesetzet würde«. Vom ungerechten Richter des Evangeliums predigt Geiler von Kaysersberg (gest. 1510): »der richter kert sich nüt doran, sunder thett ein toub or dorzu, und wolt sye nit erhören durch lange zeyt. Er richt die sach yemermeder uff den langen banck«. Bei Geiler finden sich außerdem die Fassungen: »ob man dich uff den langen banck wisset ... man wisset in uff den langen banck«, und: »so ... man die sach uff die langen banck zeucht«.
Noch bei Lessing in einem Brief vom 12. Juni 1759 an seinen Vater heißt es: »Sie werden selbst wissen, wie sehr ein Prozeß in Sachsen auf die lange Bank geschoben werden kann«.
Schwäbisch heißt es ›der Bank‹; sonst hat die Redensart in den Mundarten nur ausnahmsweise Fuß gefaßt – ein weiteres Zeichen dafür, daß sie eben aus Gerichtssaal und Aktenkammer stammt.
Durch die Bank: vom ersten bis zum letzten, ohne Ausnahme, ohne Unterschied; eigentlich in der Reihenfolge, wie alle auf der Bank sitzen. Die Redensart ist von einer alten Tischsitte hergeleitet. Bei den Mahlzeiten wurden alle der Reihe nach ohne Bevorzugung bedient. Die literarischen Belege reichen in mittelhochdeutsche Zeit zurück; um 1296 schildert die Livländische Reimchronik (V. 938 ff.) eine reiche Mahlzeit und rühmt den Wirt wegen seiner guten Verpflegung:
die wirtschaft was also getân,
daz sie im alle sageten danc.
rîche vnd arme durch die banc,
der pflac man vollenclîch alsô,
daz sie alle in gote waren vrô.
Auch im mittelalterlichen Reichstag hatten die Bänke (z.B. die Fürstenbank) eine strenge Rangordnung; dies gilt in ländlichen Bereichen bis heute auch für die Sitzordnung in der Kirchenbank.
Die folgenden Redensarten sprechen von der Bank des häuslichen Bereichs:
An der Bank anfangen und am Tisch aufhören: klein beginnen und gut enden.
Einen auf die Ofenbank setzen: ihn lange warten lassen, eine alemannische Redensart
Jemanden auf eine Bank mit einem andern setzen: ihn für gleichberechtigt oder nicht für besser halten
(vgl. Lessing 6, 226: »und ich habe Cramern geschmäht, daß ich ihn mit Popen auf eine Bank setze?«).
Unter der Bank war der Platz für Minderwertiges und Verachtetes. So sagt Luther vom Papst: »er leszt das evangelium unter der bank ligen«. Die Redensart Etwas unter die Bank legen (auch schieben oder stoßen) bedeutet: es beiseite legen, wegwerfen, verbergen; Einen unter die Bank tun: ihn herabsetzen.
Von der Bank fallen: uneheliche Kinder zeugen, vgl. bei Grimm: »Er ist mit der Dirne von der Bank gefallen«, d.h., er hat mit ihr ein uneheliches Kind (Bankert) gezeugt.
Die Bänke des Tanzbodens sind in den beiden folgenden Redensarten gemeint: obersächsisch ›die Bank scheuern‹ und thüringisch ›mit Bankhansen tanzen‹, beim Tanz wiederholt sitzenbleiben.
Etwas auf allen Bänken singen: etwas von allen Dächern rufen, spielt auf die Bänkelsänger an, die sich bei Festen und Jahrmärkten auf Bänke stellten, um besser gehört zu werden. In der Redensart Leeren Bänken predigen: keine Zuhörer haben, sind zweifellos die Kirchenbänke gemeint. Heute wird sie aber meist im parlamentarischen Bereich verwendet, wenn es für eine Rede keine Interessenten (mehr) gibt. Von allen Bänken des öffentlichen Lebens sind nur noch die Fleischbank, die Geldbank und die Waschbank in den folgenden sprichwörtlichen Redensarten bewahrt worden:
Einen zur Bank hauen erinnert an die Fleischbank. Die Redensart meint eigentlich: jemanden in Stücke zerhauen, wie man sie auf der Fleischbank des Metzgers zum Verkauf auslegte. So heißt es bei G.A. Bürger (›Lied der Treue‹): »Wir haun, als hackten wir Fleisch zur Bank«. Die ältere Bedeutung ist aber: jemanden verleumden. Das geht z.B. hervor aus einer Stelle in Leonhard Thurneissers 1584 erschienener Schrift ›Notgedrungenes Ausschreiben‹, wo es heißt: »Hat mich redlichen über die Zunge springen lassen und zur Bank gehauen«. Heute heißt einen zur Bank hauen soviel wie: ihn im Wortgefecht mundtot machen (vgl. ›einen in die ⇨ Pfanne hauen‹).
