Redensarten Lexikon
Arm
Einem unter die Arme greifen: ihm in einer augenblicklichen Not oder Verlegenheit behilflich sein. Die ursprüngliche Vorstellung ist, daß man einem Strauchelnden oder Umsinkenden beispringt und ihn unter den Armen umfängt, ehe er zu Fall kommt; oder daß der Sekundant dem Fechtenden den Arm stützt. Von einem Hilfsbedürftigen sagt Lehmann 1639 (Helffen 52; S. 387): »Es hat mancher flüggel, kan sich aber nicht auffschwingen, wenn man ihm nicht unter die Arm greifft«. Heute wird die Redensart vielfach nur noch bildlich gebraucht, wenn wir einem Hilfsbedürftigen etwa mit Geld oder mit einem guten Rat unter die Arme greifen. Das Bild ist aber doch noch zu handgreiflich, als daß man solche Wendungen anders als mit leisem Spott und mit dem deutlichen Gefühl der schiefen Ausdrucksweise gebrauchen könnte; vgl. etwa die berlinische Parodie eines Tischgespräches: ›Freilein, derf ick Ihnen mit 'n bisken Appelmus (auch: Krabbensalat) unter de Arme jreifen?‹
Einen auf den Arm (aufs Ärmchen) nehmen: ihn zum besten haben, verspotten, anführen, necken. Auf den Arm nimmt man das kleine Kind; in übertragener Bedeutung wird also der Geneckte wie ein Kind behandelt. (»Etwa seit 1850« lt. Küpper); vgl. englisch: ›to pull one's leg‹.
Einen langen Arm haben: großen Einfluß haben. Der Arm gibt die Reichweite eines Menschen an. Die Redensart gehört dem 19. Jahrhundert an, entsprechend französisch ›avoir le bras long‹, ist aber schon in der Antike vorgebildet. So finden sich schon in den ›Heroiden‹ von Ovid (V. 13, 54) die Verse: »An nescias longas regibus esse manus«. Im 16. Jahrhundert hieß es deshalb gleichbedeutend noch ›Lange Hände haben‹.
Die Feststellung Er hat zu kurze Arme (niederländisch ›Zijne armen zijn te kort‹) wendet die Redensart ins Negative und deutet den voraussichtlichen Mißerfolg an, der auf geringem Einfluß, zu wenig Kapital, aber auch auf geistigem Unvermögen beruht. ›Die Arme sind zu kurz‹ wird auch von einem Weitsichtigen gesagt, weil er ein Schriftstück weit weg von den Augen halten muß, um es ohne Brille lesen zu können.
Jemandem in den Arm fallen: noch gerade rechtzeitig etwas zu verhindern wissen, energisch eingreifen, gegen eine aggressive Handlung vorgehen.
Jemandem in die Arme laufen: zufällig begegnen. Diese Wendung braucht der Verärgerte, der ein Zusammentreffen gerade vermeiden wollte.
Sich jemandem in die Arme werfen: seine Zuflucht zu jemandem nehmen, sich seiner Gewalt freiwillig unterordnen. Die Redensart hat immer mehr einen negativen Sinn erhalten und wird meist auf junge Mädchen oder Frauen angewandt, die allzu leicht bereit sind, die Geliebte oder Frau eines ihnen bisher Unbekannten zu werden. In der Wendung Sich dem Vergnügen (Laster) in die Arme werfen ist die Bedeutungsverschlechterung besonders auffallend.
Mit verschränkten Armen dabeistehen (oder zusehen): sich völlig passiv verhalten, untätig bleiben, nicht helfen. Die Redensart beruht auf einer Gleichgültigkeitsgebärde und kann sie ersetzen. Auch im älteren Recht waren solche Gebärden üblich, wie Darstellungen aus dem ›Sachsenspiegel‹ erweisen.
Auch die Redensart Einen mit offenen Armen aufnehmen (empfangen): einen sehnlich Erwarteten oder auch einen unverhofften lieben Besuch freudig begrüßen, steht symbolisch für eine Geste, ebenso die Wendung Jemanden dem Gegner (Laster) in die Arme treiben, jedoch in negativer Bedeutung.
