Adelung Wörterbuch
Verzeihen
, verb. irreg. act. S. Zeihen, welches in verschiedenen Bedeutungen vorkommt. 1. * Versagen, denegare, eine längst veraltete Bedeutung, in welcher farzihan schon bey dem Kero vorkommt. 2. Sich förmlich begeben, als ein Reciprocum mit der zweyten Endung der Sache; darauf renuncieren. Sich eines Dinges verzeihen, sich desselben förmlich begeben, allem Rechte, allen Ansprüchen darauf entsagen. Sich verzigen haben irs gutes, im Schwabenspiegel.  
E ich mich ir verzige, ich verzige mich e der crone,
Kaiser Heinr.
 
In dieser Bedeutung ist es zwar noch nicht eigentlich veraltet; indessen ist doch die R.A. Verzicht auf etwas leisten, gangbarer, als das bloße Zeitwort. Siehe dieses Hauptwort. In noch weiterm Verstande bedeutete es ehedem im Niedersächsischen abstellen, unterlassen überhaupt. 3. Den Unwillen gegen jemanden wegen einer Beleidigung, mit Erlassung der Schuld und Strafe derselben, fahren lassen, wo es, besonders in der edlen Schreibart, für das im gemeinen Leben üblichere vergeben gebraucht wird. Es wird, so wie dieses, mit der dritten Endung der Person und der vierten der Sache verbunden. Einem etwas verzeihen. Ich habe es ihm schon verziehen. Verzeihen sie mir meine Unvorsichtigkeit. In weiterer Bedeutung auch alles Mißvergnügen über etwas fahren lassen, ingleichen nicht übel nehmen, nicht tadeln. Verzeihen sie der Natur, die einem Wurme ein schöner Kleid gab, als die feinste Kunst ihnen nicht geben kann, Geßn. In der höhern Schreibart wird es zuweilen mit der dritten Endung der Sache, und mit Verschweigung der Person gebraucht, die alsdann durch jene vertreten wird. Verzeihen sie einem Bekenntnisse, das ich nicht länger zurück halten kann, Weiße. Verzeihen sie diesen schnellen Aufwallungen einer beleidigten Ehre, von Brawe.
So auch die Verzeihung. Jemanden Verzeihung widerfahren lassen. Jemanden um Verzeihung bitten, oder bey jemanden um Verzeihung bitten.
 
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