Redensarten Lexikon
Abwesenheit
Durch (seine) Abwesenheit glänzen: abwesend sein. Im alten Rom war es Sitte, bei Leichenbegängnissen die Bilder der Vorfahren (›imagines maiorum‹) der Leiche voranzutragen. Nun berichtet Tacitus in den ›Annalen‹ (3. Buch, 76. Kapitel), unter der Regierung des Kaisers Tiberius sei Junia, die Witwe des Cassius und Schwester des Brutus, gestorben und mit allen Ehren bestattet worden: »sed praefulgebant Cassius atque Brutus eo ipso, quod effigies eorum non videbantur«. (Aber Cassius und Brutus leuchteten gerade dadurch hervor, daß ihre Bildnisse nicht zu sehen waren). Es war nämlich verboten, bei öffentlichen Aufzügen die Bilder der Mörder Caesars zu zeigen. Dieses Tacitus-Zitat hat Marie Joseph de Chénier (1764-1811) in seiner Tragödie ›Tibère‹ (I,1) so wiedergegeben: »Brutus et Cassius brillaient par leur absence«. (Brutus und Cassius glänzten durch ihre Abwesenheit). Das Zitatbewußtsein ist der Redensart verlorengegangen. In der Volkssprache ist nur noch die Bedeutung einer unecht-großartigen Umschreibung für Abwesenheit übriggeblieben. Die Redensart ist allerdings nur in der Umgangssprache üblich; mundartlich fehlt sie völlig (dagegen redensartlich französisch ›briller par son absence‹; niederländisch ›schitteren door zijn afwezigheid‹).• BÜCHMANN; KÜPPER.
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