Adelung Wörterbuch
Scheu
, plur. car. welches in doppelter Gestalt gebraucht wird. 1. Als ein Abstractum. 1) Eigentlich, die schnelle Entfernung von einem Gegenstande aus verworrener Vorstellung eines Übels, noch mehr und häufiger aber die Gewohnheit, Neigung und Fertigkeit einen Gestand aus verworrener Vorstellung eines Übels zu fliehen. Dem Pferde die Scheu benehmen. Besonders in den Zusammensetzungen die Wasserscheu, Menschenscheu, Leutescheu. 2) In weiterer und zum Theil figürlicher Bedeutung ist die Scheu, (a) eine jede Entfernung von einem als ein Übel erkannten Gegenstande. Die zärtliche Gemächlichkeit des Gemüthes ist allemahl mit einer Scheu und Flucht aller unangenehmen Empfindungen verknüpft. (b) * Ein hoher Grad des sinnlichen, d.i. auf dunkele Begriffe gegründeten Widerwillens gegen gewisse Gegenstände; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung für Ekel und Abscheu, in welcher es doch noch in einigen Oberdeutschen Gegenden üblich ist. Eine Scheu gegen etwas tragen. (c) * Furcht überhaupt; eine im Hochdeutschen ungewöhnlich gewordene Bedeutung. Ohne Scheu unter seinem Weinstocke wohnen, Micha 4, 4, ohne Furcht. (d) Abneigung, in jemandes Gegenwart oder mit dessen Wissen etwas ihm Mißfälliges oder etwas Unanständiges zu begehen. Sie thun mir Unrecht ohne Scheu, Ps. 27, 12. Scheu vor jemanden tragen. Keine Scheu empfinden Gott zu bleidigen. Die Einwohner in Otaheiti begatten sich öffentlich ohne Scheu. (e) In noch weiterer Bedetung wurde es daher ehedem auch für Ehrfurcht überhaupt gebraucht, welche Bedeutung aber im Hochdeutschen veraltet ist, obgleich einige neuere Dichter dieselbe wieder zu erneuern gesucht haben.
Wahr ists, ich hätt es sonst vielleicht vor dir versteckt,
Die Scheu befahl mir dieß,
Schleg.
Und stund
Mit ehrfurchtvoller Scheu,
Uz.
2. * Als ein Concretum, ein Gegenstand des sinnlichen, d.i. auf dunkle Begriffe gegründeten Widerwillens; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung, wofür jetzt Abscheu üblich ist. Alles was Floßfedern und Schuppen hat, soll euch eine Scheu seyn, 3 Mos. 1, 10. Ich bin ein (eine) Scheu meiner Verwandten, Ps. 31, 21.
Die Freunde, deren Scheu ich bin,
Stehn alle gegen über,
Opitz.
Anm. Im Nieders. Schou, im Engl. Shy, im Schwed. Sky, S. Scheuen. Im Oberdeutschen ist dieses Wort männlichen Geschlechtes der Scheu, welches auch einige Mahl in Luthers Deutschen Bibel vorkommt. Das Volk hatte einen Scheu sich in das Wasser zu begeben, 1 Macc. 16, 6. In dem zusammen gesetzten Abscheu haben wir dieses männliche Geschlecht noch behalten.
, plur. car. welches in doppelter Gestalt gebraucht wird. 1. Als ein Abstractum. 1) Eigentlich, die schnelle Entfernung von einem Gegenstande aus verworrener Vorstellung eines Übels, noch mehr und häufiger aber die Gewohnheit, Neigung und Fertigkeit einen Gestand aus verworrener Vorstellung eines Übels zu fliehen. Dem Pferde die Scheu benehmen. Besonders in den Zusammensetzungen die Wasserscheu, Menschenscheu, Leutescheu. 2) In weiterer und zum Theil figürlicher Bedeutung ist die Scheu, (a) eine jede Entfernung von einem als ein Übel erkannten Gegenstande. Die zärtliche Gemächlichkeit des Gemüthes ist allemahl mit einer Scheu und Flucht aller unangenehmen Empfindungen verknüpft. (b) * Ein hoher Grad des sinnlichen, d.i. auf dunkele Begriffe gegründeten Widerwillens gegen gewisse Gegenstände; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung für Ekel und Abscheu, in welcher es doch noch in einigen Oberdeutschen Gegenden üblich ist. Eine Scheu gegen etwas tragen. (c) * Furcht überhaupt; eine im Hochdeutschen ungewöhnlich gewordene Bedeutung. Ohne Scheu unter seinem Weinstocke wohnen, Micha 4, 4, ohne Furcht. (d) Abneigung, in jemandes Gegenwart oder mit dessen Wissen etwas ihm Mißfälliges oder etwas Unanständiges zu begehen. Sie thun mir Unrecht ohne Scheu, Ps. 27, 12. Scheu vor jemanden tragen. Keine Scheu empfinden Gott zu bleidigen. Die Einwohner in Otaheiti begatten sich öffentlich ohne Scheu. (e) In noch weiterer Bedetung wurde es daher ehedem auch für Ehrfurcht überhaupt gebraucht, welche Bedeutung aber im Hochdeutschen veraltet ist, obgleich einige neuere Dichter dieselbe wieder zu erneuern gesucht haben.
Wahr ists, ich hätt es sonst vielleicht vor dir versteckt,
Die Scheu befahl mir dieß,
Schleg.
Und stund
Mit ehrfurchtvoller Scheu,
Uz.
2. * Als ein Concretum, ein Gegenstand des sinnlichen, d.i. auf dunkle Begriffe gegründeten Widerwillens; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung, wofür jetzt Abscheu üblich ist. Alles was Floßfedern und Schuppen hat, soll euch eine Scheu seyn, 3 Mos. 1, 10. Ich bin ein (eine) Scheu meiner Verwandten, Ps. 31, 21.
Die Freunde, deren Scheu ich bin,
Stehn alle gegen über,
Opitz.
Anm. Im Nieders. Schou, im Engl. Shy, im Schwed. Sky, S. Scheuen. Im Oberdeutschen ist dieses Wort männlichen Geschlechtes der Scheu, welches auch einige Mahl in Luthers Deutschen Bibel vorkommt. Das Volk hatte einen Scheu sich in das Wasser zu begeben, 1 Macc. 16, 6. In dem zusammen gesetzten Abscheu haben wir dieses männliche Geschlecht noch behalten.