Deutsche Idiomatik
sehen
ich seh’ es/das/(. . .) noch wie heute\
. . . Wir gehen am Strand entlang und plötzlich – ich seh’ das noch wie heute – fliegt einem Mädchen vor uns das Oberteil des Bikinis weg. Alles rennt hinterher, lacht . . .
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ich denk’, ich seh’ nicht recht! ugs
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. . . Plötzlich schellt’s, und wer steht da in der Tür? – Ich denk’ ich seh’ nicht recht! – mein Bruder, der in Brasilien lebt.
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soweit ich sehe
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(Ein Granithändler zu einem Kollegen:) Wie entwickelt sich der Markt in den letzten Wochen in Amerika? – Soweit ich sehe, gibt es Anzeichen zur Besserung, aber sicher bin ich nicht.
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das sehe sich einer an ugs – das sehe/(guck’) sich einer an!
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sehe ich so/danach aus?! ugs
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(Ein Firmenchef zu einem Geschäftsfreund, der ihn abholen will:) Sie werden mich ja am Flughafen nicht vergeblich warten lassen, nicht? – Sehe ich so aus? – Ich hab’ schon soviel erlebt, wissen Sie . . . – Aber doch nicht mit mir!
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wenn ich den/die/den Ernst/. . . sehe, dann ... ugs
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Wenn ich den Prof. Maurer sehe, dann krieg’ ich jedes Mal schlechte Laune. Was der mir im Leben alles eingebrockt hat! . . .
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ich sehe einige/. . ., die nicht da sind ugs – iron
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(In der Schule:) . . . Guten Morgen! . . . Hm . . . Ich sehe wieder einige, die nicht da sind! Wieder krank?! . . . Klar, Montagmorgen . . . Wenn sie doch mal dienstags krank würden oder donnerstags! . . . Na, dann wollen wir mal sehen, was die Anwesenden von dem Stoff vom Freitag behalten haben . . .
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. . . wohl/. . ., oder wie sehe ich das? ugs
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1. . . . Wenn Schuckert plötzlich so mit den Preisen heruntergeht, hat er bestimmt finanzielle Sorgen und muß unbedingt verkaufen, oder wie sehe ich das? – Ich weiß nicht, Herr Pauly, ich kann Ihnen da leider keine Antwort geben.
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2. . . . Der Schuckert meint wohl, er könnte jeden beliebigen Preis verlangen, oder wie sehe ich das?! – Finden Sie die Preise derart überhöht? – Das ist Wucher, was der Mann da treibt!
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du mußt/solltest/. . ./er muß/sollte/. . . auf etw. sehen
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. . . Du mußt auf die Folgen einer solchen Entscheidung sehen, Werner! Im Moment sieht natürlich alles rosig aus. Aber hast du dir die
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Folgen schon einmal überlegt, die das haben kann?! Darauf mußt du
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achten!
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(immer nur/. . .) auf seinen Vorteil/Ruf/auf sich selbst/. . . sehen – (immer nur/. . .) auf seinen Vorteil/Ruf/auf sich selbst/. . . bedacht sein
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jm./e-r S./sich ähnlich sehen
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Die Gisela und die Bettina sehen sich so ähnlich, daß man sie kaum unterscheiden kann.
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jm. sprechend ähnlich sehen selten – (schwächer als:) jm./ e-r S./sich täuschend ähnlich sehen
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jm./e-r S./sich täuschend ähnlich sehen
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Die Gisela und die Bettina sehen sich täuschend ähnlich! – Sie sind eineiige Zwillinge. Sogar die Mutter hatte manchmal Mühe, sie auseinanderzuhalten.
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sich (leider) außerstande sehen, etw. zu tun form – sich (heute/. . .) außerstande fühlen/sehen, etw. zu tun
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sich bemüßigt sehen, etw. zu tun mst iron
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. . . Nein, ich seh’ mich nicht bemüßigt, Leuten zu helfen, die absolut keinen Rat annehmen wollen! Es gibt eben Menschen, die verdienen keine Hilfe.
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(alles/schon) doppelt sehen ugs
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Der Rolf wankt daher, als ob er alles doppelt sähe. – Wer weiß, vielleicht tut er das auch; er scheint ja wirklich anständig einen in der Krone zu haben.
