Redensarten Lexikon
anhängen
Einem etwas (eins) anhängen: hinter seinem Rücken Nachteiliges von ihm sagen, böse Nachrede führen, verleumden; ähnlich auch mundartlich, z.B. ostpreußisch ›einem Rad und Galgen anhängen‹, mit den ärgsten Schimpfworten ausschelten. Das Bild der Redensart stammt aus dem Rechtsbrauch des Mittelalters, bestimmte Missetäter wie Gotteslästerer, Schmäher, zänkische Weiber als ehrlose Menschen schon äußerlich zu kennzeichnen. Man hängte ihnen den ›Klapperstein‹ – ›Lasterstein‹, ›Pagstein‹ oder ›Bagstein‹ um und ließ sie ihn durch die Straßen der Stadt oder um das Rathaus schleppen. Im Mühldorfer Stadtrecht aus der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts heißt es: »Wellich leicht weib baget (mittelhochdeutsch bâgen = zanken, streiten) mit worten, die sie vermeiden sollen, wider eine purgerin oder wider ir genössin, der soll der Fronpot den bagstein um irn Hals hängen«. Trunksüchtige Weiber wurden zum Tragen von Schandflaschen oder Holzklötzen in Form von Flaschen verurteilt. Den an den Pranger gestellten Personen hängte man eine Tafel, ein Stück Blech oder einen Zettel um, worauf die Ursache der entehrenden Bestrafung zu entnehmen war. Möglicherweise geht auch der Ausdruck ›Schandfleck‹ auf solche Bräuche zurück; vgl. die im 17./18. Jahrhundert sehr beliebte Wendung ›Einem einen Schandflecken anhängen‹. Thomas Murner verwendet z.B. Ausdrücke wie ›ein spettlin (Tuchfetzen), ein lotter spettlin anhencken‹ oder ›ein blechly, ein kläpperlein anhencken‹, auch ›ein schellen anhencken‹. Hans Sachs sagt von den Mädchen, die sich über die Burschen lustig machen:
   Ihr habt das Jar und die Fastnacht
   Uns junge Gesellen seer veracht,
   Manchem ein plechlein angeschlagen;

und von Leuten, die beim Tanzen müßig zusahen:

   Die teten giftig Nachred treiben
   Von den tanzeten Mann und Weiben,
   Hingen idem ein Schantlappen an.

Ein Übergang zu einem harmloseren Anhängen ist dann die bekannte Neckerei, daß einer dem anderen einen Strohhalm, einen Lappen, ein Stück Papier oder dergleichen an den Rock steckt, um den Spott der Vorübergehenden auf den Geneckten zu lenken.

• RICHTER-WEISE, Nr. 4; GÖHRING, Nr. 9. S. 6-8; R. SCHMIDT-WIEGAND: Artikel ›Lasterstein‹, in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte II (1978), Spalte 1629-31; R. SÜSS: Hochgericht und Lasterstein. Rechtsleben im alten Freiburg (Freiburg 1980).}

Einem etwas anhängen. ›Prangersteine‹ in Span-
   genberg /Hessen.

Einem etwas anhängen. Stundenbuch der Katharina von Kleve, Anfang 15. Jahrhundert (um 1440).

Klapperstein‹ von Mühlhausen. ›Klapperstein‹ vom Rathaus in Mulhouse (Elsaß).
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