Einen durch die Bank ziehen: lästern, schelten. Die Redensart stammt von der Hechelbank, auf der der Flachs gereinigt wurde. So heißt es im 17. Jahrhundert bei Joh. B. Schuppius: »auß der Ursache haben die Herren Scholarchen ihn ... tapffer hergenommen, dadurch es verursacht worden den Aristotelem wider wacker durch die Banck zu ziehen«, ⇨ Hechel.
Auf die Waschbank führen (kommen): Geschwätz, ›Gewäsch‹ über jemanden anstellen, wobei an den Einfluß von waschen in der Bedeutung ›plaudern, klatschen‹ zu denken ist. Elsässisch nennt man eine nicht aufhörende Schwätzerin ›eine lewendige Wäschbank‹. Thüringisch ›Geld in den Bänken haben‹, Vorrat haben; mecklenburgisch ›in Bänken hewwen‹, Vermögen besitzen. Beide Wendungen sind durchaus mit der Vorstellung der Anlage des Geldes auf der Bank verbunden. Auf die Bank als Geldinstitut bezieht sich auch der redensartliche Vergleich So sicher wie die Bank (niederländisch ›zo vast als de bank‹, französisch ›comme la banque‹ [veraltet], englisch ›his word is as good as the bank‹.)
Die Bank sprengen, seine Bank ist gesprengt: sein Bargeld ist zu Ende, er hat keine Kraft mehr; vgl. französisch ›faire sauter la banque‹ im Sinne von einen ungedeckten Scheck ausstellen.
Auf der Bank der Spötter sitzen bezieht sich auf Ps. I, 1 in Luthers Bibelübersetzung.
Im politischen Bereich sind in neuester Zeit einige Wendungen entstanden, die in ihrer Bildhaftigkeit von großer Aussagekraft sind. So weist Die harte Bank der Opposition darauf hin, daß es ein hartes Brot ist, in der Opposition die vielfältigen Vorteile einer Regierungspartei entbehren zu müssen. ›Hinterbänkler‹ aber sind Abgeordnete, die als Neulinge auf den hinteren Plätzen sitzen müssen, oder auch sonst nicht durch besondere Aktivitäten auffallen.
• J. GRIMM: Deutsche Rechtsaltertümer II, S. 435 ff., 485 ff., 502 ff.; A. GÖTZE: Eine Redensart aus dem Rechtsleben, in: Zeitschrift für Deutschkunde, 38 (1924), S. 94-99 (zu: ›auf die lange Bank schieben‹); RICHTER-WEISE, Nr. 12 und 13, S. 15-17; L. SCHMIDT: Bank und Stuhl und Thron, in: Antaios XII, 1 (1970), S. 85-103; DERS.: Stuhl und Sessel. Zur Geschichte des europäischen Sitzmöbels, in: Studia Ethnographica et Folkloristica in Honorem Béla Gunda (Debrecen 1971), S. 349-359; G. BUCHDA: Artikel ›Gerichtsverfahren‹, in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte I, Spalte 1551-1563.
Durch die Bank. Detail aus einem Votivbild, 1. Hälfte 19. Jahrhundert.
Auf allen Bänken singen %.mxjmSpottblatt auf die Jahrmarktsänger: »Jean Pompesac, privilegirter Marckt- und Zeitungs Sänger mit seinem musikalischen Weibe«, anonymer Kupferstich aus der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts.
Vor leeren Bänken. Karikatur von Haitzinger v. 79, aus: SPIEGEL, Nr. 10, 1982.
Die harte Bank der Opposition. Karikatur von Wolter, aus: Badische Zeitung., Nr. 95, vom 26.IV.1977.
Als erste schreibt 1481 die Kurfürstin Anna von Brandenburg über einen Gerichtshandel: »Kombt it herauß, so underwindt sich der vater, euer sach zu treiben, damit sie zu einem end kombt ... sußt wurdt es dortinnen in die langen truhen gespilt« (Steinhausen, Privatbriefe des Mittelalters I, 233). Die Truhe erscheint hier synonym mit Bank. Ähnlich im Sprachgebrauch Luthers: »Wo es also ins Recht keme, Hoffet ich, Es solte in die lange Druen komen, Wie es mit Paulo auch gescha«. An anderer Stelle: »laßt der armen leüt hendel nit jar und tag in der langen truchen ligen zu irem mercklichem verderben«.
