Adelung Wörterbuch
Verschlagen
, verb. irregul. S. Schlagen, welches nach Maßgebung des einfachen Zeitwortes und der Paritkel ver in verschiedenen Bedeutungen gebraucht wird. Es ist in doppelter Gestalt üblich. I. Als ein Activum. 1. Durch Schlagen verbrauchen, in welchem Falle man z.B. sagt, alle Nägel verschlagen, alle Nägel einschlagen, und dadurch verbrauchen. 2. Durch Schlagen verschließen, zuschlagen, Fässer, Kästen verschlagen, sie zunageln oder zuschlagen. In den Salzkothen werden die Pfannen verschlagen, wenn sie geflickt werden. 3. Durch Schlagen absondern. In diesem Verstande sagt man noch zuweilen, eine Kammer, ein Zimmer, einen Raum verschlagen, wenn man einen Theil desselben durch eine leichte Wand von angeschlagenen Bretern absondert; wofür doch einen Verschlag machen üblicher ist. S. Verschlag. 4. Zu sehr schlagen, eine nur in der Jägerey übliche Bedeutung, wo man einen Hund verschlägt, wenn man ihn durch zu viele Härte schüchtern und furchtsam macht, wofür auch überschlagen üblich ist. 5. Für überschlagen, der Zahl oder Größe nach ungefähr bestimmen, wo es doch nur in engerer Bedeutung in den Salzwerken üblich ist, wenn der Gehalt der Salzsohle genau untersucht wird. Die Sohle verschlagen, S. Verschlag. Im Nieders. ist verslaen auf der Wage untersuchen, Schwed. förslå, welches aber auch zählen bedeutet, und zwar nach einer sehr alten Bedeutung, in welcher Ottfried schon unfirslagen für unzählbar gebraucht. 6. In die Ferne schlagen, ingleichen durch oder im Schlagen verirren, verlieren; wo es wieder in verschiedenem Verstande vorkommt. a. Einen Ball verschlagen, ihn im Schlagen verlieren, so schlagen, daß man ihn nicht wieder finden kann. b. In der Seefahrt wird man von dem Winde verschlagen, wenn man durch denselben von seiner Fahrt abgetrieben wird. Der Sturm verschlug das Schiff an die Küste, an eine wüste Insel. Von seiner Fahrt verschlagen werden. Ein verschlagenes Schiff. Bey den Jägern wird es als ein Reciprocum gebracht. Der Schuß verschlägt sich, wenn er an einen unbekannten falschen Ort geräth. Ein verwundetes Wild hat sich verschlagen, wenn es an einen unbekannten Ort gerathen ist. c. Eben daselbst verschlägt sich ein Wild in den Zeug, wenn es sich in demselben verwickelt. d. Figürlich sagt man, sich etwas verschlagen, sich um den möglichen Genuß eines Guten bringen, fast so, wie verscherzen, doch mit einem merklichen Unterschiede. Der Kaufmann verschlägt sich seine Kunden, wenn er durch sein Betragen macht, daß sie sich von ihm wegwenden. Sich eine gute Heirath, sein Glück u.s.f. verschlagen. 7. Eine Münze verschlagen, in einigen Gegenden, sie verrufen, abwürdigen, in andern Gegenden auch abschlagen.
II. Als ein Neutrum mit dem Hülfsworte haben, gleichfalls in mehrern, dem Anscheine nach verschiedenen Bedeutungen, welche doch insgesammt in dem Gebrauche des einfachen Zeitwortes gegründet sind. 1. Aufhören zu schlagen, in verschiedenen Bedeutungen des Zeitwortes. a. Bey den Jägern verschlägt das Birkgeflügel, wenn es aufhöret zu schlagen, d.i. zu locken, welches daselbst auch verbleffen genannt wird. b. Eben daselbst hat der Hirsch verschlagen, wenn er den Bast von seinem Gehörne völlig abgeschlagen hat, wofür auch verbasten üblich ist. 2. Wenn sehr kalte Körper etwas von ihrer strengen Kälte verlieren, so daß sie ohne heftige Empfindung angegriffen oder genossen werden können, so sagt man, daß sie verschlagen. Das Wasser verschlagen lassen. Das Bier nicht anders, als verschlagen trinken. Verschlagener Wein. Im Hochdeutschen ist überschlagen in eben demselben Verstande üblich. 