Adelung Wörterbuch
Wir
, der Nominativ im Plural des persönlichen Pronominis der ersten Person, welches in allen Geschlechtern unverändert bleibt: Nomin. wir; Genit. unser; Dat. uns: Accusat. uns. Man gebraucht ihn: 1. wenn mehrere in der ersten Person redend eingeführet werden, oder auch Einer im Nahmen mehrerer in der ersten Person spricht, oder etwas von sich und einem oder mehrern andern zugleich prädiciret. Wir wollen nicht, schrien sie alle. Wir kommen unbekleidet und wehrlos auf die Welt, ich und alle übrige Menschen. Als Cajus angekleidet war, gingen wir spatzieren, ich und Cajus. Daß wir nicht etwa behorcht werden! 2. Fürsten, Reichsgrafen, und oft noch geringere regierende Personen, wenn sie eine Art von Unmittelbarkeit haben, gebrauchen, Statt der ersten einfachen Person, diese erste vielfache, auch in Sachen, worin sie nur als eine einzelne Person handeln. Wir befehlen euch hiermit, ich. Und so auch durch die übrigen Casus: uns ist hinterbracht worden u.s.f. Man hält diese Form gemeiniglich für ein Merkmahl der Hoheit und Würde; allein im Grunde ist sie ein Überrest der ehemahligen Abhängigkeit der Landesherren von ihren Unterthanen, und besonders von ihren Ständen. Fürsten und Regenten hatten ehedem nur die executive Gewalt, so wie ihre Unterthanen und Stände die beschließende; und auch jene übten sie nur als eine aufgetragene Gewalt im Nahmen ihrer Unterthanen aus, und konnten also grammatisch richtig von sich im Plural reden, weil sie nicht als eine einzelne Person betrachtet wurden, sondern im Nahmen aller sprachen. So wie sich das Bewußtseyn des Ursprunges dieser Form nach und nach verlohr, ward sie ein Merkmahl der Würde, und wird von Regenten gemeiniglich auch in solchen Fällen gebraucht, wo sie schlechterdings nicht anders als individuell handeln können; und dann ist es freylich ein grammatischer Barbarismus. 3. Im gemeinen Leben gebraucht man oft die erste vielfache Person gegen geringere, wenn man sie aus Glimpf nicht in der zweyten, aber aus Würde auch nicht in der dritten anreden will. Wie befinden wir uns? für, wie befindest du dich? wie befindet ihr euch? Die zweyte Person mag nun einfach oder mehrfach seyn. S. auch Man, welches auf ähnliche Art gebraucht wird. Anm. Im Hoch- und Oberdeutschen schon von den frühesten Zeiten an wir, im Angels. wee, im Niederdeutschen, Schwedischen und Dänischen wi, bey dem Ulphilas weis. Die persönlichen Pronomina sind Wurzelwörter, und gehören immer zu den ältesten Wörtern in jeder Sprache, weil sie nicht allein sehr nothwendige, sondern auch abstracte Begriffe bezeichnen, welche man nicht anders, als durch dunkele Laute, ausdrucken konnte. Daher werden sie auch nicht auf die gewöhnliche Art durch Biegung der Endsylbe decliniret, sondern jeder Casus hat sein eigenes Wurzelwort, weil diese Wörter zu einer Zeit entstanden, da man noch nicht an regelmäßige Conjugationen und Declinationen dachte, in welchen frühen Zeitpunct auch der Ursprung der irregulären Verborum fällt, wo man die Conjugation an der Wurzel verrichtete. Bey so alten, nach sehr dunkeln Ideen gebildeten Wörtern, muß die Etymologie gemeiniglich verzweifeln; allein bey diesem Worte kann man dem rohen Deutschen Geiste doch einiger Maßen auf die Spur kommen. Wenn man die obigen Formen, wee, wi, wir, weis, vergleicht, so findet man eine Übereinstimmung der beyden ersten Laute; man siehet, daß wee, wi, die einfachsten Formen sind, und daß das r und s in wir und weis bloße jetzt unbekannte Nebenbegriffe bezeichnen. Dieses wee, wi, aber ist zugleich die Wurzel von wehen, sanft bewegen; woraus wenigstens mehrscheinlich wird, daß der Grundbegriff von wir, die mit der Mehrheit verbundene Bewegung ist.