Es könnte sich bei ›Truhe‹ jedoch auch um eine sekundäre Begriffsbildung handeln und der Ursprung der Redensart durchaus primär in der Verwendung der Bank als Sitzgelegenheit zu suchen sein, z.B. im Gerichtssaal. Das Urteil mußte im Sitzen gefunden werden (Sachsenspiegel 2. 12; 3. 69). Der Richter saß gewöhnlich auf einem Stuhl, die Schöffen nach der Ordnung auf der Schöffenbank. Daher heißt es nach dem Sachsenspiegel (3. 69) auch: ›bankes bidden‹. Auch andere, vor allem niederdeutsche Urkunden und Statuten nennen die Gerichtsbank, Schöppenbank, ›banca scabinorum‹. Gewöhnlich ist von vier Bänken die Rede: ›klagen binnen ver benken‹ (Bremer Statut); ›binnen die vier benke‹ (Gaupp: Das alte magdeburgische und hallische Recht [1826], 281).
Nach römischem Grundsatz durfte vor Sonnenaufgang kein Verfahren eröffnet werden und nach Sonnenuntergang keines mehr fortgeführt werden, d.h. bis Sonnenuntergang mußte das Urteil gesprochen und die Strafe vollzogen sein. Konnte bis dahin kein Urteil gefunden werden, so mußte der Prozeß verschoben werden, woraus sich oft eine sehr lange Frist (Ufschub) ergab. Als Zeichen für den unerledigten Gerichtshandel wurden Stühle und Bänke umgeworfen: ›und man warf allenthalben stuel und benk ein, damit nichts aus der sach werde‹ (Zimmerische Chronik, 3, 98).
Oft konnte kein Urteil zustande kommen, weil das Verfahren die Befragung der Schöffen zu jedem einzelnen Punkt vorsah: »und so seind gegangen aus gesetzter bank die geschworene schultesen und schöffen und haben sich beredt und besprochen miteinander, darnach seint sie wieder sitzen gegangen in gericht und hent geantwortet uf die vorfrage« (Eschborner Weistum 1447).
In vielen Fällen kam es bis zum Sonnenuntergang deshalb nicht zu dem erwarteten Urteil.
Der Streit wurde vor andere Urteiler gebracht, d.h. die Umstehenden konnten das Urteil eines Schöffen anfechten (daher die Redensart: ›Umstände machen‹; vgl. Umstand): »schilt ir ordel en ir genot, he sal des bankes bidden, en ander to vindene, so sal jene upstan, de 't ordel vant, unde der sal sik setten in sine stat unde vinde dat ime recht dünke« (Sachsenspiegel 3, 69). Es gab u.a. auch gewohnheitsmäßiges Verzögern. So war es zum Teil bei den Bauern üblich, zweimal ohne Ergebnis wiederzukommen und erst nach dem dritten Beratungsgang ihr Urteil abzugeben (Glosse zum Sachsenspiegel 1, 58). Ein gescholtenes Urteil konnte auf derselben Bank unter Vorsitz desselben Richters gefällt oder aber an ein höheres Gericht (mit höherer Schöffenzahl) verwiesen werden: In einem Urspringer Weistum vom Jahre 1545 heißt es: » ... werden sie des urteils eins, so sollen sie es heraus sprechen, werden sie aber des urteils nicht eins, so mögen sie das urteil schieben bis zum nechsten gericht« (d.h. einem Gericht mit langer Schöffenbank).
Daß die Redensart mit der Schöffenbank zu tun hat, die wegen der langwierigen Verhörpraxis für den wiederholten Aufschub und die Verlängerung der Prozeßdauer verantwortlich war, geht auch aus den folgenden Textstellen hervor: »doch damit meine Sache nicht in die lange Bank komme, sondern in kurzer verhör abgehandelt werde« (A. Gryphius, Senyanne [1663] 2, 1 in dessen Teutschen Gedichten I [1698], 859).
Eine weitere Bestätigung dieses Sachverhalts findet sich in einem bei A. Götze vermerkten Zitat von Joh. Leonhard Frisch in seinem Teutsch-lateinischen Wörterbuch 1 (1741) 57: ›Auff die lange Bank schieben (in longi subsellii judicationem differe) ist so viel als aufschieben, bis ihrer mehr zu Gerichte sitzen, ut magno judicum concessu res definiatur‹.