Mit zertanen Armen beten: mit offenen, im Gegensatz zu gefalteten Händen – vor allem vor Schlachten – beten; ist besonders in der Schweiz »ein alteidgenössischer Brauch« gewesen (Ochsenheim).
Die Wendungen Die Arme freihaben, die Arme freibekommen und Sich die Arme freihalten, ursprünglich auf den Kampf bezogen, meinen heute: keine Behinderung haben, nach freien Entschlüssen handeln können; Zeit und Kraft für neue Aufgaben besitzen.
Der rechte Arm von jemandem sein: seine Stütze, seine beste Hilfe sein; ⇨ Hand.
Mit dem krummen Arme kommen: Geschenke bringen.
Etwas mit dem weichen Arme umfassen: eine Angelegenheit milde behandeln, günstig entscheiden.
Bis über beide Arme in etwas hineingreifen (auch stecken, verschuldet sein): sehr tief in etwas hineingeraten, zu hoch verschuldet sein, so daß fremde Hilfe nötig erscheint. Dieselbe Bedeutung hat die Wendung ›Bis zu den Schultern‹.
Mit den Armen höher greifen, als die Hände reichen: die gesteckten Ziele sind unerreichbar; Erhofftes kann sich nicht erfüllen.
Die Beine unter den Arm nehmen: schnell laufen, sich beeilen.
Den Kopf unter dem Arm tragen: schwerkrank, todkrank sein. Die Redensart beruht auf der Vorstellung, daß Gespenster häufig ohne Kopf erscheinen, den sie unter dem Arm tragen, und geht wohl auch auf bildliche Darstellungen der Heiligenlegenden zurück, in denen enthauptete Märtyrer ihren Kopf tragen, wie z.B. Alban, Dionysius, Exuperius, Felix und Regula, Firminus und Nikasius.
Einen am steifen (ausgestreckten) Arm verhun-
gern lassen: Drohung oder Warnung eines Kraftmenschen; vielleicht nach dem Vorbild Augusts des Starken, Kurfürsten von Sachsen.
• W.F. PRIDEAUX: To pull one's leg, in: American Notes and Queries 11, 8 (1913), S. 213; S.J. LOOKER: With open arms, in: American Notes and Queries 188 (1945), S. 152; P. OCHSENHEIM: Beten mit ›zertanen armen‹ – ein alteidgenössischer Brauch, in: Schweizerisches Archiv für Volkskunde 75 (1979), S. 129-172; V. RUKE- DRAVINA: Hand, Arm and Finger in Latvian and Swedish Phraseology: a comparison, in: Proverbium paratum 1 (1980), S. 63-81.}
Mit verschränkten Armen dastehen. Heidelberger Sachsenspiegelhandschrift, 13. Jahrhundert.
Einen auf den Arm (aufs Ärmchen) nehmen: ihn zum besten haben, verspotten, anführen, necken. Auf den Arm nimmt man das kleine Kind; in übertragener Bedeutung wird also der Geneckte wie ein Kind behandelt. (»Etwa seit 1850« lt. Küpper); vgl. englisch: ›to pull one's leg‹.
Einen langen Arm haben: großen Einfluß haben. Der Arm gibt die Reichweite eines Menschen an. Die Redensart gehört dem 19. Jahrhundert an, entsprechend französisch ›avoir le bras long‹, ist aber schon in der Antike vorgebildet. So finden sich schon in den ›Heroiden‹ von Ovid (V. 13, 54) die Verse: »An nescias longas regibus esse manus«. Im 16. Jahrhundert hieß es deshalb gleichbedeutend noch ›Lange Hände haben‹.
Die Feststellung Er hat zu kurze Arme (niederländisch ›Zijne armen zijn te kort‹) wendet die Redensart ins Negative und deutet den voraussichtlichen Mißerfolg an, der auf geringem Einfluß, zu wenig Kapital, aber auch auf geistigem Unvermögen beruht. ›Die Arme sind zu kurz‹ wird auch von einem Weitsichtigen gesagt, weil er ein Schriftstück weit weg von den Augen halten muß, um es ohne Brille lesen zu können.
Jemandem in den Arm fallen: noch gerade rechtzeitig etwas zu verhindern wissen, energisch eingreifen, gegen eine aggressive Handlung vorgehen.