3. Ein Pferd verschlägt, hat verschlagen, wenn es wegen plötzlich unterdrückter Ausdünstung krank wird, welche Krankheit sich zuerst durch eine Steife in den Füßen äußert. Sich verfangen, ist in eben demselben Verstande üblich, besonders, so fern das Verschlagen von dem Winde oder einem hitzigen Trunke herrühret. S. auch Rehe. Zwar sagt man auch, ein Pferd ist verschlagen, allein alsdann ist es das Mittelwort mit dem Zeitworte seyn. Ein verschlagenes Pferd. 4. Die verlangte Wirkung hervor bringen, so wie verfangen und anschlagen; vorzüglich mit der Verneinung. Die Arzeney will nichts verschlagen. Es verschlägt nichts mehr bey dem Kranken. Kein Bitten wollte etwas verschlagen. Das kann nichts verschlagen, kann nichts helfen. 5. Austragen, ausmachen. Es verschlägt nicht viel, der Unterschied trägt wenig aus. Es verschlägt viel, der Unterschied beträgt viel. In noch weiterm Verstande, daran gelegen seyn. Es verschlägt viel, es ist viel daran gelegen, eigentlich, der Unterschied zwischen beyden Fällen beträgt viel. Das verschlägt nichts, macht keinen erheblichen Unterschied, ist daher gleichgültig. Wenn die Person ausgedruckt wird, so stehet selbige, sowohl der ganzen Analogie der Sprache, als auch den besten Beyspielen nach, in der dritten Endung. Es verschlägt mir nichts, ist mir gleichgültig. Das kann mir nicht viel verschlagen. Der Frau verschlug das nichts, Gell. Was kann denn das meinem Wirth verschlagen? Eben ders. Was würde es ihnen verschlagen, wenn u.s.f. Less. Zwar heißt es auch bey dem Gellert: ich habe es ihnen ja schon gesagt, daß mich ein Wort nichts verschlägt; ingleichen: aber das verschlug mich nichts; und an einem andern Orte: was kann sie denn das verschlagen, ob ich ihnen aus dieser oder jener Ursache gewogen bin; doch das gehöret mit zu den kleinen Flecken, von welchen dieser sonst so reine Schriftsteller nicht ganz frey ist. 6. Von einer jetzt veralteten Bedeutung, nach welcher es ehedem schlau, listig, und in weiterm Verstande auch klug seyn, bedeutete, ist noch das Mittelwort verschlagen, als ein eigenes Bey- und Nebenwort üblich, Geschicklichkeit oder Fertigkeit besitzend, seine Absichten auf eine, andern verborgene Art zu erreichen und darin gegründet, wo es mit listig wohl größten Theils gleich bedeutend ist, und so, wie dieses, sowohl in einem unschädlichen Verstande, als auch in einem nachtheiligen, gebraucht wird, und alsdann den Gebrauch dieser Fertigkeit zum Schaden anderer bedeutet. Ein verschlagener Mensch. Ein verschlagener Kopf. Eine verschlagene Antwort. Meine Feinde sind verschlagen und haben geschwinde Ränke, Ps. 64, 7. Sie ist die verschlagenste Person, die ich nur kenne. S. auch verschmitzt. In Preußen sagt man in diesem Verstande beschlagen, im Schwed sowohl beslagen, als forslagen; selbst unser beschlagen, Kenntniß von etwas haben, und Anschlag, gehören hierher. Das Stammwort ist noch in dem Ißländischen slägur vorhanden, welches gleichfalls listig, verschlagen bedeutet, dagegen im Schwedischen Slug und Slägd, der Betrug ist. Aus allem erhellet, daß schlagen ehedem auch von gewissen schnellen Fähigkeiten des Geistes gebraucht worden, so daß unser klug, vielleicht auch schlau, genau damit verwandt sind. S. diese Wörter. Der nachtheilige Nebenbegriff des Schadens anderer ist diesem Worte so wenig wesentlich, als dem Worte listig; obgleich beyde häufig mit demselben gebraucht werden. Bey dem Apherdian kommt auch ein Activum verschlagen, für betriegen, ingleichen durch Gaukeley verblenden, vor.
Anm. Das ganze Zeitwort ist, wenigstens in einigen Bedeutungen, schon sehr alt. Einige Oberdeutsche Schriftsteller gebrauchen das Activum auch anstatt des einfachen Zeitwortes schlagen.
Die aller Meynungen verschlugen in den Wind,
Opitz.
Das Hauptwort die Verschlagung wird selbst in den Bedeutungen des Activi wenig gebraucht; das Verschlagen hingegen ist in beyden Formen üblicher.