Auch die Ratsbank gehört in diesen Zusammenhang, da es nach Eichhorn (Zeitschrift für geschichtliche Rechtswissenschaft 2,165) die ›rathsmannen‹ oder ›rathsherrn‹ waren, die im Mittelalter als ›rathgeber‹ und Schöffen bei Gericht mit ›rathgeben‹ beschäftigt waren. Die Redensart ›Etwas auf die lange Bank schieben‹ bedeutete daher ursprünglich wohl nur: an ein anderes Gericht verweisen »en ordel ›tien‹ – ›to rechte tien‹« (Sachsenspiegel 2, 12). Im Urspringer Weistum wird für ›ziehen‹ das Synonym ›schieben‹ gebraucht: »schieben bis zum nechsten gericht«. Später wurde die Redensart allgemeiner gebraucht im Sinne von ›einen Prozeß in die Länge ziehen‹.
In den großen Rechtsstreit des Bistums Worms, der beim Kammergericht anhängig war, greift 1499 Bischof Johann III. ein mit der Mahnung: »hat sich leider die Sach bißhero länger dann uns nutz verlängert, were zu besorgen, daß sie alsdann gantz uf die lange Bahn gesetzet würde«. Vom ungerechten Richter des Evangeliums predigt Geiler von Kaysersberg (gest. 1510): »der richter kert sich nüt doran, sunder thett ein toub or dorzu, und wolt sye nit erhören durch lange zeyt. Er richt die sach yemermeder uff den langen banck«. Bei Geiler finden sich außerdem die Fassungen: »ob man dich uff den langen banck wisset ... man wisset in uff den langen banck«, und: »so ... man die sach uff die langen banck zeucht«.
Noch bei Lessing in einem Brief vom 12. Juni 1759 an seinen Vater heißt es: »Sie werden selbst wissen, wie sehr ein Prozeß in Sachsen auf die lange Bank geschoben werden kann«.
Schwäbisch heißt es ›der Bank‹; sonst hat die Redensart in den Mundarten nur ausnahmsweise Fuß gefaßt – ein weiteres Zeichen dafür, daß sie eben aus Gerichtssaal und Aktenkammer stammt.
Durch die Bank: vom ersten bis zum letzten, ohne Ausnahme, ohne Unterschied; eigentlich in der Reihenfolge, wie alle auf der Bank sitzen. Die Redensart ist von einer alten Tischsitte hergeleitet. Bei den Mahlzeiten wurden alle der Reihe nach ohne Bevorzugung bedient. Die literarischen Belege reichen in mittelhochdeutsche Zeit zurück; um 1296 schildert die Livländische Reimchronik (V. 938 ff.) eine reiche Mahlzeit und rühmt den Wirt wegen seiner guten Verpflegung:
die wirtschaft was also getân,
daz sie im alle sageten danc.
rîche vnd arme durch die banc,
der pflac man vollenclîch alsô,
daz sie alle in gote waren vrô.
Auch im mittelalterlichen Reichstag hatten die Bänke (z.B. die Fürstenbank) eine strenge Rangordnung; dies gilt in ländlichen Bereichen bis heute auch für die Sitzordnung in der Kirchenbank.
Die folgenden Redensarten sprechen von der Bank des häuslichen Bereichs:
An der Bank anfangen und am Tisch aufhören: klein beginnen und gut enden.
Einen auf die Ofenbank setzen: ihn lange warten lassen, eine alemannische Redensart
Jemanden auf eine Bank mit einem andern setzen: ihn für gleichberechtigt oder nicht für besser halten
(vgl. Lessing 6, 226: »und ich habe Cramern geschmäht, daß ich ihn mit Popen auf eine Bank setze?«).
Unter der Bank war der Platz für Minderwertiges und Verachtetes. So sagt Luther vom Papst: »er leszt das evangelium unter der bank ligen«. Die Redensart Etwas unter die Bank legen (auch schieben oder stoßen) bedeutet: es beiseite legen, wegwerfen, verbergen; Einen unter die Bank tun: ihn herabsetzen.
Von der Bank fallen: uneheliche Kinder zeugen, vgl. bei Grimm: »Er ist mit der Dirne von der Bank gefallen«, d.h., er hat mit ihr ein uneheliches Kind (Bankert) gezeugt.
Die Bänke des Tanzbodens sind in den beiden folgenden Redensarten gemeint: obersächsisch ›die Bank scheuern‹ und thüringisch ›mit Bankhansen tanzen‹, beim Tanz wiederholt sitzenbleiben.