Jemandem in die Arme laufen: zufällig begegnen. Diese Wendung braucht der Verärgerte, der ein Zusammentreffen gerade vermeiden wollte.
Sich jemandem in die Arme werfen: seine Zuflucht zu jemandem nehmen, sich seiner Gewalt freiwillig unterordnen. Die Redensart hat immer mehr einen negativen Sinn erhalten und wird meist auf junge Mädchen oder Frauen angewandt, die allzu leicht bereit sind, die Geliebte oder Frau eines ihnen bisher Unbekannten zu werden. In der Wendung Sich dem Vergnügen (Laster) in die Arme werfen ist die Bedeutungsverschlechterung besonders auffallend.
Mit verschränkten Armen dabeistehen (oder zusehen): sich völlig passiv verhalten, untätig bleiben, nicht helfen. Die Redensart beruht auf einer Gleichgültigkeitsgebärde und kann sie ersetzen. Auch im älteren Recht waren solche Gebärden üblich, wie Darstellungen aus dem ›Sachsenspiegel‹ erweisen.
Auch die Redensart Einen mit offenen Armen aufnehmen (empfangen): einen sehnlich Erwarteten oder auch einen unverhofften lieben Besuch freudig begrüßen, steht symbolisch für eine Geste, ebenso die Wendung Jemanden dem Gegner (Laster) in die Arme treiben, jedoch in negativer Bedeutung.
Mit zertanen Armen beten: mit offenen, im Gegensatz zu gefalteten Händen – vor allem vor Schlachten – beten; ist besonders in der Schweiz »ein alteidgenössischer Brauch« gewesen (Ochsenheim).
Die Wendungen Die Arme freihaben, die Arme freibekommen und Sich die Arme freihalten, ursprünglich auf den Kampf bezogen, meinen heute: keine Behinderung haben, nach freien Entschlüssen handeln können; Zeit und Kraft für neue Aufgaben besitzen.
Der rechte Arm von jemandem sein: seine Stütze, seine beste Hilfe sein; ⇨ Hand.
Mit dem krummen Arme kommen: Geschenke bringen.
Etwas mit dem weichen Arme umfassen: eine Angelegenheit milde behandeln, günstig entscheiden.
Bis über beide Arme in etwas hineingreifen (auch stecken, verschuldet sein): sehr tief in etwas hineingeraten, zu hoch verschuldet sein, so daß fremde Hilfe nötig erscheint. Dieselbe Bedeutung hat die Wendung ›Bis zu den Schultern‹.
Mit den Armen höher greifen, als die Hände reichen: die gesteckten Ziele sind unerreichbar; Erhofftes kann sich nicht erfüllen.
Die Beine unter den Arm nehmen: schnell laufen, sich beeilen.
Den Kopf unter dem Arm tragen: schwerkrank, todkrank sein. Die Redensart beruht auf der Vorstellung, daß Gespenster häufig ohne Kopf erscheinen, den sie unter dem Arm tragen, und geht wohl auch auf bildliche Darstellungen der Heiligenlegenden zurück, in denen enthauptete Märtyrer ihren Kopf tragen, wie z.B. Alban, Dionysius, Exuperius, Felix und Regula, Firminus und Nikasius.
Einen am steifen (ausgestreckten) Arm verhun-
gern lassen: Drohung oder Warnung eines Kraftmenschen; vielleicht nach dem Vorbild Augusts des Starken, Kurfürsten von Sachsen.
• W.F. PRIDEAUX: To pull one's leg, in: American Notes and Queries 11, 8 (1913), S. 213; S.J. LOOKER: With open arms, in: American Notes and Queries 188 (1945), S. 152; P. OCHSENHEIM: Beten mit ›zertanen armen‹ – ein alteidgenössischer Brauch, in: Schweizerisches Archiv für Volkskunde 75 (1979), S. 129-172; V. RUKE- DRAVINA: Hand, Arm and Finger in Latvian and Swedish Phraseology: a comparison, in: Proverbium paratum 1 (1980), S. 63-81.}
Mit verschränkten Armen dastehen. Heidelberger Sachsenspiegelhandschrift, 13. Jahrhundert.