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das/(. . .) darfst du/darf man nicht so eng sehen!/etw. zu eng sehen ugs
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1. . . . Mach’ dir nichts draus, wenn du mal ’ne ’Fünf’ geschrieben hast, Klaus! Das kann jedem mal passieren. Das darfst du nicht so eng sehen.
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2. . . . Nun macht doch nicht so ein Heckmeck, wenn ich mal eine Viertelstunde später komme! Das dürft ihr nicht so eng sehen, das ist doch noch im Rahmen!
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sich e-r S. gegenübergestellt sehen form
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Der Robert hatte immer angenommen, die Kollegen würden ihn unterstützen, wenn es einmal nötig wäre. Er war daher sehr überrascht, als er sich jetzt bei der Auseinandersetzung mit dem Chef allen möglichen Anfeindungen gegenübergestellt sah. Sich dagegen zur Wehr zu setzen war gar nicht so einfach . . .
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sich (leider) genötigt sehen, jn. zu bestrafen/. . . form
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. . . Wenn Sie jetzt noch einmal zu spät kommen, sehe ich mich leider genötigt, zu Strafaktionen Zuflucht zu nehmen. Oder glauben Sie im Ernst, Herr Kastner, Sie könnten hier jeden zweiten Tag ungestraft zu spät kommen?
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es (nicht) gern sehen, wenn/daß . . ./etw. (nicht) gern sehen Mein Vater sieht es nun einmal nicht gern, wenn die Leute nachlässig gekleidet/schlampig herumlaufen/mein Vater sieht Schlampigkeit nun einmal nicht gern! – Aber was ist denn dabei? Es gibt doch wahrhaftig wichtigere Dinge. – Klar. Aber er hat für Nachlässigkeiten einfach nichts übrig.
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grau in grau sehen ugs – iron selten – schwarz sehen
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alles grau in grau sehen ugs od. iron selten – alles durch eine/(die) schwarze/(düstere) Brille sehen
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grau in grau sehen für jn./etw. ugs od. iron selten – schwarz
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sehen für jn./etw.
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jn. lieber/am liebsten von hinten sehen ugs iron
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. . . Der Robert kommt nicht mit auf das Fest? Gott sei Dank! – Warum ’Gott sei Dank’? Du siehst den wohl lieber von hinten, was? – Wenn ich ehrlich sein soll: ja. Ich bin immer froh, wenn ich nichts mit ihm zu tun habe.
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klar sehen klarsehen
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sich mit e-r S. konfrontiert sehen form – sich e-r S. gegenübergestellt sehen
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weder (nach) links noch (nach) rechts sehen/nicht (nach) links und nicht (nach) rechts sehen – weder nach links noch nach rechts/nicht nach links und nicht nach rechts gucken/schauen/(sehen/blicken) (und auf sein Ziel lossteuern/. . .)
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mal sehen!
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. . . Und kommst du übernächsten Sonntag zu Gerds Geburtstag? – Mal sehen! – Wie, überlegst du da noch?
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mal sehen, ob/wie/wann/. . .
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. . . Mal sehen, ob der Klaus zu Vaters Geburtstag wirklich erscheint
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. . . – Wie, zweifelst du da noch? – Offengestanden, ja.
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laß dich/laßt euch/. . . hier (bloß/nur) nicht mehr sehen! ugs
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. . . Laß dich hier bloß nicht mehr sehen, sag’ ich dir! Wenn du noch ein Mal mein Lokal betrittst, ruf’ ich die Polizei und laß dich vor versammelter Mannschaft an die Luft setzen. So ein Betrüger wie du hat hier nichts verloren.
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ich/(j.) möchte doch (mal) sehen, ob j. es wagt, zu . . ./. . ./ ob/wer/wie/. . . ugs
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Der Rottmann meint, ich hätte Angst, auf dem Empfang, den er gibt, zu erscheinen, nur weil unser Richard ihm Geld schuldet? Was hab’ ich denn mit den Schulden meines Bruders zu tun? Natürlich geh’ ich dahin. Ich möchte doch mal sehen, ob der Mann es wagt, vor anderen Leuten dieses Thema anzuschneiden.
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das/den/die möchte ich/(möchten wir) mal sehen/den/die möchte ich/(möchten wir) mal sehen, der/die . . . ugs
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1. Der Christoph behauptet, im Notfall könnte er die Übersetzung auch alleine machen. – Das möchte ich mal sehen! Behaupten kann er das natürlich. Aber machen?!