, der Nominativ im Plural des persönlichen Pronominis der ersten Person, welches in allen Geschlechtern unverändert bleibt: Nomin. wir; Genit. unser; Dat. uns: Accusat. uns. Man gebraucht ihn: 1. wenn mehrere in der ersten Person redend eingeführet werden, oder auch Einer im Nahmen mehrerer in der ersten Person spricht, oder etwas von sich und einem oder mehrern andern zugleich prädiciret. Wir wollen nicht, schrien sie alle. Wir kommen unbekleidet und wehrlos auf die Welt, ich und alle übrige Menschen. Als Cajus angekleidet war, gingen wir spatzieren, ich und Cajus. Daß wir nicht etwa behorcht werden! 2. Fürsten, Reichsgrafen, und oft noch geringere regierende Personen, wenn sie eine Art von Unmittelbarkeit haben, gebrauchen, Statt der ersten einfachen Person, diese erste vielfache, auch in Sachen, worin sie nur als eine einzelne Person handeln. Wir befehlen euch hiermit, ich. Und so auch durch die übrigen Casus: uns ist hinterbracht worden u.s.f. Man hält diese Form gemeiniglich für ein Merkmahl der Hoheit und Würde; allein im Grunde ist sie ein Überrest der ehemahligen Abhängigkeit der Landesherren von ihren Unterthanen, und besonders von ihren Ständen. Fürsten und Regenten hatten ehedem nur die executive Gewalt, so wie ihre Unterthanen und Stände die beschließende; und auch jene übten sie nur als eine aufgetragene Gewalt im Nahmen ihrer Unterthanen aus, und konnten also grammatisch richtig von sich im Plural reden, weil sie nicht als eine einzelne Person betrachtet wurden, sondern im Nahmen aller sprachen. So wie sich das Bewußtseyn des Ursprunges dieser Form nach und nach verlohr, ward sie ein Merkmahl der Würde, und wird von Regenten gemeiniglich auch in solchen Fällen gebraucht, wo sie schlechterdings nicht anders als individuell handeln können; und dann ist es freylich ein grammatischer Barbarismus. 3. Im gemeinen Leben gebraucht man oft die erste vielfache Person gegen geringere, wenn man sie aus Glimpf nicht in der zweyten, aber aus Würde auch nicht in der dritten anreden will. Wie befinden wir uns? für, wie befindest du dich? wie befindet ihr euch? Die zweyte Person mag nun einfach oder mehrfach seyn. S. auch Man, welches auf ähnliche Art gebraucht wird. Anm. Im Hoch- und Oberdeutschen schon von den frühesten Zeiten an wir, im Angels. wee, im Niederdeutschen, Schwedischen und Dänischen wi, bey dem Ulphilas weis. Die persönlichen Pronomina sind Wurzelwörter, und gehören immer zu den ältesten Wörtern in jeder Sprache, weil sie nicht allein sehr nothwendige, sondern auch abstracte Begriffe bezeichnen, welche man nicht anders, als durch dunkele Laute, ausdrucken konnte. Daher werden sie auch nicht auf die gewöhnliche Art durch Biegung der Endsylbe decliniret, sondern jeder Casus hat sein eigenes Wurzelwort, weil diese Wörter zu einer Zeit entstanden, da man noch nicht an regelmäßige Conjugationen und Declinationen dachte, in welchen frühen Zeitpunct auch der Ursprung der irregulären Verborum fällt, wo man die Conjugation an der Wurzel verrichtete. Bey so alten, nach sehr dunkeln Ideen gebildeten Wörtern, muß die Etymologie gemeiniglich verzweifeln; allein bey diesem Worte kann man dem rohen Deutschen Geiste doch einiger Maßen auf die Spur kommen. Wenn man die obigen Formen, wee, wi, wir, weis, vergleicht, so findet man eine Übereinstimmung der beyden ersten Laute; man siehet, daß wee, wi, die einfachsten Formen sind, und daß das r und s in wir und weis bloße jetzt unbekannte Nebenbegriffe bezeichnen. Dieses wee, wi, aber ist zugleich die Wurzel von wehen, sanft bewegen; woraus wenigstens mehrscheinlich wird, daß der Grundbegriff von wir, die mit der Mehrheit verbundene Bewegung ist.