Adelung Wörterbuch
Wêrfen
, verb. irregul. act. Präs. ich werfe, du wirfst, er wirft, wir werfen, u.s.f. Conj. werfe; Imperf. warf, (ehedem wurf,) Conj. würfe; Particip. geworfen. Es bedeutet, einen Körper mit Heftigkeit durch den freyen Luftraum forttreiben, und zwar: 1. Eigentlich, da es denn in der edlern Sprechart für das niedrige schmeißen gebraucht wird. Es wird am häufigsten von Dingen gebraucht, welche man aus freyer Hand wirft: einen Stein in das Wasser, Holz ins Feuer werfen; aber auch in manchen Fällen, wenn dieses Werfen vermittelst künstlicher Maschinen geschiehet: Bomben werfen, Bomben in die Stadt werfen. Überhaupt wird entweder die Sache, welche man wirft, in den Accusativ gesetzt, da denn der terminus ad quem, eine Präposition bekommt. Einen Stein nach jemanden werfen, den Stein in das Wasser, den Ball an die Wand, das Getreide in den Fluß, die Waaren über Bord werfen. Etwas von sich werfen. Einem etwas vor die Füsse werfen. Das Loos über etwas werfen. Die meisten Augen werfen, im Würfelspiele. Einem etwas in den Weg werfen, ihm ein plötzliches Hinderniß verursachen. Oder der terminus ad quem stehet in dem Accusative, da denn die geworfene Sache die Präposition mit bekommt. Jemanden mit Koth, mit Steinen werfen. Sich mit Schnee werfen. Jemanden die Augen aus dem Kopfe werfen. Zuweilen bekommen beyde eine Präposition: mit Steinen, mit Koth nach einem werfen. Mit Scheltworten, mit Lateinischen Brocken u.s.f. um sich werfen, sie häufig gebrauchen.
2. In theils weiterer, theils engerer, theils figürlicher Bedeutung. (1) Für stoßen. Jemanden zu Boden werfen, ihn stoßen, daß er zur Erde fällt. Einen über den Haufen werfen, in der vorigen Bedeutung. Den Staat, die Gesetze, u.s.f. über den Haufen werfen, eine niedrige Figur. Jemanden über den Tölpel werfen, noch niedriger, einen Einfältigen hintergehen. (2) Mit Heftigkeit oder Geschwindigkeit bewegen, in vielen einzelnen Fällen. Jemanden in das Gefängniß werfen, ein harter Ausdruck. Truppen in eine Festung werfen, die Truppen haben sich in die Festung geworfen. Einen Mantel, die Kleider über sich werfen. Sie warf den nächtlichen Anzug von ihren Schultern. Sich vor jemanden auf die Knie, sich ihm zu Füßen werfen. Sich auf das Bett, in den Wagen, in einen Stuhl, unter einen Baum werfen. Sich jemanden um den Hals werfen, ihm um den Hals fallen. Sich einem in die Arme werfen, ihn schnell und mit Heftigkeit umarmen; auch figürlich, sich ganz seiner Gewalt, seinem Schutze anvertrauen. Die Nase in die Höhe werfen, mit Hohn verbundenen Stolz durch schnelle Erhebung des Kopfes an den Tag legen. (3) Oft verschwindet auch der Begriff der Geschwindigkeit und der Heftigkeit, und da bleibt der bloße Begriff der Bewegung oder der Richtung übrig. Ein Körper wirft einen Schatten, wenn er ihn macht. Das Holz wirft sich, wenn es von der Witterung krumm gezogen wird. Einen Blick auf jemand werfen, ihn ansehen. Die Augen auf etwas werfen, sowohl auch, es ansehen, als ein Verlangen darnach nähren. Die Schuld auf jemanden werfen, schieben. Haß, Liebe, Zorn auf jemanden werfen. (4) Bey den bildenden Künstlern wird werfen von der Anordnung der Falten und Umrisse eines Gewandes gebraucht. Ein Mahler wirft seine Gewänder gut, wenn er sie natürlich anordnet. Ein wohl geworfenes Gewand. (5) Jemanden werfen, seinen Banquerout, seinen Untergang verursachen; eine Ellipse für zu Boden werfen. Dieser Wechsel hat ihn geworfen. (6) Von vielen vierfüßigen Thieren ist werfen so viel als Junge gebähren, da es denn sowohl als ein Neutrum, als auch als ein Activum, gebraucht wird, für das niedrigere jungen. Die Hündinn hat geworfen, sie hat sechs Junge geworfen. Von vielen Thieren hat man eigene Verba, z.B. füllen, Nieders. fohlen, kalben, ferkeln; welche aber unedler sind, als werfen. Außer dem ist das allgemeinere werfen für die besondern Verba nothwendig, wenn der Nahme des Gebohrnen mit ausgedruckt wird, d.i. wenn das Verbum active stehen sollte. Die Stutte hat ein schönes Füllen geworfen. (7) Bey den Falkenieren ist werfen, von den Falken gebraucht, den Leib ausleeren, als ein Neutrum.
Daher das Werfen. S. auch Wurf.
Anm. Von den ältesten Zeiten an schon im Oberdeutschen werfan, im Niederd. warpen, bey dem Ulphilas wairpan, im Schwed. und Isländ. varpa, im mittlern Lat. guerpire. S. auch Wirbel und Werben, welche ohne Zweifel damit verwandt sind.
 
1. Das Wêrft
, des -es, plur. die -e, diejenige Anstalt an einem schiffreichen Wasser, wo Schiffe gebauet und ausgebessert werden; auch das Schiffswerft. Im Nieders. und Holländ. Warf, und Werf, im Schwed. Hvarf. Es bedeutet, so wie Werd und Werder, eigentlich einen erhöheten Ort, und ist von diesen nur in der Ableitungssylbe unterschieden. Im Angelsächsischen ist Wharfa, das Ufer, und das Nieders. Warf bedeutet nicht allein einen jeden Hügel, sondern auch ein durch Bollwerk befestigtes Ufer.
 
2. Das Wêrft
, des -es, oder die Wêrfte
, plur. inusit. bey den Webern mancher Provinzen, der Aufzug des künftigen Gewebes, die Kette. Das sächliche Geschlecht ist in den meisten Gegenden das gewöhnlichste; im weiblichen kommt es 3 B. Mos. 13, 48 vor. Es scheinet entweder von werben abzustammen, so fern es ehedem arbeiten, bewegen, weben u.s.f. bedeutete; oder auch von werfen, weil der Einschlag dadurch geworfen wird. In manchen Gegenden heißt dieser Einschlag das Werft, und dann scheinet es unläugbar von werfen abzustammen.
 
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