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2. . . . Das möchte ich mal sehen. Das versteht dann keiner, was der sich dann zusammenübersetzt.
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3. . . . Wenn du für deine Zusammenarbeit mit ihm Bedingungen stellst, die ihm nicht passen, ist er in der Lage, das Projekt allein durchzuführen. – Den möchte ich mal sehen, der so eine umfangreiche und komplizierte Sache alleine macht!
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das Unglück/(. . .) nahen sehen path selten
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Jetzt hat die Ursel ihr Knie kaputt, nicht? Das (Unglück) hab’ ich nahen sehen. Sie hat keine Konstitution für so einen hochgezüchteten Leistungssport.
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rot sehen (wenn . . .) ugs
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Ich geb’ dir einen guten Rat, Michael: wenn wir heute abend zu Herrn Eichler gehen, vermeide das Thema ’Entwicklungshilfe’. Wenn das Thema zur Sprache kommt, sieht der rot. Es braucht nur das Wort ’Entwicklungshilfe’ zu fallen, dann flippt er schon aus.
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sich an etw. (gründlich/richtig/. . .) satt sehen/gar nicht satt sehen können
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. . . Der Robert?! Der kann so viel an Nacktbadestrände gehen, wie er will – an schönen Frauen wird der sich nie satt sehen.
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schwarz sehen
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. . . Was die Entwicklung in Mitteleuropa angeht, so sehe ich schwarz.
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– Warum? Ich bin da gar nicht so pessimistisch. Im Gegenteil, . . .
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alles schwarz sehen – alles durch eine/(die) schwarze/(düstere) Brille sehen
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schwarz sehen für jn./etw.
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1. Wenn die Entwicklung so weiter geht, Walter, sehe ich schwarz für deine Zukunft. Ich weiß nicht, wie du eine vernünftige Stelle finden sollst, wenn man auf deinem Gebiet einen Arbeitsplatz nach dem anderen wegrationalisiert.
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2. . . . Ich sehe schwarz für deine Tochter. Wenn sie ihren Arbeitsstil nicht gründlich ändert, fällt sie (im Examen) durch, ja, verdirbt sich
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u. U. ihr ganzes Leben.
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jn. häufig/. . . bei sich sehen form selten
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. . . Guten Tag! Wie geht’s Ihnen, Herr Wallberg? . . . Wir haben Sie schon lange nicht mehr bei uns gesehen. Hätten Sie nächsten Samstag Zeit? Sie würden uns eine große Freude machen, wenn wir Sie zum Abendessen bei uns begrüßen dürften . . .
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jn./etw. noch (deutlich/genau/. . .) vor sich sehen
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. . . Ob ich mich noch an den Ernst Kluckner erinnere? Was für eine Frage! Ganz deutlich sehe ich den noch vor mir, wie er da auf der Couch sitzt, das linke Bein über das rechte geschlagen, lässig zurückgelehnt . . .
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du sollst/ihr sollt sehen – es wird schon alles gut ablaufen/. . . ugs
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. . . Nun mach’ dir mal nicht so viele Sorgen, Doris! Du sollst sehen: nach zwei, drei Monaten ist der Junge wieder gesund! . . .
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sich veranlaßt sehen, etw. zu tun form
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Da die Belegschaft monatelang auf Hochtouren gearbeitet hatte, sah sich der Chef – ganz gegen seine Gewohnheit – veranlaßt, jedem zu Weihnachten eine Extragratifikation zu zahlen.
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das/(. . .) darfst du/darf man/. . . nicht so verbissen sehen!/ etw. zu verbissen sehen ugs – (stärker als:) das/(. . .) darfst du/darf man/. . . nicht so eng sehen/etw. zu eng sehen
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wir wollen/werden sehen ugs
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. . . Kann ich nun davon ausgehen, daß Sie den Antrag unterstützen, Herr Huntsch? – Wir wollen sehen, Herr Rennecke. Vielleicht rufen Sie mich in zwei bis drei Wochen nochmal an, dann kann ich Ihnen sicherlich schon Genaueres sagen.
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wir wollen doch mal sehen, wer hier zu bestimmen/zu sagen hat/. . . ugs
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. . . Der Herr Kähler hat gesagt, die Preise sollen ab sofort um 7 % erhöht werden? Obwohl ich ausdrücklich angeordnet hatte, die alten Preise noch wenigstens drei Monate beizubehalten? Ich wiederhole hier klipp und klar: die Preise bleiben die alten! Wir wollen doch mal sehen, wer hier zu bestimmen hat, der Herr Kähler oder ich!