Etwas auf allen Bänken singen: etwas von allen Dächern rufen, spielt auf die Bänkelsänger an, die sich bei Festen und Jahrmärkten auf Bänke stellten, um besser gehört zu werden. In der Redensart Leeren Bänken predigen: keine Zuhörer haben, sind zweifellos die Kirchenbänke gemeint. Heute wird sie aber meist im parlamentarischen Bereich verwendet, wenn es für eine Rede keine Interessenten (mehr) gibt. Von allen Bänken des öffentlichen Lebens sind nur noch die Fleischbank, die Geldbank und die Waschbank in den folgenden sprichwörtlichen Redensarten bewahrt worden:
Einen zur Bank hauen erinnert an die Fleischbank. Die Redensart meint eigentlich: jemanden in Stücke zerhauen, wie man sie auf der Fleischbank des Metzgers zum Verkauf auslegte. So heißt es bei G.A. Bürger (›Lied der Treue‹): »Wir haun, als hackten wir Fleisch zur Bank«. Die ältere Bedeutung ist aber: jemanden verleumden. Das geht z.B. hervor aus einer Stelle in Leonhard Thurneissers 1584 erschienener Schrift ›Notgedrungenes Ausschreiben‹, wo es heißt: »Hat mich redlichen über die Zunge springen lassen und zur Bank gehauen«. Heute heißt einen zur Bank hauen soviel wie: ihn im Wortgefecht mundtot machen (vgl. ›einen in die ⇨ Pfanne hauen‹).
Einen durch die Bank ziehen: lästern, schelten. Die Redensart stammt von der Hechelbank, auf der der Flachs gereinigt wurde. So heißt es im 17. Jahrhundert bei Joh. B. Schuppius: »auß der Ursache haben die Herren Scholarchen ihn ... tapffer hergenommen, dadurch es verursacht worden den Aristotelem wider wacker durch die Banck zu ziehen«, ⇨ Hechel.
Auf die Waschbank führen (kommen): Geschwätz, ›Gewäsch‹ über jemanden anstellen, wobei an den Einfluß von waschen in der Bedeutung ›plaudern, klatschen‹ zu denken ist. Elsässisch nennt man eine nicht aufhörende Schwätzerin ›eine lewendige Wäschbank‹. Thüringisch ›Geld in den Bänken haben‹, Vorrat haben; mecklenburgisch ›in Bänken hewwen‹, Vermögen besitzen. Beide Wendungen sind durchaus mit der Vorstellung der Anlage des Geldes auf der Bank verbunden. Auf die Bank als Geldinstitut bezieht sich auch der redensartliche Vergleich So sicher wie die Bank (niederländisch ›zo vast als de bank‹, französisch ›comme la banque‹ [veraltet], englisch ›his word is as good as the bank‹.)
Die Bank sprengen, seine Bank ist gesprengt: sein Bargeld ist zu Ende, er hat keine Kraft mehr; vgl. französisch ›faire sauter la banque‹ im Sinne von einen ungedeckten Scheck ausstellen.
Auf der Bank der Spötter sitzen bezieht sich auf Ps. I, 1 in Luthers Bibelübersetzung.
Im politischen Bereich sind in neuester Zeit einige Wendungen entstanden, die in ihrer Bildhaftigkeit von großer Aussagekraft sind. So weist Die harte Bank der Opposition darauf hin, daß es ein hartes Brot ist, in der Opposition die vielfältigen Vorteile einer Regierungspartei entbehren zu müssen. ›Hinterbänkler‹ aber sind Abgeordnete, die als Neulinge auf den hinteren Plätzen sitzen müssen, oder auch sonst nicht durch besondere Aktivitäten auffallen.
• J. GRIMM: Deutsche Rechtsaltertümer II, S. 435 ff., 485 ff., 502 ff.; A. GÖTZE: Eine Redensart aus dem Rechtsleben, in: Zeitschrift für Deutschkunde, 38 (1924), S. 94-99 (zu: ›auf die lange Bank schieben‹); RICHTER-WEISE, Nr. 12 und 13, S. 15-17; L. SCHMIDT: Bank und Stuhl und Thron, in: Antaios XII, 1 (1970), S. 85-103; DERS.: Stuhl und Sessel. Zur Geschichte des europäischen Sitzmöbels, in: Studia Ethnographica et Folkloristica in Honorem Béla Gunda (Debrecen 1971), S. 349-359; G. BUCHDA: Artikel ›Gerichtsverfahren‹, in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte I, Spalte 1551-1563.
Durch die Bank. Detail aus einem Votivbild, 1. Hälfte 19. Jahrhundert.
Auf allen Bänken singen %.mxjmSpottblatt auf die Jahrmarktsänger: »Jean Pompesac, privilegirter Marckt- und Zeitungs Sänger mit seinem musikalischen Weibe«, anonymer Kupferstich aus der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts.
Vor leeren Bänken. Karikatur von Haitzinger v. 79, aus: SPIEGEL, Nr. 10, 1982.
Die harte Bank der Opposition. Karikatur von Wolter, aus: Badische Zeitung., Nr. 95, vom 26.IV.1977.