Redensarten Lexikon
Abend
Es ist noch nicht aller Tage Abend: die letzte Entscheidung ist noch nicht gefallen. In Luthers Briefen steht: »Ists doch noch nicht aller Tage Abend, so sind noch zwölf Stunden des Tages, es kann ja nicht immer wolkig seyn und Regen«. Die Redensart wird heute sowohl zum Trost als auch in der Drohung gebraucht. Es ist indessen fraglich, ob sie auf das lateinische Zitat (Livius XXXIX, 26, 9) »Nondum omnium dierum solem occidisse« zurückgeht (vgl. auch das Sprichwort ›Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben‹).    Er kann mich am Abend (besuchen)! Die Redensart bedeutet eine derbe Abweisung. Abend steht verhüllend für das tabuierte Wort › Arsch‹, und dementsprechend steht besuchen für ›lecken‹; etwa seit dem Ende des 19. Jahrhunderts gebräuchlich.
   Die Wendung Was machen wir mit dem angebrochenen Abend? ist als Euphemismus für ›späten Abend‹ oder ›Mitternacht‹ 1911 für Berlin belegt. Um die Wirkung durch den Kontrast zu steigern, ist auch die Frage ›Was machen wir mit dem angebrochenen (angerissenen) Vormittag?‹ am späten Abend gebräuchlich.

• A. TAYLOR: In the evening praise the day, in: Modern Language Notes 36 (1921), S. 115-118.
Sie können einen Link zu dem Wort setzen

Ansicht: Abend