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jn/etw. zu sehen bekommen
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1. . . . Ich weiß nicht, was sie bei solchen Führungen durch das Archiv zu zeigen pflegen. Wenn ihr die Geheimdokumente zu sehen bekommt, die die haben, dann lohnt sich der Besuch. Sonst kaum, denn die anderen Sachen sind ziemlich banal.
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2. Habt ihr bei eurem Besuch bei Schuckert auch den Chef persönlich zu sehen bekommen? – Nein, der ist nicht in Erscheinung getreten.
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erst sehen, dann glauben
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. . . Glaubst du denn nicht, daß so eine herrliche Villa zwei Millionen wert ist? – Ich glaub’ gar nichts, ehe ich sie nicht gesehen habe. – Du bist wie der heilige Thomas: erst sehen, dann glauben.
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jn./sich (nur) vom Sehen (her) kennen – jn./sich (nur) von/ (vom) Ansehen (her) kennen
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jn.nicht sehen können ugs – jn./etw. nicht ausstehen können (1)
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jn./etw. nicht mehr sehen können/wollen ugs
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1. . . . Herrgott, schon wieder Erbsensuppe! Ich kann keine Erbsensuppe mehr sehen!
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2. . . . Halt mir diesen Hochstätter vom Hals, Doris. Ich kann diesen Blödmann einfach nicht mehr sehen! So ein eingebildeter Fatzke – nervenaufreibend!
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sich an etw. (gar/überhaupt) nicht satt sehen können – sich an etw. (gar/überhaupt) nicht satt sehen/hören/riechen/. . . können (1)
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jn./etw. zu sehen kriegen – jn./etw. zu sehen bekommen
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sich (nicht/nicht mehr/(mal) wieder/. . .) sehen lassen (in/ bei/. . .) ugs
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1. Wenn du nach Süddeutschland kommst, laß dich bei uns in München sehen! Wenn du willst, kannst du bei uns schlafen. München ist immer eine interessante Abwechslung . . .
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2. Ist der Rolf Mutsch nicht mehr zu den Trainingsabenden gekommen? – Nein. Seitdem er gegen den Willy und den Georg haushoch verloren hat, hat er sich hier nicht mehr sehen lassen.
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sich sehen lassen können ugs
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. . . Dieser Roman kann sich sehen lassen! Ein hervorragendes Buch!
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sich mit jm./etw. (nicht/nicht mehr) sehen lassen können (in/ bei/. . .) ugs
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1. Wo hast du diesen Anzug gekauft? Mensch, (was) steht der dir gut! Mit diesem Anzug kannst du dich sehen lassen! Damit gibst du eine stattliche Figur ab. Verdammt nochmal!
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2. . . . Verheiratet oder nicht, mit dieser Frau kann er sich überall sehen lassen. Wenn eine Frau derart hinreißend schön ist, derart viel Charme hat, fragt doch kein Mensch mehr, ob man auch geheiratet hat. Mit der kann er sogar bei offiziellen Anlässen erscheinen. – Komm’, nun beruhig’ dich, Rainer!
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3. Laß bloß den Dieter zu Hause, wenn du das nächste Mal zu Beyers gehst! – Warum? – Der kann sich da nicht mehr sehen lassen. Er hat sich das letzte Mal, als sie ihn eingeladen hatten, vollaufen lassen und dann ein paar Gäste äußerst unhöflich behandelt.
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sehen müssen, wie man mit etw. fertig wird/aus e-r S. wieder
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herauskommt/. . ./jetzt/dann/. . . muß/soll j. (selbst/allein) sehen, wie . . . ugs zusehen müssen, wie man mit etw. fertig wird/aus e-r S. wieder herauskommt/. . ./jetzt/ dann/. . . muß/soll j. zusehen, wie . . .
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du hättest/ihr hättet/. . . das/etw./jn. sehen sollen ugs
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. . . Du hättest deine Tochter in dieser Prüfung sehen sollen, Erich! Dann würdest du anders von ihr reden! Klasse, sage ich dir! Einfach Klasse! – Aber zu Hause . . . – Komm’, sei ruhig!
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j. will/wird/. . . sehen, was sich tun/machen läßt – j. will/ wird/. . . sehen/zusehen/schauen/. . ., was sich tun läßt
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