II. Als ein Neutrum mit dem Hülfsworte haben, gleichfalls in mehrern, dem Anscheine nach verschiedenen Bedeutungen, welche doch insgesammt in dem Gebrauche des einfachen Zeitwortes gegründet sind. 1. Aufhören zu schlagen, in verschiedenen Bedeutungen des Zeitwortes. a. Bey den Jägern verschlägt das Birkgeflügel, wenn es aufhöret zu schlagen, d.i. zu locken, welches daselbst auch verbleffen genannt wird. b. Eben daselbst hat der Hirsch verschlagen, wenn er den Bast von seinem Gehörne völlig abgeschlagen hat, wofür auch verbasten üblich ist. 2. Wenn sehr kalte Körper etwas von ihrer strengen Kälte verlieren, so daß sie ohne heftige Empfindung angegriffen oder genossen werden können, so sagt man, daß sie verschlagen. Das Wasser verschlagen lassen. Das Bier nicht anders, als verschlagen trinken. Verschlagener Wein. Im Hochdeutschen ist überschlagen in eben demselben Verstande üblich. 3. Ein Pferd verschlägt, hat verschlagen, wenn es wegen plötzlich unterdrückter Ausdünstung krank wird, welche Krankheit sich zuerst durch eine Steife in den Füßen äußert. Sich verfangen, ist in eben demselben Verstande üblich, besonders, so fern das Verschlagen von dem Winde oder einem hitzigen Trunke herrühret. S. auch Rehe. Zwar sagt man auch, ein Pferd ist verschlagen, allein alsdann ist es das Mittelwort mit dem Zeitworte seyn. Ein verschlagenes Pferd. 4. Die verlangte Wirkung hervor bringen, so wie verfangen und anschlagen; vorzüglich mit der Verneinung. Die Arzeney will nichts verschlagen. Es verschlägt nichts mehr bey dem Kranken. Kein Bitten wollte etwas verschlagen. Das kann nichts verschlagen, kann nichts helfen. 5. Austragen, ausmachen. Es verschlägt nicht viel, der Unterschied trägt wenig aus. Es verschlägt viel, der Unterschied beträgt viel. In noch weiterm Verstande, daran gelegen seyn. Es verschlägt viel, es ist viel daran gelegen, eigentlich, der Unterschied zwischen beyden Fällen beträgt viel. Das verschlägt nichts, macht keinen erheblichen Unterschied, ist daher gleichgültig. Wenn die Person ausgedruckt wird, so stehet selbige, sowohl der ganzen Analogie der Sprache, als auch den besten Beyspielen nach, in der dritten Endung. Es verschlägt mir nichts, ist mir gleichgültig. Das kann mir nicht viel verschlagen. Der Frau verschlug das nichts, Gell. Was kann denn das meinem Wirth verschlagen? Eben ders. Was würde es ihnen verschlagen, wenn u.s.f. Less. Zwar heißt es auch bey dem Gellert: ich habe es ihnen ja schon gesagt, daß mich ein Wort nichts verschlägt; ingleichen: aber das verschlug mich nichts; und an einem andern Orte: was kann sie denn das verschlagen, ob ich ihnen aus dieser oder jener Ursache gewogen bin; doch das gehöret mit zu den kleinen Flecken, von welchen dieser sonst so reine Schriftsteller nicht ganz frey ist. 6. Von einer jetzt veralteten Bedeutung, nach welcher es ehedem schlau, listig, und in weiterm Verstande auch klug seyn, bedeutete, ist noch das Mittelwort verschlagen, als ein eigenes Bey- und Nebenwort üblich, Geschicklichkeit oder Fertigkeit besitzend, seine Absichten auf eine, andern verborgene Art zu erreichen und darin gegründet, wo es mit listig wohl größten Theils gleich bedeutend ist, und so, wie dieses, sowohl in einem unschädlichen Verstande, als auch in einem nachtheiligen, gebraucht wird, und alsdann den Gebrauch dieser Fertigkeit zum Schaden anderer bedeutet. Ein verschlagener Mensch. Ein verschlagener Kopf. Eine verschlagene Antwort. Meine Feinde sind verschlagen und haben geschwinde Ränke, Ps. 64, 7. Sie ist die verschlagenste Person, die ich nur kenne. S. auch verschmitzt. In Preußen sagt man in diesem Verstande beschlagen, im Schwed sowohl beslagen, als forslagen; selbst unser beschlagen, Kenntniß von etwas haben, und Anschlag, gehören hierher. Das Stammwort ist noch in dem Ißländischen slägur vorhanden, welches gleichfalls listig, verschlagen bedeutet, dagegen im Schwedischen Slug und Slägd, der Betrug ist. Aus allem erhellet, daß schlagen ehedem auch von gewissen schnellen Fähigkeiten des Geistes gebraucht worden, so daß unser klug, vielleicht auch schlau, genau damit verwandt sind. S. diese Wörter. Der nachtheilige Nebenbegriff des Schadens anderer ist diesem Worte so wenig wesentlich, als dem Worte listig; obgleich beyde häufig mit demselben gebraucht werden. Bey dem Apherdian kommt auch ein Activum verschlagen, für betriegen, ingleichen durch Gaukeley verblenden, vor.
Anm. Das ganze Zeitwort ist, wenigstens in einigen Bedeutungen, schon sehr alt. Einige Oberdeutsche Schriftsteller gebrauchen das Activum auch anstatt des einfachen Zeitwortes schlagen.
Die aller Meynungen verschlugen in den Wind,
Opitz.
Das Hauptwort die Verschlagung wird selbst in den Bedeutungen des Activi wenig gebraucht; das Verschlagen hingegen ist in beyden Formen üblicher.